Thema Kultur / Theater
Thema Initiativen / Institutionen
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2010-09-27 Hintergrund:

Rheinland-Pfalz hat was: Landesverband freischaffender Theaterprofis und die „Aufführungsförderung“


Freie Theater – Kleine Szene,
große Wirkung


ape. Rheinland-Pfalz. Ein für die freie Theaterszene in Rheinland-Pfalz segensreiches Modellprojekt geht 2011 in sein drittes Jahr: die „Abspielförderung“. So hieß anfangs das 2008 vom Mainzer Kulturministerium zusammen mit dem „Landesverband professioneller freier Theater Rheinland-Pfalz (la profth)“ aufgelegte Programm. Zwischenzeitlich wurde es in „Aufführungsförderung“ umbenannt; was nicht nur schöner klingt, sondern die Sache auch besser trifft.


Die Sache? Das meint: Finanzielle Unterstützung von Theateraufführungen an Orten und in Einrichtungen, die sich das bisher nicht leisten konnten. Zugleich Sicherung angemessener Honorare für die Theaterschaffenden, die ebendort auftreten. Das meint: Jährliche Herausgabe eines Kataloges, in dem die Künstler ihre Gastspielangebote Veranstaltern und der Öffentlichkeit präsentieren. Das meint: Unterhalt einer hauptamtlich geführten Geschäftsstelle, die sich um gemeinsame Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit der freien Theater in Rheinland-Pfalz kümmert, Anlaufstelle für Veranstalter sein kann, den Künstlern beratend zur Seite steht.

Viel Stoff für recht kleines Geld. Denn es geht da nicht um Landessubventionen in Millionenhöhe, sondern um einen Fördertopf mit gerade 110 000 Euro pro Jahr drin. Dies Sümmchen macht zwar keines der anfangs 18, jetzt 30 geförderten freien Ensembles reich. Sein Einsatz zeigt dennoch bemerkenswerte Wirkung: Es leisten sich dank Aufführungsförderung deutlich mehr Kommunen, soziokulturelle Zentren, Schulen, Kindergärten, Vereine etc. vor allem in der ländlichen Fläche Theatergastspiele. Weshalb zu wünschen wäre, dass das bis dato auf drei Jahre befristete Modellprojekt über 2011 hinaus verlängert und verstetigt wird. Die Entscheidung des Ministeriums steht in diesen Wochen an.

Wovon ist eigentlich die Rede bei „freien professionellen Theatern“? Nicht dazu gehören    Amateurbühnen, nicht dazu gehören auch alle Theater/Ensembles in Trägerschaft der Öffentlichen Hand. Gemeint sind freischaffende professionelle Darsteller oder Gruppen mit und ohne eigene Spielstätte. Um ein paar Namen aus dem nördlichen Landesteil zu nennen: Freie Bühne Neuwied, Theater Fingerhut Melsbach, Hohenloher Figurentheater Herschbach, Theater am Werk Koblenz, Chapiteau-Theater Burgschwalbach, FigurenTheaterKünstler Mayen... Oder in der Pfalz etwa die seit vielen Jahren arrivierten Szeneriesen Kinder- und Jugendtheater Speyer sowie Chawwerusch Theater Herxheim.

Der 2011 seinen 20. Geburtstag feiernde Landesverband la profth zählt heute zwischen Oberwesterwald und Südpfalz 29 Mitglieds-Theater. Und die haben im vergangenen Jahr mehr als 1800 Vorstellungen vor gut 200 000 Besuchern gegeben. So kleinteilig und deshalb unscheinbar diese Szene wirkt, ihr Beitrag zum Kulturleben im Land ist beträchtlich. Und er ist wichtig, nicht zuletzt dort, wo er die Erstbegegnung zwischen Kindern/Jugendlichen und Theaterkunst gestaltet. Die Mehrzahl der la profth-Mitglieder bietet auch Programm für Kinder, sei es als Figurentheater, Clownerie oder kindgemäßes Schauspiel. Viele ziehen zu Gastspielen in Kindergärten, Schulen, Jugendzentren, über die Dörfer.    

