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2009-12-19a Feature:

Mit Blick auf das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz die Frage:


Was ist ein Kulturdenkmal?

 
ape. „Kulturdenkmäler sind ein wichtiger, unverzichtbarer Bestandteil des Gemeinwesens. Deshalb sollen Staat, Gesellschaft und Privatleute sich gemeinsam um ihren Schutz und Erhalt im Land bemühen.“ Dieser allgemeinen Formulierung würde wohl kaum jemand die Zustimmung verweigern wollen. Doch schon bei der Frage, was denn eigentlich ein Kulturdenkmal ist, was überhaupt schützens- und erhaltenswert sei, gehen in der Öffentlichkeit die Meinungen  auseinander.


Dass beispielsweise die kurfürstlichen Schlösser in Mainz oder Koblenz dazugehören, ist so wenig strittig wie der Denkmalstatus für Burg Elz, Marksburg Braubach, Hambacher Schloss oder die Reichsburgen Trifels und Cochem. Stadtbilder und Landschaften prägende, geschichtlich bedeutsame und irgendwie „schöne“ Gebäude und Anlagen, die zwei oder mehr Jahrhunderte auf dem Buckel haben, deren Charakter als Kulturdenkmal wird von kaum jemand in Zweifel gezogen. Auch die Bergung, Sicherung, Erforschung und Bewahrung von Hinterlassenschaften aus der Römer-Zeit stoßen in Rheinland-Pfalz als dem Bundesland mit der größten römischen Tradition auf  breite Zustimmung – selbst wenn mancher Bauleiter bisweilen verzweifeln möchte, weil seine Bagger bei Straßensanierung oder Gebäudeneubau einmal mehr Dinge zutage fördern, die sofort die Archäologen des Denkmalschutzes auf den Plan rufen.

Die jüngere Vergangenheit ist schon Geschichte

Am Ende überwiegt dann doch zumeist der Stolz auf die Entdeckung eines weiteren interessanten Zeugnisses für die reiche und bedeutende Kulturgeschichte der eigenen Stadt, Region, Heimat.  Daneben gibt es allerdings auch jene Fälle, die beim einen oder anderen Zeitgenossen zu skeptischem Stirnrunzeln führen. Das betrifft dann oft Wohn- und Wirtschaftsgebäude oder Landmarken, die auf den ersten Blick eher unscheinbar ausschauen. Das Betriff vor allem Hinterlassenschaften aus jüngerer Geschichte, Industriedenkmäler beispielsweise. Die Diskussionen waren heftig, als 1994 die stillgelegte Völklinger Hütte im Saarland gar zum UNESCO-Welterbe erklärt wurde. Erstmals  zog damit in Deutschland eine Industrieanlage in den Olymp der Kulturdenkmäler ein. Obendrein eine, die bis eben noch in Betrieb war: Die Völklinger Hochöfen sind erst 1986 erloschen.

Manch einer hätte seinerzeit durchaus Verständnis dafür gehabt, das „Gelump“ wäre einfach abgerissen worden. So aber erwuchs dem Saarland, dank Unterschutzstellung, aus dem alten Stahlwerk nicht nur ein reges Kulturzentrum, sondern auch eine seiner meistbesuchten Sehenswürdigkeiten. Weltweit bekannt als „Kathedrale der Arbeit“, die am authentischen Ort beispielhaft alle Phasen der Roheisenerzeugung nachvollziehbar macht.

Und für die Menschen in Völklingen selbst ist dieses Industriedenkmal Zeugnis der eigenen Geschichte als bedeutender Industriestandort. Es ist ein Erinnerungsstück, bei dessen Besuch jetzt und später zahllose Schulkinder auf lebendige, sinnliche Art erfahren, wo und wie Eltern, Großeltern, Urgroßeltern gearbeitet und gelebt haben.Wie die Völklinger Hütte im Großen, so in kleinerem Maßstab hierzulande beispielsweise die Sayner-Hütte in Bendorf/Rhein, die Förderanlage der Grube Georg bei Willroth im Westerwald, die Bijouterie- und Kettenfabrik Bengel in Idar-Oberstein.

