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Geschrieben im  September 2009:
Guten Tag allerseits,
 
27.09.

Gewählt wär. Die letzte Kritik vom Theaterwochenende über eine wirklich unerwartete, erstaunliche Ballettleistung am Theater Koblenz ( Kritik hier ) ist geschrieben. Die für den September geplanten oder bestellten Texte sind alle besorgt. Weshalb ich nun als Ausgleich für die durchgearbeiteten letzten fünf Wochenenden bis 1. Oktober Familienfreizeit nehme und mir die ganze Nachwahl-Aufregung vom Lehnsessel aus anschaue.  

26.09.

Und die Leute werden sagen
In fernen blauen Tagen
Wird es einmal recht
Was falsch ist und was echt

Was falsch ist, wird verkommen
Obwohl es heut regiert.
Was echt ist, das soll kommen -
Obwohl es heut krepiert.

Ödon von Horváths letztes Gedicht, gekritzelt auf eine Zigarettenschachtel , bevor er  1938 von einem herabstürzenden Ast erschlagen wurde. Die Zeilen habe ich gestern im Programmheft zur Wiesbadener Premiere von Horváths Stück "Glaube Liebe Hoffnung" gefunden (Kritik hier). Übrigens wieder mal ein Heft mit wunderbar gescheiten Texten drin. Die Wiesbadener machen seit etlichen Jahren fürs Schauspiel Programmhefte, deren Lektüre per se ein Gewinn ist. Das darf  auch mal hervorgehoben werden.

Es soll ja noch schlechter werden,
aber ich lasse den Kopf nicht hängen.

Sagt im Stück die Elisabeth nach einem Suizidversuch und kurz bevor sie dann doch noch tot umfällt. Ein Schelm, wer da einen Zusammenhang Zusammenhang zu morgigen Wahl konstruiert.



24.09.

Der ehrwürdige Deutsche Bauernverband (DBV) regt sich darüber auf, dass der Protest der deutschen Milchbauern in Wort und Tat ruppiger geworden ist. Er fordert die "Rückkehr zu einem gewaltfreien Streit mit der Politik und den Marktbeteiligten". Da werden Leute, die systematisch an die Wand gedrückt wurden und jetzt ums Überleben kämpfen, aufgefordert, sie sollen ruhig sein,  brav sein und sich gefälligst anständig (= harmlos) benehmen. Die Entrüstung der Verbandsfunktionäre ist ebenso weltfremd wie scheinheilig. Überlebenskämpfe werden nunmal nicht mit Samthandschuhen ausgetragen. Im Übrigen ist die zugespitzte Notlage der Milchbauern eines der vielen negativen Ergebnisse einer grundlegend falschen Agrarpolitik, die eigentlich schon seit Jahrzehnten eines Paradigmenwechsels bedürfte.
Dazu Kommentar/Analyse 

 
23.09.

Mal wieder einem Schlagabtausch zwischen "Klimaskeptikern" und "Klimaschützern" beigewohnt. Schweigend, weil sehr rasch zu dem Schluss gekommen, dass dieser Disput für die Katz ist, sobald er sich auf die Ebene der vermeintlichen Verschwörung zwischen subventionssüchtigen Wissenschaftlern, profitsüchtiger Klimatechnik-Industrie und katastrophengeilen Medien begibt. Dorthin aber treiben die Klimaskeptiker jede Diskussion, immer. Da muss dann, um nur ein Beispiel zu nennen, die gängige Praxis der Mehrfachverwertung von Fernsehbildern als angeblicher Beweis dafür herhalten, die Medien würden aus dem immergleichen Polargletscherabbruch eine gar nicht existierende Polargletscherschmelze konstruieren. Für eine Auseinandersetzung mit "Fakten" solchen Niveaus ist die Zeit zu schade. Wie es auch fatal wäre, mit Klimaschutzmaßnahmen zu warten, bis auf das letzte Zehntelprozent ausgerechnet ist, in welchen Anteilen natürliche oder vom Menschen verursachte Prozesse für den Klimawandel verantwortlich sind. Der menschliche Anteil ist beträchtlich, gegenteilige Behauptungen  widersprechen einer Vielzahl wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse - die Klimaskeptiker müssten sie erstmal, ebenfalls  wissenschaftlich, widerlegen.

Doch selbst wenn jene Klimaskeptiker recht hätten, die einen ganz und gar natürlichen Ursprung des Klimawandels behaupten, so würde das überhaupt nichts ändern an der zwingenden Notwendigkeit der Energiewende hin zu regenerativer Energieerzeugung. Demnächst 10 Milliarden Menschen, fast alle von einem unstillbaren Drang nach Erhöhung ihres materiellen Lebenstandards getrieben, in einer Welt lebend, deren Wirtschaft  völlig dem Wachstumsprinzip hingegeben ist - das sind die Bedingungen, unter denen die bekannten Reserven an fossilem Brennmaterial schneller verfeuert werden als neue entdeckt. Ohne Wende würde Energie(-mangel und -verteuerung) die zentrale Wachstumsbremse der kommenden Jahrzehnte werden. Ohne Energiewende fehlen uns übrigens auch die Ressourcen für den gewaltigen Umbau der globalen Infrastruktur, den die Klimawandelfolgen notwendig machen würden/werden - egal, ob der Klimawandel nun natürlichen Ursprungs ist oder von Menschen gemacht.

An der Energiewende hin zu nicht-verbrauchender Energieerzeugung führt so oder so kein Weg vorbei. Das Zeitalter des Feuers ist auf diesem begrenzten, aber dennoch übervölkerten Planeten einfach passé. Wir können der nächsten Generation auch noch die letzten, halbswegs wirtschaftlich förderbaren Notreserven an Kohle oder Öl (auch Uran) wegfressen: das Ende des Verbrennungszeitalters wird dadurch allenfalls um ein paar Jährchen - kaum Jahrezehnte, keinesfalls ein jahrhundert - hinausgezögert.  Weniger fossile Verbrennung = weniger CO2: Energiewende würde sowieso ganz automatisch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Weshalb auch jene Zeitgenossen, die an keine CO2-Gefahr glauben, nichts dagegen einzuwenden haben sollten/dürften.  
 

22.09.

Neulich mit Entsetzen im Fernsehen gesehen: In Kenia malträtiert, ja lyncht entfesselter Mob Mitmenschen, weil diese angeblich Hexen oder Hexer seien. Längst überwunden geglaubter Irrsinn bricht sich wieder Bahn. Nicht nur von daher ist die aktuelle Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz Speyer mehr als eine bloß geschichtlich interessante Veranstaltung. Die "Hexen - Mythos und Wirklichkeit" betitelte, gut gemachte Schau (und das  noch bessere Begleitbuch dazu) dringt tief ein in Ursachen, Wirkungen und Folgen des Hexenglaubens vom 15. Jahrhundert bis heute. Dazu eine Ausstellungsbesprechung.

Es war kein leichter Abschied: Musiker und Musikfreunde in Koblenz ließen Frauke Bernds, die Orchesterdirektorin der Rheinischen Philharmonie, ungern ziehen. Mir ging es ähnlich, denn ganz selten nur habe ich im Kulturbetrieb eine derartige Persönlichkeiten getroffen: Hoch effektiv arbeitend, dabei ganz uneitel, gescheit, von herzerfrischender Natürlichkeit und Menschlichkeit. Mit ihr zu tun zu haben, war eine Freude - weshalb mein Abschiedsartikel sich seiner persönlichen Note auch gar nicht schämt.



19.09.

Mit großer Spannung erwartet, fiel gestern der Startschuss für die neue Intendanz von Markus Dietze am Stadttheater Koblenz. Dietzes ebenfalls neue Operndirektorin Gabriele Wiesmüller inszenierte zur Eröffnung Alban Bergs Oper "Wozzeck". Zu diesem Abend ein paar Anmerkungen (Wozzeck) - keine reguläre Kritik, denn Oper ist bekanntlich meine Sache nicht so recht.

18.09.

Das Ausmaß des Beschützwerdenwollens ist immer wieder irritierend, in Momenten wie jetzt nach dem perfiden Totschlag auf einem Münchner S-Bahnhof fast erschütternd. Für das (illusionäre) Gefühl einer Rundumsicherheit, eines umfassenden Schutzes durch eine höhere Ordnung würden viele Leute sich freiwillig totaler Überwachung rund um die Uhr an jedem Ort unterwerfen. Die Unverletzlichkeit der Privatsphäre gäben sie liebend gerne vollends auf, wenn ihnen im Gegenzug sämtliche Lebensrisiken - mitsamt der zivilen Eigenverantwortung für das gesellschaftliche Miteinander - abgenommen würden. Auch mir wäre mehr Sicherheit lieber, aber der Preis dafür muss stimmen. Freiheitsverlust ist zu teuer. Zumal es andere Wege als bloß Aufrüstung staatlicher Gewalt gibt. Etwa die Rückgewinnung der guten alten Alltags-Solidarität. Gäbe es sie, zivilcouragierte Akte im öffentlichen Raum liefen viel weniger Gefahr, zum Himmelfahrtskommando zu werden. Jeder für sich, der Staat für uns alle - das ist nunmal kein gutes Lebensmotto.