Gesprächstermin in der Koblenzer Kulturfabrik, wo im zweiten Obergeschoss besagte Geschäftsstelle untergekommen ist. Wir treffen dort eine alte Bekannte: Astrid Sacher, langjährige Vorsitzende des Landesverbandes la profth und zugleich Akteurin beim in Bad Ems ansässigen deutsch-französischen Knirps Theater. Mit am Tisch ein noch nicht so vertrautes Gesicht: Johanna Genth, neue Geschäftsführerin des Verbandes und damit ständige Besetzung des Büros. Ihren Ausführungen ist die Funktionsweise der Aufführungsförderung zu entnehmen: Die Theatergruppen können interessierten Veranstaltern, deren Finanzrahmen das normale Honorar für ein Gastspiel übersteigen würde, verminderte Honorarforderungen anbieten. Die Differenz begleicht die Aufführungsförderung.

Feine Sache, die allerdings mit Bedingungen verknüpft ist. Beispielsweise können nur nichtkommerzielle Veranstalter in den Genuss dieser Möglichkeit kommen, und selbst die nicht beliebig oft. Begrenzt ist auch die Höhe des Honorarzuschusses, den die Künstler nach Beantragung im Einzelfall erwarten dürfen. Und bevor ein Theaterschaffender überhaupt in den Kreis der Förderungswürdigen aufgenommen wird, hat er nachzuweisen, dass er professioneller Bühnenkünstler im Hauptberuf ist. Klingt alles etwas bürokratisch, sei aber in der Praxis eher unkompliziert, meint Johanna Genth. Sie ist allweil mit Rat und Tat zu helfen bereit. Übrigens: Zwar liegt die Abwicklung der Abspielförderung in Händen des Verbandes, aber man muss nicht Mitglied von la profth sein, um in deren Genuss zu kommen.

Was hat sich auf dem freien künstlerischen Feld geändert, seit es in Rheinland-Pfalz dieses Modellprojekt gibt, das in vergleichbarer Form kein anderes Bundesland kennt? Astrid Sacher hebt drei Elemente hervor. Erstens: „Die Kollegen werden jetzt öfter an Orte engagiert, wo vorher lange nicht mehr oder noch nie einer von uns aufgetreten war.“ Zweitens: „Die Szene erlebt einen Schub der Qualitätssteigerung. Das hängt einerseits mit dem Katalog zusammen, der ja auch den künstlerischen Wettbewerb motiviert. Das hat aber ebenso mit der im Zuge der intensiveren Verbandsarbeit stärker werdenden Verbindung der Gruppen untereinander zu tun. Man hilft sich mehr, tauscht Materialien, Schauspieler, Regisseure aus, nutzt Synergien, geht Kooperationen ein.“ Was zu drittens führt: „Es gibt wieder Nachwuchs. Viele Jahre wurden wir bloß älter und auch weniger, jetzt wagen junge Kollegen vermehrt den Sprung in die freie Tätigkeit, sehen dort eine Perspektive.“

Das hört sich ganz anders an als die oft verzagten, besorgten, bisweilen frustrierten Töne, denen man bei früheren Gesprächen mit la profth-Vertretern begegnete. „Ja“, sagt Astrid Sacher, „das kommt daher, dass die Aufführungsförderung nicht nur faktisch hilfreich ist, sondern das ganze Modell quasi eine offizielle und öffentlich wirkende Anerkennung und Wertschätzung unserer künstlerischen Arbeit darstellt. Sowas hat es zuvor noch nie gegeben.“                                                                   Andreas Pecht

Infos/Kontakt: 0261/65 012 65; www.laprofth.de

(Erstabdruck 39. Woche September 2010)

---------------------------------------------------------
Wer oder was ist www.pecht.info?
---------------------------------------------------------


Theater, freie Szene, Rheinland-Pfalz, Landesverband la profth,

Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken