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2011-01-10:

 

Schloss Bürresheim im Nettetal
 
 

Prolog/Kurzeinführung


Es gehört zu den wenigen Schlössern in Rheinland-Pfalz, die niemals angegriffen oder verwüstet wurden: Deshalb macht Schloss Bürresheim in der Eifel heute eindrucksvoll die Entwicklungsgeschichte der Wohnkultur des rheinischen Landadels nachvollziehbar. Nordwestlich der Stadt Mayen im waldreichen Nettetal gelegen, steht der ebenso imposante wie in seiner pittoresken Schönheit ansprechende historische Komplex mit einer Länge von 60 und einer Breite von 37 Metern auf einem breiten Felsrücken.

Die mächtige, vieltürmige Anlage präsentiert sich dem Besucher auf den ersten Blick allerdings mehr als wehrhafte Burg denn als Schloss. Die bodennahe Hälfte der Fassade ist, bis auf ein paar Schießscharten, undurchdringlich geschlossen. Und tatsächlich war Bürresheim bei den Bauanfängen im Mittelalter vor allem als Wehrburg gedacht. Genauer gesagt, handelte es sich an dieser Stelle ursprünglich um zwei völlig eigenständige Burgen: Die eine gehörte zum Herrschaftsbereich  Kurköln, die andere zu Kurtrier. Doch während man die (kleinere) „Kölner Burg“ bereits im 17. Jahrhundert dem Verfall überließ (sie ist längst nur noch unzugängliche Ruine), wurde aus dem Trierer Teil im Laufe der Epochen ein immer größeres und prächtigeres Wohnschloss. Dessen ganz verschiedene Bauten gruppieren sich malerisch um den inneren Burghof.

In unseren Tagen ist Schloss Bürresheim ein beliebtes Ausflugsziel in der Region Vordereifel, nicht zuletzt auch wegen seiner bemerkenswerten Innenausstattung mit zahlreichen sehenswerten Schätzen: Da sind kostbares Porzellan und kunstvolle Malereien, historische Teppiche und Tapeten,  kunsthandwerklich faszinierend gearbeitetes Mobiliar. Da gibt es liebevoll ausgestattete Kammern oder mächtige Kamine in großen Sälen. In Führungen geht es durch rund ein Dutzend Räumlichkeiten, von der Küche übers Schlafgemach in  die Hauskapelle. Auch detailreiche, bunte alte Glaskunst, mit die älteste erhaltene im Lande, ist zu sehen.

Kein Wunder, dass Bürresheim immer wieder als Filmkulisse gebucht wird. Hier entstanden Märchenfilme wie „Der Prinz und der Prügelknabe“ oder „Rumpelstilzchen“. Auch das fiktive Schloss Brunwald im Kino-Kassenschlager „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ ist eine Ansicht des bezaubernden Eifelschlosses.



Haupttext:


Von der Wehrburg zum Wohnschloss


Burgen und Schlösser erzählen Geschichte(n). Davon, wie der rheinische Landadel in fünf Jahrhunderten gebaut und gelebt hat, berichtet Schloss Bürresheim. Obschon im 12. Jahrhundert als mittelalterliche Wehrburg angelegt, hat es den Verteidigungsfall nie erleben müssen. Und so beherbergen die heute rund ein Dutzend zugänglichen Räumlichkeiten das älteste gewachsene Schlossinventar in Rheinland-Pfalz  –  angefangen bei der Getreidetruhe aus dem frühen 13. Jahrhundert, über zwei (auch damals schon) kostbaren Wappenscheiben von 1490 und dem prachtvollen Mobiliar des 18. Jahrhunderts, bis hin zur gerahmten Fotografie der letzten Schlosserbin, die 1921 bei einem Autounfall ums Leben kam.

Schloss Bürresheim liegt einsam. In der Nähe von Mayen, im noch immer ursprünglichen Nettetal, umgeben Wiesen und aufsteigende Wälder die malerische Anlage. Etwa  60 Meter lang und 37 Meter breit, erhebt sie sich auf einem Felsrücken. Während der untere Teil der äußeren Fassade, bis auf ein paar Schießscharten, undurchdringlich geschlossen ist, wirken die Türme, Türmchen und Erker hoch oben mit ihrem Fachwerk und zahlreichen Kreuzstockfenstern luftig und verspielt.

