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2010-02-22 Schauspielkritik:

Stadttheater Koblenz bringt lokal gefärbte  Fußballkomödie „Der rote Teufel“ zur Uraufführung


Behäbiges Verwirrspiel an der TuS-Spitze

 
ape. Was braucht eine Fußballmanschaft für ein gutes Spiel? Kluge Strategie, taktische Durchtriebenheit; dazu kräftige, geschickte, geschmeidige, ideenreiche Spieler. Obendrein müssen all diese Faktoren wie die Rädchen eines Uhrwerks sicher und flott ineinander greifen. Was braucht eine Boulevardkomödie, um zu gefallen? Das gleiche. Am Theater Koblenz kam jetzt die Fußballkomödie „Der rote Teufel“ zur Uraufführung. Dies Spiel, könnte man sagen, ging mit Müh' und Not gerade noch unentschieden aus für die heimische Mannschaft.
 

Jörg Menke-Peitzmeyer hat im Auftrag des Stadttheaters ein Stück geschrieben. Das sollte Lokalkolorit aufweisen, irgendwie mit der TuS-Koblenz zu tun haben und sehr komisch sein. Herausgekommen ist ein Werk, das weder eine moderne Farce ist, noch sich am klassischen Komödienvorbild orientiert. Für Erstere bestehen der Text und Eva Langes Inszenierung zu sehr auf  Naturalismus. Gegen Letzteres spricht der völlige Mangel an Hintergründigkeit.

Was also stellt „Der rote Teufel“ dar? Gleich die erste Szene in Daniela-Maria Deckers Bühnenbild  verweist auf boulevardeske Salonkomödie: Ein älterer Herr im Anzug und ein jüngerer Mann in Jeans zerren eine Leiche im Fußballerdress durch den Salon einer heutigen Villa. Das sind: TuS-Präsident Brinkötter (Wolfgang Linnenbrügger), TuS-Trainer Wilkens (Klaus Philipp) und TuS-Star Popo (Jona Mues).  Ähnlichkeiten mit Realpersonal wären eher Zufall, gezielte Parodie sieht das Stück offenbar nicht vor. Leider. Denn wenn schon Lokalkomödie, dann bitte auch mit Schmackes: Auf dass es knirsche im örtlichen Gebälk und die Schadenfreude Funken schlage.

Vom Salon gehen fünf Türen ab und führt eine Wendeltreppe hinauf zu einer offenen Balustrade, wo es eine weitere Tür gibt. Viele Zu- und Abgänge gehören nebst tückischen Requisten – in diesem Falle ein stationäres und reichlich mobile Telefone – zur Grundausstattung des Boulevardtheaters. Sie sind Bedingung für Verwechslungspiel, Geheimniskrämerei und jenes Phänomen, von dem solches Theater lebt: Die Protagonisten hetzen atemlos über falsche Fährten, tappen ein ums andere Mal in Fallen, teils die eigenen. Besonders schön wird so ein Abend, wenn der scheinbar allwissende Zuseher ein paar für ihn selbst überraschende Entwicklungen zu sehen kriegt.  Auch darauf wartet man in Koblenz vergebens.

Dass Popos Leiche bald quicklebendig für Turbulenzen sorgen wird, ist absehbar. Dass Trainer und Präsidenten-Gattin (Raphaela Crossey)  was miteinander haben, ebenfalls. Wir wissen schnell, der fiese Spielervermittler (Reinhard Riecke)  wird es nicht schaffen, Popo nach Kaiserslautern zu verkaufen. Dem stehen die Reize der Präsidenten-Tochter (Jana Gwosdek) entgegen. Anbei wird ein gutmütiger Koblenzer Taxisfahrer (Olaf Schaeffer) kirre gemacht, und lechzt ein örtlicher Sportreporter (Daniel Wagner) nach Skandal im TuS-Bezirk.

Es gibt schon hie und da was zum Schmunzeln und Lachen. Das Stück hat Momente von Sprachwitz, die Inszenierung Augenblicke von Situationskomik und fast jeder Spieler auch mal einen passablen Lauf. Doch solche Teile sind selten und sie wollen sich hier partout nicht  zum schnurrenden  Komödienmaschinchen fügen. Die Spielzüge sind zu holprig, zu durchschaubar, zu simpel und allesamt viel zu langsam. Es fehlt in Koblenz eben jene Raffinesse, ohne die man nicht gewinnt.  Andreas Pecht

Infos: www.theater-koblenz.de


(Erstabdruck 23. Februar 2010)


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