                                           ***    

Eine Frage an die Leserschaft hinsichtlich der globalen Übervölkerung. Ich wüsste gerne Genaueres über die Entwicklung des gesamtbilanzorischen statistischen Prokopf-Verbrauches von Energie, Wasser, Rohstoffen (möglichst inklusive CO2-Bilanz) von 1900 oder früher bis heute. Weiß jemand von entsprechenden Forschungen, Studien, Modellrechnungen und könnte mir eine Quelle dafür nennen?

Grund des Interesses: Wir wissen, dass die Globalbevölkerung seit dem 19. Jahrhundert von etwa 1 Milliarde Köpfe auf rund 7 Milliarden angewachsen ist und im Laufe der nächsten Generation wohl 10 Milliarden erreichen wird. Die Zahlen dieses absoluten Bevölkerungszuwachses sagen allerdings wenig darüber aus, wieviel tatsächliches "Verbrauchsgewicht" sie auf die Ressourcen-Waage bringen. Ein einfacher lebenspraktischer Gedanke verweist auf die gravierendere Bedeutung des relativen Bevölkerungszuwachses: Der Ressourcenverbrauch war beim Lebensstil meines Urgroßvaters logischerweise um ein Mehrfaches niedriger als meiner. Vom Verbrauch her gesehen, zähle ich also wie 8, 10 oder noch viel mehr Urgroßväter. Den Vergleich auf die Weltbevölkerung übertragen: Vom Prokopf-Verbrauch her gesehen zählen 7 Milliarden heute wie 50, 70 oder XXX Milliarden Menschen damals. Über die tatsächlichen Größenordnungen wüsste ich gerne mehr.   

17.09.

Es hat ein paar Leserreaktionen gegeben, die meinen
Kommentar zur ungenügenden Kennzeichnung auf Lebensmittel-Verpackungen um zwei Aspekte ergänzen respektive ihn unter diesen Aspekten kritisieren.

Der erste geht so: Auch die optimalste Kennzeichnung würde das Problem nicht beseitigen, dass die Leute - selbst wider besseres Wissen - allen möglichen mehr oder minder schmackhaften Dreck in Unmengen in sich hineinstopfen.

Der zweite lautet: Eine pauschalierende Ampelkennzeichnung hilft beim Vergleich von Lebensmitteln ganz unterschiedlicher Profile wenig. Allergiker oder Diätetiker sind auf genaue Angabe der Inhaltsstoffe und korrekte Nährwerttabellen angewiesen.

Kein Widerspruch meinerseits zu beiden Punkten.
ad 1. Natürlich lassen sich Lustfuttern, Frustfuttern, Suchtfuttern weder per Gesetz noch durch die besten Kennzeichnungen aus der Welt schaffen. Dieser Umstand steht allerdings auf einem anderen Blatt, als die im Kommentar behandelte Thematik. Denn das sozialpsychologische Problem kann ja die Lebensmittelhersteller/-vermarkter nicht von der m.E. eigentlich völlig selbstverständlichen Pflicht entbinden, auf ihre Verpackungen draufzuschreiben, was sie in welchen Mengen und welcher Zusammensetzung hineingesteckt haben. Der Konsument muss in die Lage versetzt werden, entscheiden zu können, wenn er denn will, was er futtert und wieviel davon. Frisst der eine oder andere dann trotzdem allen Mist in sich hinein bis die Schwarte knackt, ist das (wie beim Rauchen) seine freie Entscheidung und sein wissentlich wie freiwillig eingegangenes Lebensrisiko. Davon kann allerdings keine Rede sein, solange die Verpackungen schweigen, vertuschen, vernebeln, lügen und betrügen. Kann doch nicht sein, um ein Extrem anzuführen, dass auf manchen Lebensmitteln dick "Diät" ausgedruckt sein darf, die Inhaltshinweise im Kleingedruckten aber den Sachverhalt nicht ausweisen, dass der Fraß etwa mit gesättigten und gehärteten Fetten vollgestopft ist.

