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2010-10-16 Porträt:

Über den Naturfilmer Hans-Jürgen Zimmermann
 

Die wilde Natur der Heimat

 
ape. Rheinland-Pfalz. Er ist Naturfilmer von Beruf und das mit ganzem Herzen. Seine Drehorte findet er nicht auf fernen Kontinenten, sondern in der heimischen Region. Seine Darsteller sind hiesige Tier und Pflanzen. Und die Hauptbeschäftigung des bei Neuwied lebenden Hans-Jürgen Zimmermann besteht aus: „Warten, warten, warten.“
 
Naturfilmer Hans-Jürgen Zimmermann
Foto: Zimmermann

Es dauert endlose Stunden, Tage, manchmal Wochen und Monate bis zeitgleich alle Bedingungen  eintreten, um eine vielleicht nur Sekunden dauernde Szene „in den Kasten“ zu bekommen. Das Wetter muss passen, das Licht stimmen und vor allem: Die Filmstars müssen mitspielen. Doch ausgerechnet die sind extrem eigensinnig. Wildhase oder Schmetterling, Schlange, Eisvogel oder Schwarzstorch halten sich nunmal an kein Drehbuch. Sie folgen ihren Instinkten. Und wenn der Mann mit der Kamera in einem unachtsamen Moment mal zu laut auftritt oder auch nur den Kopf zu schnell dreht, hat er's vermasselt: Seine Darsteller verschwinden flugs.

Hans-Jürgen Zimmermann, 1950 in Hachenburg geboren, dreht seit einigen Jahren Naturfilme in eigenem Auftrag und für den eigenen Vertrieb. Zuvor war er in diesem Metier vor allem fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen  tätig, hatte Natur-, insbesondere Tierfilme etwa zum einstigen „Telezoo“ des ZDF, zum Magazin „Mosaik“ oder zur ARD-Reihe „Länder, Menschen, Abenteuer“ beigetragen. Gut 150 Streifen sind da zusammengekommen seit Ende der 70er beim Südwestfunk sein Beitrag  über die „fliegenden Unterwasserjäger“ Haubentaucher und Eisvogel, beim ZDF ein Film über die Geburt eines Feuersalamanders angenommen wurden.

Schöne Bilder, informative Unterhaltung

Fürs Fernsehen arbeitet Zimmermann nach wie vor. Aber später wollte er aus den riesigen Mengen Filmmaterial, die sich bei jedem Projekt ansammeln, mal mehr machen als die relativ kurzen TV-Beiträge. So entstand die Idee für zusätzlich eigene DVD-Produktionen. Eine knappe Stunde sind diese Filme lang – und enthalten doch kaum zwei Prozent der oft über Jahre mit unendlicher Geduld  bei Wind, Regen, Hitze und Kälte der Natur abgetrotzten Aufnahmen. „Wilde Natur im Tal der Loreley“ und „Im Wald der schwarzen Störche“ heißen die beiden jüngsten Filme. „Das sind keine Biologie-Lehrfilme“, erklärt Zimmermann, „das ist Unterhaltung, die von schönen, von interessanten Bildern lebt, die auch eine kleine Geschichte erzählen. Und darin werden wie beiläufig Informationen über den Naturraum und die Lebensart der Tiere vermittelt.“

Was Zimmermann Unterhaltung nennt, ist beim Loreley-Film eine faszinierende Bestandsaufnahme  dessen, was im Welterbe Oberes Mittelrheintal alles wächst, kreucht und fleucht. Über die Fülle der Arten am Rheinufer, an den Rheinhängen oder auf deren Oberkanten staunt wohl gerade der Einheimische am meisten: Viele hat er noch nie gesehen, womöglich seit Kindheitstagen beim Sonntagsspaziergang einfach übersehen. Und bisweilen wundern sich selbst Fachleute. Etwa über  Aufnahmen einer kleinen Population des Schmetterlingshaft. Dieses Insekt ist im Mittelrheintal eigentlich nicht beheimatet, hat sich aber an einer nur wenige Quadratmeter großen Stelle doch angesiedelt.

