Thema Musik
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2009-11-15 Konzertkritik:

Julian Steckel mit Cellokonzerten von Bloch und Korngold bei Koblenzer Anrechtskonzert
 

Intensive Zwiesprache mit
Rheinischer Philharmonie
 
 
ape. Koblenz. Der Wandel bei den Anrechtskonzerten des Koblenzer Musik-Instituts vollzieht sich in kleinen Schritten, ist aber unübersehbar. Der Anteil jüngerer Menschen am Publikum der ältesten  Konzertreihe in Rheinland-Pfalz wächst; nicht massenhaft, doch stetig. Die Programme, bis vor kurzem noch hermetisch konzentriert auf  18. und 19. Jahrhundert, öffnen sich auch für die erste Hälfte des 20.  Das zweite Konzert der neuen Saison bot jetzt Werke von Komponisten, die noch die 1950er erlebt hatten: Jean Sibelius, Ernest Bloch und Erich Wolfgang Korngold.

Daniel Raiskin und die Rheinische Philharmonie begeben sich diesmal auf die Spuren einer Komponiertradition, die volkstümliche Elemente für die klassische Orchesterkunst verarbeitet. Es ist faszinierend, wieviel Seele man entdecken kann, wenn Komponisten von Rang echte Volkskultur ernst nehmen – und nicht Fließbandarrangeure sie zu Schlagerkitsch verwursten.

Sibelius' Karelia-Suite entfaltet in Raiskins Interpretation schön die dialektische Spanne zwischen naturverbundener Poetik, schlichter Beschwingtheit und ausgreifendem Pathos, die für den finnischen Komponisten so typisch ist. Rhythmische Prägnanz zeichnet das Orchesterspiel ebenso aus wie diesmal gut verschmolzene Register. Ergebnis  ist ein farbenreicher, durchhörbarer Klang, ob beim Vorbeizug einer Jagd, beim volkstümlichen Choral oder im aufschäumenden Marsch.

Das Gespür des Orchesters für Sibelius wird nochmal bei dessen 1. Sinfonie deutlich, die den Abend beendet: Fabelhaft die energetischen Spannungen, mit denen das Werk wellenartig von einer kleinen Klarinettenmelodie zu hymnischer Monumentalität entwickelt wird. Zwischen den beiden Sibelius-Stücken etwas ganz anderes: die hebräische Rhapsodie „Schelomo“ für Cello und Orchester von Bloch und das Cello-Konzert von Korngold. Beide spielt Solist Julian Steckel mit dem Koblenzer Orchester auch für eine CD mit Werken jüdischer Komponisten ein.

Unverkennbar sind Blochs Wurzeln in der jüdischen Kultur. Hier Schmerz, Zweifel, Wehmut; da Sinnenfreude und Lust am Leben. Unverkennbar auch, dass es sich bei Steckel nicht nur um einen begnadeten Cellisten handelt, sondern um einen, der sich tief eingearbeitet hat in diese Gefühlswelt. Er spielt einen klaren, sauberen, singenden Celloton, in den Höhen strahlend, in den Tiefen mit schier kontrabassigem Volumen schnurrend, brummend, röhrend. Wie Solist und Orchester hier intensive Zwiesprache halten über das Leben, rührt an.

Geht es bei Bloch um salomonische Daseins-Reflexion, so bei Korngold um eine kinoreife   Dreiecksgeschichte in Musikerkreisen. Das Cellokonzert deckt sich über weite Strecken mit seiner Musik zum Film „Trügerische Leidenschaft“ („Deception“ mit Bette Davis, 1946). Das auf szenische Dramatik abzielende Wesen dieser Musik ist unüberhörbar. Gleichwohl gelingt es Steckel, Raiskin und der Rheinischen daraus ein Klangerlebnis zu machen, das nicht nur Cineasten zu fesseln vermag.
                                                                      Andreas Pecht 

(Erstabdruck am 16. November 2009)   

Julian Steckel, Rheinische Philharmonie, Daniel Raiskin, Werke von Sibelius, Block, Korngold, Kritik            
 
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