Auch Zeugnisse des Bauern- und Arbeiterlebens sind denkmalwürdig

Überflüssiges „Gelump“ oder wertvolle Zeugnisse für eine Industrie-Epoche, die vor allem vom 19. bis ins mittlere 20. Jahrhundert Arbeits-  und Lebenskultur in den heimischen Regionen prägte? Seit gut 100 Jahren ändert sich Zug um Zug das Selbstverständnis der Denkmalpflege. Zuerst galt die Aufmerksamkeit vor allem historischen Repräsentationsbauten, National-Denkmälern, Erinnerungsmonumenten für bedeutende Persönlichkeiten sowie kunsthistorisch beeindruckende Anlagen. Nach und nach aber erweiterte sich der Blick, bis er sich schließlich auf alle markanten und/oder beispielhaften Zeugnisse unseres Herkommens richtete.

Seither sichert Denkmalpflege nicht nur herrschaftliche, sakrale und künstlerische  Altertümer, sondern dokumentiert zugleich Geschichte und Lebensumstände von Bürgern, Handwerkern, Arbeitern und Bauern. Heute sind die historischen Zeugnisse des gesamten gesellschaftlichen Gefüges in den Städten wie auf dem Land Gegenstand des Denkmalschutzes. Aber wie werden schutzwürdige Objekte ausgewählt? Man kann ja schlecht die ganze alte Welt unter Denkmalschutz stellen; es bliebe kein Raum mehr für Entwicklung von Gegenwart und Zukunft.

Nicht jedes Altertümchen ist automatisch ein Kulturdenkmal

Das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetzt definiert in § 3 Kulturdenkmäler folgendermaßen:

„Kulturdenkmäler sind Gegenstände aus vergangener Zeit“,
die „Zeugnisse insbesondere des geistigen oder künstlerischen Schaffens, des handwerklichen oder technischen Wirkens oder historischer Ereignisse oder Entwicklungen“ sind;
die „Spuren oder Überreste menschlichen Lebens“ sind;
die „kennzeichnende Merkmale der Städte und Gemeinden“ sind.

Hinzu kommt im Gesetz eine wesentliche Spezifikation: Als Kulturdenkmäler gelten „Gegenstände aus der Vergangenheit“ nur, wenn “an deren Erhaltung und Pflege oder wissenschaftlicher Erforschung und Dokumentation aus geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.“ Daraus ergibt sich, dass ein Objekt nicht automatisch zum Denkmal wird, nur weil es alt ist. Stattdessen muss letztlich in jedem Einzelfall beurteilt werden, ob ein öffentliches Interesse am betreffenden Objekt vorliegt; gleichgültig ob es sich um eine Kirche, eine Brücke, eine Werkhalle, eine Lokomotive, ein Wohnhaus oder einen ehemaligen Kuhstall handelt.   

Diese Beurteilung ist weder willkürlich, noch bleibt sie einfach dem persönlichen Geschmack der Denkmalschützer überlassen. Es gelten vielmehr eine Reihe von recht klar umrissenen Kriterien, die ein öffentliches, also allgemeines Interesse im obigen Sinn begründen können. Einige dieser Kriterien seien exemplarisch aufgeführt. Ein Objekt
-    gehört zum Werk einer bedeutenden Person;
-    ist typisch für Ort und Landschaft;
-    ist selten gewordenes Beispiel einer Gattung;
-    ist eine wichtige Sonderform;
-    zeugt beispielhaft von einer Entwicklung;
-    gehört zu einem bedeutenden Ganzen;
-    ist von besonders gut erhaltenem Originalzustand;
-    ist eine Erinnerungsstätte …

Und bei weitem nicht immer lassen die Objekte auf den ersten Blick erkennen, ob sie einem oder mehreren dieser Kriterien entsprechen. Viele Kulturdenkmäler verdanken ihre Unterschutzstellung Nachforschungen und Hinweisen von Wissenschaftlern, Heimatforschern, engagierten Eigentümern, Vereinen oder auch Bürgerinitiativen. Denkmalschutz ist ein Prozess, ist eine gemeinschaftliche Daueraufgabe. Er ist eine stetige Entwicklung hin zum besseren Verständnis dessen, was vorangegangene Generationen geleistet und uns hinterlassen haben.                                                                          Andreas Pecht       
Zum Thema siehe auch
2009-12-19 Essay: Wozu Denkmalschutz?
´

Denkmalschutz, Kulturdenkmal, Hintergrund, Erklärung

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