Thema Politik
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2010-03-10 Analyse:

Partei
spenden und -sponsoring, Nebenjobs und Klüngel:
Wie ist es um die Integrität der Politiker bestellt?

 

Der Lockruf des Geldes
 
ape. Wäre nicht anrüchig geworden, dass die CDU in NRW Gespräche mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gegen Geld angeboten hat, es gäbe die Debatte um Parteiesponsoring wohl gar nicht. Erst dies Skandalon lenkte den Blick auf die Praxis der Parteienfinanzierung durch Sponsoring. Eine Praxis, die ihrerseits nur ein Element in jenem  dichten  Netzwerk zwischen Politik und Wirtschaft darstellt, das von der Öffentlichkeit jetzt  wieder misstrauisch beäugt wird.


Das muss geahndet werden, meint Kurt Beck; die Regeln müssen überprüft werden, die Kanzlerin. Die Bundestagsverwaltung durchleuchtet die zuerst in NRW, dann auch in Sachsen aufgefallene Methode, wonach die CDU Gespräche mit prominenten Amtsinhabern feilbot. Im Volk geht derweil  wieder der Verdacht um, Politiker seien käuflich, zumindest beeinflussbar – neuerdings mittels Sponsoring, seit langem durch Spenden, lukrative Nebenjobs oder einfach wegen herzlicher Verbundheit mit wohlhabenden Kreisen.

Keine Frage, die Parteien brauchen Geld, um ihren von Grund- und Parteiengesetz definierten  Auftrag zu erfüllen: „Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit …“. Ob sie das gut machen oder schlecht, ob sie ihr Geld sinnvoll einsetzen oder an Plattheiten verschwenden, das ist nicht Gegenstand des Gesetzes; ist je nach Parteisympathie auch Ansichtssache.

Keine Frage: Mitgliedsbeiträge allein reichen für die Erfüllung der Parteiaufgaben nicht hin. Weshalb die Parteien in gesetzlich geregeltem Rahmen Spenden einwerben dürfen. Vor allem aber bekommen sie  auch Geld vom Staat. Beispielsweise 70 Cent für jede Wählerstimme und 38 Cent auf jeden Euro, den sie rechtmäßig aus Beiträgen, Spenden und einigen anderen erlaubten Quellen beziehen. So weit, so gut und legal.

Mangel an politischem Anstand

Ob das Parteitagssponsoring der CDU in NRW und Sachsen, erst recht der Verkauf von Gesprächen mit Ministerpräsident und Ministern an betuchte Interessenten im streng juristischen Sinne illegal ist oder nur eine Lücke im Parteiengesetz ausnutzt, bedarf noch abschließender Klärung. Unabhängig davon aber wird besagtes Gebaren in der Öffentlichkeit überwiegend als Verstoß gegen demokratische Prinzipien und den politischen Anstand begriffen.

Denn erwartet wird zu Recht, dass Volksvertreter eine angemessene Distanz gerade zu finanzstarken Lobbyisten wahren. Erwartet wird dies ebenso von den Parteien, denn Volksvertreter sind in der Regel zugleich Parteivertreter. Und es wäre illusionär, anzunehmen, der über eine großzügigen Spende glückliche Parteifunktionär würde  im Staatsamt sein Glück vergessen und den Spender  plötzlich mit anderen Augen ansehen.

Deshalb wurde als Konsequenz aus den großen Parteispende-Affären der 80er und 90er im Jahr 2002 das Parteiengesetz geändert. Seither müssen Spenden über 50 000 Euro sofort dem Bundestagspräsident gemeldet und namentlich veröffentlich werden. Spenden über 10 000 Euro müssen die Rechenschaftsberichte der Parteien ausweisen. Das Prinzip dabei ist: Die Öffentlichkeit soll wissen, wer wem wieviel Geld zukommen lässt. Kaum zufällig ist seither das Parteiensponsoring verstärkt in Mode gekommen. Denn dabei geht es viel diskreter zu: Sponsern unterliegt nicht der Publikationspflicht des Parteiengesetzes, ist obendrein, anders als bei Spenden, auch für Unternehmen weitgehend steuerlich absetzbar.

Sponsoring unterläuft das Öffentlichkeitsprinzip des Parteiengesetzes. Es schafft einen Raum für verborgene Geldflüsse – schlimmstenfalls einen Markt für Einflussnahme auf Politik. Mag sein, dass Bestechung im eigentlichen Sinn dort nicht stattfindet. Einem „positiven Gesprächsklima“ und offenen Ohren für den großzügigen Sponsor dürfte dieser Raum/Markt allemal zuträglich sein.

Gefahr für politische Hygiene

So gesehen stellt das Partei-Sponsoring eine Grauzone mit bedenklichem Gefährdungspotenzial für die politische Hygiene im Land dar. Nicht unähnlich dem Potenzial, das der Gepflogenheit innewohnt, dass Politiker lukrative Nebenjobs  in der Wirtschaft ausüben (dürfen) oder nach Ausscheiden aus dem Amt oft unverzüglich hochdotierte Posten dort beziehen. Keineswegs nur die Stammtische sehen das als Beleg für unstatthaft große Nähe zwischen Wirtschaft und Politik.

Natürlich müssen Wirtschaft und Politik miteinander reden, oft und intensiv. Wohl und Wehe des Gemeinwesens wie des Staates hängen nun mal in beträchtlichem Maße an der Ökonomie. Woraus indes nicht automatisch allfällige Interessensgleichheit zwischen Politik und Wirtschaft resultieren kann, erst recht nicht privilegierte Beziehungen erwachsen dürfen. Gerade die heutigen West-Demokratien – die der Wirtschaft Konzentration gewaltiger Macht in Privathand erlauben –  haben stets aufs Neue den Beweis zu erbringen: Hier herrscht kein Klüngel, keine Oberklasse aus Geld und Macht, sondern hier regieren gewählte Volksvertretungen, deren Politik sich am Primat des Gemeinwohls orientiert.

Dieser Beweis fällt in letzter Zeit oft wenig überzeugend aus; siehe Finanzkrise oder jüngst Mövenpick-Affäre. Weshalb beim Parteisponsoring als Mindestmaßnahme dessen Gleichstellung mit Spenden nach dem Parteiengesetz zu verlangen ist. Weshalb Begrenzung oder Verbot von Politiker-Nebenjobs und Abstandsfristen nach Amtsende zu erörtern sind. Weshalb in summa von der politischen Klasse demokratisch-republikanischer Anstand einzufordern ist. Der Lockruf des Geldes darf nicht Maßstab für Politikerhandeln sein.

(Erstabdruck März 2010)

Siehe zu diesem Thema auch Kommentar von 2010-03-07

 
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