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2010-04-01 Serie:

"Nach Dienst": Sportiver Orchestermusiker Andreas Schaaf trainiert daheim die fußballerische D-Jugend 

 

Der Trompeter auf dem Fußballplatz


 
ape. Koblenz/Dachsenhausen. Was tun die Berufsmusiker des Staatsorchesters Rheinischen Philharmonie, wenn sie nicht auf der Bühne oder im Graben des Theaters musizieren, wenn sie nicht proben oder üben? Die  Artikelreihe „Nach Dienst“ sucht einige von ihnen im privaten Umfeld auf, erzählt von ihren nicht immer ganz alltäglichen Hobbys und Passionen. Im vergangenen Heft galt der Besuch dem Fagottisten Nico Maler, den wir als Bearbeiter/Herausgeber von Fagottnoten und als begeisterten Tangotänzer kennenlernten. Diesmal treffen wir den Trompeter Andreas Schaaf, dessen Interesse „nach Dienst“ vor allem dem Sport gilt. Genauer: dem Fußball.


Der Weg zum Ortstermin führt von Koblenz den Rhein entlang nach Braubach, dort links ab und   auf die Höhen des Taunus hinauf. Vorbei an Dachsenhausen, wo der Mann, dem diese Fahrt gilt, 2002 gebaut hat, jetzt dort mit Gattin und fünf Kindern lebt. Daheim wäre er an diesem Nachmittag nicht anzutreffen, denn er ist beim Training – nicht dem einzigen in der Woche. Fünf Kilometer weiter stoßen wir auf den 37-Jährigen: Mit einem Sack voller Bälle über der Schulter schließt er gerade die Sporthalle des Örtchens Gemmerich auf und lässt eine quirlig drängende Bande von 13 Jungs der Jahrgänge 1997/98 ein. Das ist eine D-Jugend-Fußballabteilung der Sportgemeinde SG Dachsenhausen, versammelt zum 90-minütigen Training unter Leitung von Andreas Schaaf, im Hauptberuf Trompeter beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie (SRP) in Koblenz.

Wie wird ein Orchestermusiker zum Jugendfußballtrainer? Über die eigenen Kinder und wie das halt so geht auf dem Dorf. Die Sprösslinge kommen in die Schule, treten in den Sportverein ein. Und weil der Papa selbst sportlich aktiv ist, im gleichen Verein bei den Erwachsenen kickt (C-Klasse, 2. Mannschaft), kommt der Vereinsvorstand bald auf die naheliegende Idee: Andreas, willst du nicht die Jugend mitbetreuen? Er will. Will es auch richtig machen, liest sich allerhand über Trainingstechniken an, besucht Fortbildungen beim Fußballverband Rheinland, erwirbt die C-Lizenz als Fußballtrainer.

Lässt sich das sportive Engagement denn mit dem Dienstplan unter einen Hut bringen? Schließlich fallen die Arbeitszeiten von Orchestermusikers doch ziemlich aus dem Rahmen dessen, woran sich das Vereinsleben in Deutschland gemeinhin orientiert. „Manchmal ist es nicht einfach“, meint Schaaf später im Gespräch. „Aber die Bläserkollegen kommen mir bei der Verteilung der Dienste so gut es geht entgegen.“ Passieren kann es allerdings schon mal, dass der Trompeter an einem Sonntag mit Orchesterkonzert im Görreshaus zwischen Vormittagsprobe und Nachmittagsauftritt auf den Fußballplatz düst, um ein Spiel seiner Jugend-Mannschaft zu betreuen. 

In der Sporthalle Gemmerich: Aufwärmphase. Kein Rumgerenne im Kreis, stattdessen lockeres Passspiel von ständig wechselnden Positionen aus. „Modernes Jugendtraining zieht vom Start weg Übungen mit Ball vor“, erklärt Andreas Schaaf dem mit Sportpraktiken der 1960er aufgewachsenen  Autor nachher. Die Zeiten ändern sich, doch manches bleibt, wie es immer war. Beispielsweise der Drang der Jugend, die eigene Kraft mal schießen zu lassen oder nach brasilianischer Art die Bälle luftig zu jonglieren – und sei's gegen die ausdrückliche Traineranweisung „flache, kontrollierte Pässe!“. Da schiebt dann Andreas Schaaf den Oberkörper mitsamt Kopf nach vorne und aus seinem Mund schmettert fanfarengleich ein Spieldisziplin verlangendes Signal wie „Ball in Ruhe!!!“

Selbst aktiver Fußballer, dazu Trainer bei der Dachsenhäusener D-Jugend. Obendrein ein durchaus ehrgeiziger Marathonläufer mit einer Bestzeit von 3 Stunden und 19 Minuten, gelaufen beim Hunsrück-Marathon. Das sportive Engagement ist dem Mann anzusehen, so rank, schlank und drahtig wirkt er im Trainingsdress wie im dunklen Konzertanzug. Von der Familie einmal abgesehen, sind Trompetenspiel und Sport offenbar die beiden großen Passionen im Leben des Andreas Schaaf. Die Suche nach den Wurzeln dieser Dualität führt in seine Kindheit.

Wie das halt so geht auf dem Dorf. In diesem Fall waren es Pottum und Hergenroth im Westerwald, wo Schaaf aufwuchs. Sein Vater spielte im örtlichen Musikverein Saxophon, nahm den 8-jährigen Andreas dorthin mit. Weil es dem Blasorchester an Trompeten mangelte, bekam der Bub eben solch ein Instrument in Hand gedrückt. Derart begann eine Musikerlaufbahn, die über die Musikschule Montabaur, einen 3. Bundespreis bei „Jugend musiziert“, das Marinemusikkorps der Bundeswehr   zu einem Begabtenstipendium fürs Konservatorium Würzburg und zum Studium an der Musikhochschule Mannheim führte. Nach dem 4. Semester trat Schaaf parallel zum Studium seine erste Orchesterstelle in Suhl an, pendelte fortan in „endloser Fahrerei“ die 400 Kilometer zwischen Studienort und Arbeitsort.

Danach folgten berufliche Wanderjahre mit Stationen als Orchestertrompeter in Remscheid, am Theater Heidelberg, an der Staatsoper München, wieder in Suhl – wo eine Ironie der Geschichte  seine Stelle erst wegrationalisierte, dann seiner ebenfalls Trompete spielenden Frau zufallen ließ und schließlich ihn selbst als Schwangerschaftsvertretung für die eigene Gattin zum Einsatz brachte. Sesshaftigkeit kehrte 2001 mit dem Dienstbeginn in Koblenz ein. Und wann kam der Sport, der Fußball ins Lebensspiel? Der war von Anfang an immer dabei. Als Wäller (Westerwälder) Bub kickte Andreas Schaaf mit Freunden auf der Gass', bald auch im SV-Pottum auf dem Platz. Bisweilen musste der Junge mit dem unterm Pullover verborgenen Vereinstrikot heimlich zum Spiel ausbüchsen, weil sein Vater die Fußballerei nicht gar zu gerne sah.

Ein Problem, das Schaafs Kinder nun gewiss nicht haben. Zu den 13 D-Jugend-Kickern in der Gemmericher Halle gehören auch die beiden ältesten Söhne des Trompeters. Welche zwei das sind, ist nicht zu erkennen: Weder machen sie sich durch besondere Bravheit bemerkbar, noch erlaubt sich der Trainer Ungleichbehandlung seiner Spieler. Er verlangt, mit gebührender Strenge, von jedem Konzentration und Einsatz.   Andreas Pecht          
(Erstabdruck 13. Woche 2010)

 
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