ad 2. Die Verbraucherschützer fordern eine Ampelkennzeichnung ja nicht alternativ zur Nährwerttabelle. Das wäre in der Tat Unfug. Beides muss auf die Verpackung, um unterschiedliche Informationsbedürfnisse und -fähigkeiten unterschiedlicher Menschen zu befriedigen. Das Lesen und Verstehen von Nährwerttabellen ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Nicht jeder kann es, nicht jeder will es, nicht jeder hat immer die Zeit dazu. Weshalb für Millionen Verbraucher die Ampelkennzeichnung eine große Hilfe und schöne Motivation bei der eigenen Entscheidungsfindung wäre. Was spricht dagegen? Außer dem Interesse der Nahrungsmittelindustrie, weiter im Trüben zu fischen.       


14.09.

Das Duell: Selten wurde ein banaleres Reden zweier Berufspolitiker so intensiv seziert und in seiner Wirkung analysiert wie das eben von Merkel und Steinmeier. Von der Medienmaschine aufgeblasen als sei's eine Weltmeisterschafts-Boxkampf-Jahrhundertshow, gilt all die aufgeregte Mühe am Ende aber bloß einem Kreisliga-Böxle. Um Himmels Willen, welche Maßstäbe werden da angelegt? Sind wir inzwischen derart anspruchslos geworden, dass uns ein solch platter Auftritt der "ersten Garde" der deutschen Politik und des deutschen TV-Politjournalismus hinreichend, interessant, gar  spannend erscheint? Es ist, als habe sich die Creme der deutschen Theaterkritik in die Vorstellung einer Amateurbühne verirrt, sei aber nun fest entschlossen, so zu tun, als hätte man dort Münchner Kammerspiele oder Berliner Ensemble gesehen.

Von der inhaltlichen Substanzlosigkeit einer nicht stattgehabten politischen Kontroverse mal abgesehen: Hernach  hat Claus Peymann bei Anne Will auf den Punkt gebracht, warum diese Inszenierung (warum Politikerauftritte zumeist, ape) von ihm, mir  und wohl etlichen als unangenehm, ja abstoßend empfunden wurde: Von "Klonen und Zombies" sprach der Theater-Opa und meinte die enervierende Künstlichkeit des Gebarens bei den Matadoren. Sie "mimen" Politiker, liefern dabei manieriertes Typen- statt authentisches Charakterspiel ab, und das auch noch auf blamabel niedrigem Spielniveau. Sätze und Gesten zielen allweil auf billigen Wirkeffekt - ein Disput schlicht und ehrlich zur Sache, wie ihn normale Menschen zu führen pflegen, scheint dieser Zunft wesensfremd geworden zu sein. "Ich habe...", "Ich werde...", "Ich bin..." waren die beiderseits meist benutzten Wendungen des Abends. Doch es verband sich damit kein authentisches Ich, sondern bloß der großspurige Anspruch auf ein staatspolitisches Über-Ich von quasi napoleonischer Dimension. Ein kaum mehr zu ertragender Zirkus, in dem Echtheit, Wahrhaftigkeit, Nachdenklichkeit fremd geworden sind.    



13.09.

Hurra, das Theater hat wieder begonnen. Nein, nicht die Schlussphase des Wahlkampf-Mummenschanzes ist gemeint, sondern das richtige Theater, die Bühnenkunst. Auf meinem Einsatzplan fürs erste Saison-Wochenende standen "Othello" in Bonn (Kritik hier) sowie die Uraufführung der ersten Bühnen-Adaption von Schnitzlers "Traumnovelle" in Mainz (Kritik hier).

Der Bonner "Othello" stieß gleich zum Spielzeitbeginn noch einmal die Nase auf dies: Mag eine Inszenierung bei den übergreifenden Ideen noch so gescheit und im Äußeren Bild noch so raffiniert sein, wird sie dennoch nicht gut, wenn dieser Rahmen mit nur mäßiger Schauspielerei gefüllt ist. Seele des Theaters ist nun mal das Spiel der Mimen - als Spiegelung und Interpretation des Menschlichen in seiner Vielschichtigkeit. Da es eindimensionale Menschen realiter nicht gibt, muss die Reduktion von Stückrollen auf eindimensionales Geradeaus-Spiel oder Lehrbuch-Pathetik  in Freud wie Leid Langeweile und  Geht-uns-nichts-an hervorrufen. Nagelprobe für Regie und Spielpersonal wäre die Frage: Würde, was ihr da tut, auch auf leerer Bühne etwas bedeuten? Wo nicht, bringt selbst das großartigste Drumherum keine Rettung.  