Was auf den ersten Blick nicht zu sehen ist: Der Bürresheim-Komplex besteht aus zwei Hälften. Genauer gesagt: aus zwei ehemals völlig voneinander unabhängigen Burgen, die nur den romanischen Bergfried gemeinsam hatten. Die kleinere, westlich gelegene, ist die sogenannte „Kölner Burg“, benannt nach den Kölner Erzbischöfen, die bereits seit 1189 Lehnsherren waren.  Schon im 17. Jahrhundert wurde dieser Teil nur noch als Wirtschaftshof benutzt und verfiel allmählich. Geblieben ist eine Ruine, die seit langem nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Die östliche „Trierer Burg“ hingegen, deren Anteile ab Ende des 13. Jahrhunderts an die Erzbischöfe von Trier gingen, wuchs währenddessen mit An- und Umbauten stets auf der Höhe der Zeit zum immer prächtigeren Wohnschloss heran.

Barocker Garten und Kanonenweg

Wer die Trierer Burg von Schloss Bürresheim heute besichtigt, passiert zunächst den in den 1950er- Jahren wieder originalgetreu angelegten barocken Garten unterhalb der Anlage. In seinem Mittelpunkt steht ein Brunnenbecken aus – typisch für die Region – grauem Basalt. Vier Kieswege laufen darauf zu. Die meisten der zahlreichen, symmetrisch angelegten Buchspflanzen sind pyramidenförmig geschnitten. So präsentierten sie sich bereits Ende des 17. Jahrhunderts. Damit ist dieser Garten der älteste in seiner Struktur erhaltene in Rheinland-Pfalz.

Das äußere Burgtor ist indes neueren Datums. Es entstand erst 1908, nachdem der mittelalterliche Torturm baufällig geworden war. Im Anschluss an einen gepflasterten Weg an der Südseite der Burg geht es durch einen steil ansteigenden, dämmerigen, steinernen Tunnel, den sogenannten „Kanonenweg“. Wären jemals Feinde hier eingedrungen, man hätte ihnen nicht nur hinter den Schießscharten aufgelauert, sondern sie obendrein durch Öffnungen in der Gewölbedecke mit kochendem Wasser und allerlei Unrat überschüttet. Ist der friedliche Besucher unserer Tage aber sicher im Burghof angekommen, wendet sich sein Blick unweigerlich nach oben: Denn der Hof wird von Bauten aus fünf Epochen gänzlich umschlossen. All ihrer Unterschiedlichkeit zum Trotz bilden Bergfried, Vogthaus, Nord- und Ostflügel, Kapellenbau und Amtshaus ein eindrucksvolles Gesamtensemble.
 
Schlossführungen starten in der Winterküche. Im Nord- und Ostflügel gelegen, erstreckte sie sich im 15. Jahrhundert mit ihrem 8 mal 14,5 Meter großen Grundriss über das gesamte Erdgeschoss des damals noch freistehenden Palas. Auch nach einer späteren Verkleinerung um ein Drittel blieben die Ausmaße des Raumes großzügig. Ins Auge fallen die Bodenfliesen in changierenden Grüntönen, ein gigantischer Kamin mit überdachtem Rauchfang, der Gesindetisch, Delfter Porzellan von 1730 auf Wandborden und zwei mächtige Mittelstützen. Dass deren Eichenholz im unteren Bereich versteinert ist, lässt Rückschlüsse auf die unglaubliche Last zu, die hier wirkt. Allein der dreistöckige Dachboden bot Platz für 50 Tonnen Vorräte.

Durch das kleine Eßzimmer mit seinem Inventar aus dem 19. Jahrhundert – und einer für das frühe 18. Jahrhundert hochmodernen Toilette – führt der Rundgang dann ins herrschaftliche Schlafgemach, zum Baldachinbett aus dem frühen 19. Jahrhundert. Über dem Bett findet sich ein Ahnenfries mit 32 Wappen, die von der Abstammung Wilhelm von Breidbachs künden, dessen Familie seit dem späten 15. Jahrhundert das Schicksal des Schlosses maßgeblich bestimmte.

