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2010-09-15 Überlegungen:

Ein Beitrag zur Integrations-Debatte
 

Ohne gemeinsame Sprache
geht kaum etwas (gut)

 
 
ape. Jede Gesellschaft ist abhängig davon, dass ihre Mitglieder sich untereinander verständigen. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Sprache. Wer sie nicht spricht, kann nicht mitreden. Wer sie nicht versteht, bleibt ausgeschlossen. Deshalb ist das Erlernen der Landessprache eine zentrale Frage für jeden Migranten – schon immer, keineswegs erst seit Thilo Sarrazin.


Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass er in der Fremde Halt beim Vertrauten sucht. Seit es Auswanderer gibt, finden sie sich in der neuen Heimat zu Gruppen zusammen, in denen Kultur und Sprache der alten Heimat zumindest teilweise fortbestehen. So verfuhren die Deutschen, die zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert in die östlichen Donauländer zogen, so die europäischen Auswanderer in die USA, so die vor Hitler geflohenen Exilanten. Das ist bis heute nicht anders, ob nun Deutsche auf eine bessere Zukunft in Kanada oder Türken auf eine in Deutschland hoffen.

Zugleich war dieser Hang zum Vertrauten stets ein Hemmschuh, in der neuen Umwelt zügig Fuß zu fassen. Die historische Erfahrung lehrt: Im Regelfall sind jene Auswanderer die erfolgreichsten, die sich rasch auf die Bedingungen in der Fremde einstellen. Was im ersten Schritt heißt: Die Verkehrssprache der dortigen Mehrheitsbevölkerung erlernen. Deren Erwerb liegt im ureigenen Interesse der Migranten; sie ist der Schlüssel, um den Weg zur Erfüllung ihrer Träume vom besseren Leben überhaupt betreten zu können.

Die meisten heutigen Einwanderer nach Deutschland und die – im Augenblick größere Zahl – Auswanderer von hier, wissen das sehr gut. Doch zwischen Wissen und Tun liegt vor allem bei der ersten Migrantengeneration bisweilen eine Kluft aus Gewohnheit,  Ängstlichkeit, mangelnder Gelegenheit, primärer Sorge um Broterwerb oder auch Sturheit. Es sagt sich für den Einheimischen leicht: „Lernt erstmal unsere Sprache!“. Aber der primären Muttersprache quasi eine zweite gleichberechtigt oder gar vorrangig beizugesellen, ist kein Spaziergang. Der Mensch denkt, fühlt, träumt muttersprachlich; die neue Sprache in der neuen Heimat ist mehr ein psychologisches als ein lerntechnisches Problem.

Und doch führt an dessen Lösung kein Weg vorbei; hier nicht, und in Kanada oder Neuseeland auch nicht. Denn selbst große Exilkolonien können allenfalls vorübergehend einen von der Mehrheitsgesellschaft abgeschlossenen Raum des Altvertrauten bieten. Spätestens die zweite Generation, die im Einwanderungsland Geborenen, müssen und wollen hinaus – hinein in den regulären Alltag „ihres“ Landes, um eine eigene Chance zu finden. Es ist eine abwegige Annahme, jemand gehe das Wagnis der Auswanderung ein, um für sich und seine Kinder anderwärts ein Leben als isolierter Almosenempfänger am unteren Ende der Gesellschaft zu fristen.

Bildung stellt den wichtigsten Treibstoff nicht allein für die Integration von Migranten dar, sondern  ebenso für die Wiederintegration der hierzulande sozial abgehängten deutschstämmigen Bevölkerungsteile. Die Beherrschung der Landessprache ist Teil der Bildung und zugleich Bedingung dafür. Wer kein oder nur simpelstes Deutsch in Wort und Schrift versteht, wer sich nicht angemessen verständlich machen kann, hat kaum Chancen auf Entwicklung und Entfaltung seiner individuellen Talente –  sei er Zuwanderer oder Einheimischer.

Mit Genen hat das gar nichts tun. Ebensowenig damit, welcher Religion jemand zuneigt, was er isst, wie er sich kleidet, welche Musik er hört oder welcher Farbe seine Haut hat. Integration wäre missverstanden, würde man von Zuwanderern erwarten, sie müssten mit dem unverzichtbaren Erwerb der Landessprache sich zugleich völlig von ihren kulturellen Wurzeln abnabeln. Auch deutsche Auswanderer bruzeln andernorts Schweinebraten, singen die alten Weihnachtslieder, lesen Goethe oder Konsalik im Original, plaudern und träumen in ihrer Muttersprache –  zumindest noch eine Weile.                                       Andreas Pecht      
(Erstabdruck 17./18. September 2010)

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Integration, Migranten, deutsche Debatte, Sarrazin, Spracherwerb
 
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