09.09.

Zu den jüngsten Gorleben-Enthüllungen zwei Anmerkungen.
1. Was jetzt durch Schriftstücke und Betroffenen-Aussage belegt wird, konnte, wer wollte, schon in den 1980ern wissen:  Kohl-Regierung und Atomlobby übten erheblichen Druck auf Sachverständige/Wissenschaftler aus, um begründete Bedenken gegen ein Atomlager in Gorleben abzuschwächen oder womöglich in ihr Gegenteil zu verkehren. Entsprechende Hinweise aus Kreisen von Kernkraftgegnern wurden aber von den damaligen  Rechercheuren der Presse nicht ernst genommen, oder konnten wegen der Ängstlichkeit bei betroffenen Behördenmitarbeitern und beauftragten Wissenschaftler nicht handfest bewiesen werden.

2. Gut, dass die Sache jetzt doch noch aufgekommen ist. Aber es  bleibt ein etwas saurer Beigeschmack, herrührend von dem Umstand, dass die Enthüllungen just in die entscheidende Phase des Bundestagswahlkampfes fallen. Passt einfach zu famos ins wahltaktische Parteikalkül von Gabriel und Co. Wurde deshalb jetzt erst nach den Belegen gesucht? Oder waren sie zuvor schon gefunden und nur bis zum richtigen Zeitpunkt zurückgehalten worden? Oder hat Koalitionsräson frühere Bekanntmachung verhindert? Man spürt ein gewolltes Timing, mag an Zufall nicht recht glauben. Woraus die Frage erwächst: Ist die skandalöse Sache nicht selbst Grund genug, die Glocken zu läuten; geht es gar nicht ohne parteiliches Interesse??
                                             

08.09.

Die Geschmacklosigkeit oder der Irrwitz des Tages: Eine Werbeanzeige der deutschen Automobilindustrie mit der Überschrift: "Fahren für den Klimaschutz. Seit 1999." Begründet wird das so: "Seit 1999 gingen verkehrsbedingte CO2-Emissionen in Deutschland um knapp ein Fünftel zurück." So viel dummdreiste Chuzpe verschlägt einem schier die Sprache. Die Herrschaften versuchen, aus ihrer Schlafmützigkeit und Ignoranz in Sachen ökotechnischer Entwicklung auch noch propagandistisches Kapital zu schlagen. Nach der Devise: Schießt ein Killer seinem Opfer nur vier statt fünf Kugeln in den Leib, ist er ein Samariter, der gutes tut.  Widerlich.

07.09.

Afghanistan. Bundeswehr lässt von Taliban gestohlene Treibstofflaster bombardieren. 50 oder 100 oder 120 oder noch viel mehr Tote?  Keine oder einige oder viele Zivilisten darunter?

Der "saubere Krieg" bleibt Illusion und der "gerechte Krieg" Lüge. Wieder mal hat keiner gewollt, dass es so kommt, und doch wurde es so gemacht. Nun hat auch der deutsche Feldzug des "guten Willens und der Hilfe fürs afghanische Volk", hat der Einsatz zur "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" seinen großen Sündenfall. Mit dem üblichen Prozedere: Der Verteidigungsminister lügt die Opferzahlen so lang als möglich klein, zeichnet das Gefahrenpotenzial der gestohlenen Laster möglichst groß. Die Bombardierung soll als unausweichlich verstanden werden. Das Übrige soll sein: bedauerlicher Kollateralschaden.

Noch einmal: Deutsche Truppen haben in dieser Weltgegend nichts verloren und nichts zu verteidigen. Die "Befreiung" und ggf Demokratisierung der Stammes- und ethnischen Siedlungsgebiete, deren Gesamtheit wir als Land/Nation Afghanistan missverstehen, kann nur Sache der Menschen dort selbst sein. Das mag dauern und die Zwischenzeit von außen betrachtet nur schwer erträglich sein. Es gab/gibt aber weder Recht noch Pflicht noch Aussicht auf Erfolg, Völker durch militärische Intervention zu "ihrem Glück" zu zwingen. Der Versuch erhöht jedesmal bloß den Blutzoll für die fernere Entwicklung - zumal, wenn die Interessen der Interventionsmächte letztlich dann doch wieder alles andere als uneigennützig sind.
                                                ***