Politisch erfolgreicher Spross

Während sich nämlich im 14. Jahrhundert noch mehrere Adelsfamilien die Herrschaft über die beiden Bürresheimer Burgen als Erben teilten, erlangten die Freiherren von Breidbach (auch „Breitbach“) im Jahr 1659 die alleinige Eigentümerschaft. Der damals lebenden  Anna Magdalena von Metzenhausen, Witwe von Wolf Heinrich von Breitbach, verdankt das Schloss nicht nur den Bau des Südflügels: Ihrem Großneffen Feldmarschall Johann Anton von Metzenhausen, der unter Ludwig XIV. diente, ist es mit einiger Sicherheit zu verdanken, dass Bürresheim den Pfälzischen Erbfolgekrieg unbehelligt überstanden hat. Französischen Truppen ließen die Anlage auch später links liegen.

Prominentestes und politisch erfolgreichstes Mitglied der Familie war jedoch Emmerich Josef von Breidbach-Bürresheim: Erzbischof und Kurfürst von Mainz in den Jahren 1763 bis 1774. Ihm zu Ehren entstand später im Geschoss über der Küche das sogenannte „Mainzer Zimmer“, wo Porträts der Erzbischöfe an seine Vorgänger im Amt erinnern. Seine Linie starb aber schließlich mit ihm selbst, seinem Bruder und dem einzigen Neffen aus. Ursprünglich war das Mainzer Zimmer Teil des „Rittersaales“, dem Zentrum dieses Gebäudeteils. An eine überaus unrühmliche Zeit der Geschichte erinnert die zweite überlieferte Bezeichnung dieser mit schweren Tuffsteinplatten ausgelegten Halle: „Hexensaal“. Und tatsächlich sind 34 Hexenprozesse dokumentiert, die hier mit dem Urteil zum Tode auf dem Scheiterhaufen geschlossen wurden.

Weiches Licht durch bunte Fenster

Auf das Jahr 1698 geht die letzte große Baumaßnahme im Schloss zurück. Anschließend an den Rittersaal entstand die sogenannte „Hirschgalerie“. Mit allerlei Jagdtrophäen ausgestattet, ist sie zugleich Zugang zur Sakristei und der mit Teppichboden ausgelegten Familienkapelle. Bemerkenswert sind dort neben dem barocken Altar, den zahlreichen Totentafeln der Familie und einigen christlichen Ölgemälden, vor allem die leuchtend bunten Fensterscheiben. Sie stammen teilweise ursprünglich aus der Abtei Maria Laach, wurden im späten 13. Jahrhundert meisterhaft gefertigt. Es gibt in Rheinland-Pfalz keine älteren, die erhalten sind. Auch in unserer Zeit kann man von dem weich gefärbten Licht profitieren, das durch die roten, blauen, gelben und grünen Ornamente fällt: Wer beschließt, hier in intimem Rahmen kirchlich zu heiraten, wird sehen, dass es dem Teint (nicht nur) der Braut außerordentlich schmeichelt.

Ebenfalls in Glas gearbeitet sind die beiden eingangs erwähnten Wappenscheiben. In die Fenster des Erkers im „Marschallzimmer“ (Herleitung der Bezeichnung unbekannt) eingelassen, erzählen die farbigen Umrahmungen der Wappen vom Ritterleben, zeigen Jagdszene und Tanz. Geschaffen hat sie ein namentlich unbekannter Künstler, den man den „Hausbuchmeister“ nennt und der als einer  der bedeutendsten Maler seiner Zeit gilt. Das Zimmer selbst ist ein Beispiel für das Wohnen  in der Zeit vom 16. bis ins 17. Jahrhundert hinein; eingerichtet mit ererbten Kastentruhen, einem Renaissancesessel, stattlichen Geweihen und Familienporträts.