Wo genau liegt dieser Platz und wann fliegt der Schmetterlingshaft? Da wird Zimmermann ebenso unkonkret wie bei der Frage nach dem Nistplatz des Vogelpaares, das er für „Im Wald der schwarzen Störche“ monatelang mit der Kamera beobachtete. Überhaupt lässt er alle Fragen nach dem genauen Wo und Wann unbeantwortet, auch in den Filmen selbst. Sehr vage Hinweise gibt es allenfalls. So nach der Art: „Der Film über den Eisvogel entstand an einem rheinland-pfälzischen Nebenfluss des Rheins, der über den Apollo-Falter an der Mosel.“ Für solche Ungenauigkeit gibt es gute Gründe: „Ich bin Jäger mit der Kamera und habe Sorge zu tragen, dass die Tiere nicht gestört werden.“

Den Refugien ihre Ruhe bewahren 

Das ist einerseits Bedingung für die eigene filmische Arbeit, andererseits aber ein für ihn selbstverständliches Gebot des Naturschutzes. Er will nicht Heerscharen von Neugierigen in die letzten heimischen Refugien der Wildtiere locken. „Wenn Natur erlebbar bleiben soll, muss sie auch Geheimnisse und Orte der Ungestörtheit behalten dürfen.“ Ein Widerspruch in sich?  Für den Filmemacher nicht. Also gibt er über die Schwarzstörche nur preis, dass sie in einem abgeschiedenen Buchenbestand irgendwo im Westerwald nisten. Was per se schon eine kleine Sensation ist, galt der Schwarzstorch für die hiesige Region doch lange Zeit als verloren.
 
Nun ist Hans-Jürgen Zimmermann weder Biologie noch Forscher im wissenschaftlichen Sinn. Und selbst zur Filmerei kam er als passionierter Quereinsteiger. In der Jugend lernte er auf Wunsch der Eltern etwas Handfestes: Maschinenbauer. Aber da steckte ihm die Naturfilmerei schon längst im Kopf. Als kleiner Bub hatte er in der Forstschule Hachenburg einen Film über Weißstörche und Spechte vom berühmten Heinz Sielmann gesehen – „und von jenem Abend an stand für mich fest: Sowas will ich auch machen“. Als Jugendlicher sparte er dann eifrig auf eine erste Kameraausrüstung.

Aber was heißt da Ausrüstung: Die frühesten Versuche stützten sich auf eine Normal-8-Schmalfilmkamera, an Wechselobjektive oder Schneidetisch war nicht zu denken. Eher zufällig kam Zimmermann als 25-Jähriger an eine Bolex H16, mit der fürs Fernsehen geeignete Aufnahmen möglich waren. Zumindest theoretisch. Bis er den ersten Tierfilm in einer Qualität hinkriegte,  mit der er Redakteure bei den Fernsehanstalten beeindrucken konnte, sollte noch ein paar Jahre des Experimentierens nicht ohne Rückschläge vergehen. Gut, dass der junge Mann bald einen   Brotberuf fand: Als Angestellter beim Neuwieder Unternehmen Lohmann drehte er medizinische Informationsfilme, durfte mit Zustimmung des Chefs nebenbei seiner Passion als Naturfilmer fürs Fernsehen nachgehen. 25 Jahre hielt dieses Arrangement, bis sich Zimmermann 2001 selbständig machte.

