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2010-11-14 Schauspielkritik:

Henrik Ibsens "Hedda Gabler" in Bonn. Regie: Klaus Weise


Verirrt zwischen Boulevardkomödie, Farce und ernsten Schauspiel


 
ape. Bonn/Bad Godesberg.  Es werden Flugblätter verteilt; im Foyer der Kammerspiele Godesberg hängen Proklamationen aus; nach der „Hedda Gabler“-Premiere wird von der Bühne ein Protest des Theaterpersonals verlesen. Die klamme Stadt Bonn mutet seinem Theater eine neuerliche Sparwelle zu: Nach 14 Millionen Euro Budget-Reduzierung in den Vorjahren, sollen den Bühnen jetzt noch einmal 3,5 Millionen weggestrichen werden. Man fürchtet um den Bestand der Godesberger Spielstätte, im schlimmsten Fall der ganzen Schauspielsparte. Schade, dass in solch schwerer Zeit der aktuellen Inszenierung von Intendant Klaus Weise gutes Gelingen nicht beschieden werden kann.
 

Der als Kooperation zwischen den Bühnen Bonn und dem Nationaltheater Luxembourg entstandenen Einrichtung des Ibsen-Klassikers von 1891 mangelt es an einigem, nicht zuletzt an einer schlüssigen Inszenierungsidee.  Fred Fenners Bühne stellt einen spärlich mit modernem Chic möblierten, von meterhohen leeren Bücherregalen umgebenen Raum zur Verfügung. Rein und raus geht’s krabbelnd durchs Regal, an dem die Mitspieler auch sonst viel herumklettern wie Mäuse an den Gittern von Laborkäfigen – zuletzt Hedda Gabler, um sich hoch droben die Kugel zu geben. Das Interieur lässt sich lesen als durchaus sinnfälliges Bildnis jenes Gefängnisses, in das sich eine vergnügungsdurstige Hedda durch die Ehe mit dem blutleeren Gelehrten Jörn gesperrt sieht.

Doch das Bild verbraucht sich rasch. Und das Spiel kann dem zweieinhalbstündigen Abend keinen Halt geben, so sehr schwimmt es zwischen boulvardesker Komödie, absurder Farce und ernstem Schauspiel. Der Jörn Tesman von Germain Wagner ist ein Komödiant. Die Tesman-Tante wird bei Susanne Bredehöft zum bloß schrulligen Tantchen, Frau Elvsted bei Tatjana Pasztor zur durchgeknallten Skurrilität. Wolfgang Maria Bauers Richter Brack ist hier die einzig wirkliche Ibsen-Figur, während Ralf Drexler als Lövborg sich in kaum hörbarem Tragikgegrummel erschöpft.

Rätselhaft bleibt die Funktion eines farbigen Mädchens (Charity Laufer), das wie ein Geist überall dabeisitzt, zusieht, zuhört. Schließlich die Hedda der Katharina von Bock: Eine schrille, überdrehte Figur, die als verwöhnte Zicke eben noch durchgeht, der man aber weder damenhafte wie geile Exkurse abnimmt, geschweige denn Selbstmord als freie Konsequenz aus gesellschaftlicher Trostlosigkeit zutraut.

„Hedda Gabler“ in Bonn: Man möchte meinen, da habe jemand versucht, mit Boulevard-geprägten Mimen aus dem Ibsen-Schauspiel eine heutige Tragikomödie im Stile Yasmina Rezas zu machen. Mit dem leider bitteren Ergebnis: Ibsen ist es nicht geblieben, Reza nicht geworden.


Infos: www.theater-bonn.de


(Erstabdruck 15./16. November 2010)

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Theater Bonn, Henbrik Ibsen, "Hedda Gabler", Inszenierung Klaus Weise, Premierenkritik


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