Zuletzt zu besichtigen ist das aus drei Räumen bestehende „Amtshaus“, errichtet ab 1659 über dem Kanonenweg. Das „Blaue Zimmer“ verdankt seinen Namen der Farbe der noch immer ansehnlichen, mit Gold bedruckten Ledertapete. Auch hier findet sich ein sehr wertvolles Besitztum des Schlosses: ein filigran aus Ebenholz, Elfenbein und Silber gearbeiteter Intarsienschreibtisch aus der Zeit um 1720. Im benachbarten „Ahnensaal“ erzählen Porträts und eine große – über acht Generationen reichende – Ahnentafel von der stolzen Familiengeschichte. Sehenswert ist dort auch der mächtige Kamin aus Tuffstein. Herausgearbeitete Wappen, Löwen, Masken und Ornamente machen ihn zu einem Prunkstück. Eine wunderschöne, handbedruckte, rotgrundige Tapete verleiht dem letzten Raum seine besondere Atmosphäre, dem „Musikzimmer“. Hier werden heute standesamtliche Trauungen durchgeführt.

Besonders hübsche Tochter des Hauses

Das – vor allem aus baustatischen Gründen öffentlich nicht zugängliche – dritte Geschoss des spätgotischen Wohnbaus besteht aus einer Vielzahl meist kleiner Räume. Die Kemenaten tragen oft Namen der weitläufigen Verwandtschaft (etwa „Waldorff`sche-“, „Bornheimer-“ und „Bassenheimer Kammer“). Das sogenannte „Carlottazimmer“, behaglich eingerichtet mit Bett und Schreibschrank, ist wohl speziell einer besonders hübschen Breidbach-Tochter gewidmet. Jedenfalls hat König Ludwig I. von Bayern sie einst für seine „Schönheitsgalerie“ in Schloss Nymphenburg porträtieren lassen. Die Kemenaten verbindet ein schmaler Gang, an dessen Ende, über der Kapelle, der „Grüne Saal“ im Empirestil liegt. 

Einen Raum für sich umfasst jedes der vier Geschosse des großen Rundturms im Südosten der Anlage. Das Untergeschoss liegt auf gleicher Höhe wie der Kanonenweg,  darüber „Dienst“- und „Warsberger Zimmer“, unter dem Dach der „Waffensaal“. In dieser einstigen Rüstkammer, wurden auch Kugeln gegossen. Ein kurzer Flur durch den Ostflügel verbindet den Saal mit den Kemenaten.

Das ebenfalls unzugängliche Obergeschoss des Amtshauses wurde erst im 19. Jahrhundert ausgebaut und eingerichtet. Besitzer von Schloss Bürresheim war nunmehr Graf Klemens Wenzeslaus von Renesse, ein Enkel der Schwester von Kurfürst Emmerich. Die aus Belgien stammende Familie liebte es behaglich bis unkonventionell. Neben dem kleinen „Marie-Luise- Zimmer“ entstand ein „Biedermeier-Zimmer“ mit allerlei zeitgenössischen, zierlichen Möbeln. Und während der erste Graf ein leidenschaftlicher Kunst- und Münzensammler war, hatte sein Sohn Edmund ein Faible für ausgestopftes Federgetier; einige seiner Sammlungsschätze sind im „Vogelzimmer“ zu sehen. Einen „Roten Salon“ und das „Bellevue-Zimmer“ richtete schließlich Graf Friedrich Renesse, sein Bruder und Erbe, nach 1905 im Obergeschoss des barocken Halbturmes ein.

Im Jahr 1921, tragischerweise nur wenige Tage nach ihrer Hochzeit, kam die damalige Besitzerin Marie Louise von Renesse bei einem Zusammenprall ihres Autos mit einem Pferdegespann ums Leben. Das Erbe fiel an ihre Schwester, die Schloss Bürresheim mitsamt Inventar 17 Jahre später an den Provinzialverband der Preußischen Rheinprovinz veräußerte. Als dessen Nachfolgerin hat nun die „Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz“ das Anwesen in ihrer Obhut.  (KS/ape)


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Pfalzgrafenstein bei Kaub am Rhein

∇ Die Hardenburg bei Bad Dürkheim.

∇ Villa Ludwigshöhe in der Pfalz

∇ Die Reichsburg Trifels (Pfalz)

∇ Matthiaskapelle Kobern (Mosel)

Koblenzer Festung Ehrenbreitstein


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