Stundenlang schweigend herumsitzen

So etwa kann man sich einen Großteil der Arbeit des Naturfilmers vorstellen: Es ist kalt und feucht in dieser Herrgottsfrühe kurz nach Sonnenaufgang. Hans-Jürgen Zimmermann hockt rund 60 Meter vom Schwarzstorch-Nest entfernt unter seiner grünen Tarnplane. Hier wird er den Tag verbringen –  sitzend, spähend, wartend wie schon an vielen Tagen zuvor. Und viele solcher Tage werden noch kommen, bis er die Aufnahmen beisammen hat, aus denen er dann in wochenlanger Arbeit am Schneidetisch seinen Film „Im Wald der schwarzen Störche“ komponiert. Fast immer ist er mit der Kamera allein unterwegs. So hat er es am liebsten. Wegen der Ruhe für die Tiere und „weil kaum jemand die Geduld aufbringt, stundenlang schweigend herumzusitzen, um vielleicht – aber auch nur vielleicht – für ein paar Sekunden etwas Besonderes zu sehen.“

Der Filmarbeit „im Feld“ gehen umfangreiche Recherchen voraus. Oft braucht es fach- und ortskundige Informanten: „Man benötigt einen Scout, der einem die Augen öffnet.“ Von den geheimnisvollen Schmetterlingshaften am Mittelrhein hat Zimmermann durch einen Koblenzer Schmetterlingskundler erfahren. Auf die Schwarzstörche hingegen kam er selbst durch eine Zufallsbegegnung während des Drehs für einen Film über den Apollo-Falter an der Mosel. Schwarzstörche sollte es im nördlichen Rheinland-Pfalz gar mehr nicht geben, er aber hatte definitiv einen gesehen. Also bohrte er nach, löcherte Fachleute, bis jemand ihm hinter vorgehaltener Hand den Hinweis auf jene alte Buchengruppe im Westerwald zuwisperte, wo er dann den Nistplatz eines Schwarzstorchpaares fand.

Natur schreibt ihr eigenes Drehbuch

Nestbau, Balz, Eiablage, Brüten, Schlüpfen der Jungen, Aufzucht, Fliegen lernen, die Welt erkunden, ins Winterlager abziehen, im nächsten Frühjahr wiederkommen. So mag das gedankliche Drehbuch für den Storchenfilm ausgesehen haben. Doch die Natur schreibt ihr eigenes Drehbuch: Plötzlich beginnt das Elternpaar mitten in der Brutphase von neuem mit dem Paarungsritual - die ersten Eier sind gestohlen worden oder waren unfruchtbar. Eine Geschichte, die das Leben schreibt und die den Zeitplan des Filmemachers von einem Augenblick zum nächsten über den Haufen wirft. Wie auch jene vom Eisvogel-Männchen, bei dem sich während der Dreharbeiten überraschend herausstellt, dass es ein Doppelleben führt: Der Kerl hat zwei Weibchen in zwei verschiedenen Nestern.

Mit den Jahren haben sich Zimmermanns Sinne geschärft, hat sich seine Wahrnehmung für die Natur verändert. In Wald und Flur sieht und hört er mehr als andere Zeitgenossen. Einmal unterwegs, hält er mit der Kamera auch auf Motive, die mit dem eigentlich auf dem Plan stehenden Beobachtungsthema gar nichts zu tun haben. „Ich bin nun mal ein Sammler. Auch arbeite ich meist an mehreren Projekten gleichzeitig. Und man weiß nie, ob die Natur einem später noch einmal so schön bietet, was einem jetzt gerade vors Objektiv gekommen ist.“ So entstanden während der Arbeit für den Film „Wilde Natur im Tal der Loreley“ bereits Aufnahmen für „Im Wald der schwarzen Störche“ und für das nun folgende Projekt über den heimischen Wald als Lebensraum.
                                                                                         Andreas Pecht

Info: Die auf DVD veröffentlichen Filme von Hans-Jürgen Zimmermann sind teils im Buchhandel erhältlich oder direkt zu beziehen über APZ Medienproduktion,Telefon 02635/92 43 71,
Internet www.naturundtierfilm.de    


(Erstabdruck 16. Oktober 2010)

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Naturfilm, DVD, Filmemacher Hans-Jürgen Zimmermann, Mittelrhein, Westerwald, Schmetterlingshaft, Apollo-Falter, Schwarzstorch 
 
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