Anti-AKW-Demo in Berlin.  50 000 auf den Beinen: Drei Wochen vor der Bundestagswahl ist das eine deutliche Warnung an die Politik (vor allem an CDU und FDP), sie möge nicht glauben, diese Bewegung sei mittlerweile entschlafen und die Reanimation des Atomprogramms deshalb leichtes Spiel. Die vorsorgliche Reanimation des Widerstandes hat jedenfalls bereits begonnen: Viele der alten Kämpen sind noch bewegbar, obendrein die Enkel nicht unlustig, das Erbe des Protestes anzunehmen. Die relative Befriedung durch den seinerzeitigen Kompromiss zur zeitlich gestreckten Abwicklung des AKW-Parks ist brüchig. Schmeißt eine Regierung  den Atomkonsens über Bord, dürfte sie sehr schnell in ziemlich unruhige See geraten.            


03.09.

Frage in eigener Sache an die verehrte Leserschaft: Seit zwei, drei Tagen notiert die (anonyme) Zugriffsauswertung für meine website einen regelrechten Besucheransturm über einen Provider namens kicker.de  sowie aus dem Raum Ansbach irgendwo im Südosten Deutschlands. Kann mich vielleicht jemand aufklären, was es mit diesem kicker.de auf sich hat? Und: Sollten sich da tatsächlich Fußballfreunde tummeln, woher just deren Interesse am hier behandelten Themenspektrum? Und/oder: Woher das plötzlich signifikant gesteigerte Interesse für www.pecht.info in Ansbach und drumherum?

                                                ***

Zu den u.s. Bemerkungen über die Wahlen erreichte mich u.a. diese Interessante Zuschrift 
2009-09-03: Über die Landtagswahlen und geringe Wahlbeteiligungen

01.09.

Ach ja, da waren die Wahlen am Wochenende. Gleich die ersten Reaktionen der Matadoren und aus den Parteizentralen ließen einen die Lust verlieren, sich weiters mit diesem Thema zu befassen. Erfolgsgeblubber aus allen Mündern, jeder und jede schnitzte sich irgendwie einen eigenen passenden Volkswillen zurecht. Realitätsverlust rundum, Sprache bloß noch Instrument der Selbstsüchtelei. Es war einfach nur abstoßend. Die parteipolitische Klasse scheint tatsächlich davon überzeugt, dass wir allesamt blöd sind und via schönfärberischem Werbesprech verführt werden WOLLEN.

Allein schon diese Art dürfte erheblichen Anteil daran haben, dass selbst bei der saarländischen "Schicksalswahl" ein Drittel der Leute wieder nicht zur Urne ging, und dass in Sachsen die Wahlbeteiligung Richtung 50 Prozent rutschte. Alle wissen, das sind keine Ausrutscher: Die Zahl der Nichtwähler nimmt seit der Bundestagswahl 1972 beständig zu. Politik, Politiker und auch andere zeigen mit dem Finger vorwurfsvoll auf die Wahlverweigerer, beschwören deren staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, bejammern deren vermeintliche Ignoranz oder eine Tendenz zur Entpolitisierung. Auf die Idee, mal kritisch in den Spiegel zu blicken, kommen sie nicht.

Bei der (von mir moderierten) Veranstaltung "60 Jahre Grundgesetz - 60 Jahre Bundesrepublik" am vergangenen Samstag im Hambacher Schloss, zeigte einer der Referenten (Markus Steinbrecher, Uni Mannheim) Umfrageauswertungen über Gründe von Nichtwählern, Wahlen der jüngeren Zeit fernzubleiben. Ein schneller Überschag ergab, dass fast drei Viertel der Nichtwähler aus im Kern politischen Gründen die Wahl verweigerten. Nur der kleinste Teil ist auf Bequemlichkeit und politisches Desinteresse zurückzuführen. Der persönliche Augenschein unterstreicht diesen Befund: Die Nichtwähler im eigenen Umfeld sind überwiegend höchst politische Menschen, stark interessiert an und überdurchschnittlich gut informiert über aktuelle Entwicklungen in Staat und Gesellschaft. Kritische, aufgeklärte, selbstbewusste Geister, Verfassungspatrioten zumeist. Warum wohl ist deren Bindung an die jetzigen Parteien am schwächsten ausgeprägt, warum ihr Widerwille gegenüber, ja Ekel vor dem real existierenden offiziösen Politikbetrieb so groß?!                 

 
Erhellung und Anregung
bei der Lektüre nebenstehender neuer Texte
Andreas Pecht

2009-07/08 Guten Tag allerseits
von Juli/August


2009-06 Guten Tag allerseits:
vom Monat Juni


 

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