Thema Musik
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2009-08-30 Feature/Konzertkritik:

Fünf große Mendelssohn-Sinfonien an einem Abend beschlossen die 9. Mittelrhein Musik Momente
 

Marathon mit zwei Staatsorchestern
und Chor

 
ape. Vallendar. Im Verlauf der 1. Sinfonie eine wunderbare Passage gewitzter Munterkeit, in der sich über einen gezupften Streicherteppich eine klare Klarinettenmelodie erhebt. Zu Tränen rührend das Adagio der 3. Sinfonie mit einem großen Gesang innerer Befriedung von den Celli. Am Ende das erhebende Bad in den gewaltigen Klangkaskaden, die Solisten, Chor und großes Orchester mit der Sinfonie-Kantate Nr. 2. B-Dur in die große Pilgerrundkirche der Schönstätter in Vallendar ergießen.


Drei berührende Höhepunkte von vielen, die auch das Schlusskonzert der neunten Mittelrhein Musik Momente (MMM) zu dem machten, was das Erleben großer Kunst bedeuten kann: Wiederentdeckung des menschlich Wesentlichen in uns, wieder einmal oder ganz neu eigene Substanz jenseits von Zahlen, Fakten, Nutzeffekten spüren. Kann die ungewöhnliche Konstruktion der Veranstaltung – zwei ausgewachsene Konzerte zu einem fast sechstündigen Abend mit allen fünf großen Sinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy zu bündeln – jene Kunstwirkung verstärken, vertiefen?

Ein Teil des Publikums hat mit dieser Frage ohnehin nichts zu tun, denn es machte von der Möglichkeit Gebrauch, nur je eines der beiden Konzerte zu besuchen. Das erste bestritt das Staatsorchester Rheinische Philharmonie (SRP) mit den Sinfonien 1, 3  und 5 . Das Koblenzer Orchester präsentiert sich als geschlossener Klangkörper mit Selbstbewusstsein und Spielfreude wie nicht alle Tage. Von der  gelegentlich bekrittelten Hakeligkeit bei den Violinen diesmal keine Spur: Auch der Geigenapparat schnurrt wie ein optimal synchronisiertes Uhrwerk, atmet eine gemeinsame musikalische Beseelung. Wie auch immer das erreicht wurde, es ist gut getan.

Daniel Raiskin dirigiert den gesamten Abend, beide Konzerte.
Trotz zweier kleiner Pausen und einer einstündigen Hauptpause ist ihm am Ende die Anstrengung doch anzusehen. Der Konzertmarathon im 200. Geburtsjahr Mendelssohn Bartholdys hinterlässt auch bei jenen Besuchern Spuren, die das ganze Programm mitmachen. Von der Musikerleistung beeindruckt, das Herz übervoll von intensiven Anrührungen durch die wunderbaren kleinen-feinen Ziselierungen und großen emphatischen Bögen in der Musik dieses Komponisten, strömen wir in die lange Pause.  Und eigentlich wär's jetzt genug des musischen Glücks für einen Tag.

Schichtwechsel: Die Koblenzer Musiker gehen, die Staatsphilharmonie aus Ludwigshafen, der Mainzer Domchor  und Gesangsolisten kommen. Ist’s Ermüdung der Sinne oder liegt es am anderen Orchester, dass der getreue Hörer in der zweiten Häfte des langen Abends von der vierten Sinfonie und dem orchestralen Teil der zweiten weniger gepackt wird?
Man mag sich ungern vorwerfen lassen, einen Heimbonus zu geben. Aber der (subjektive) Eindruck ist doch: Hinsichtlich Esprit, Spielfreude, auch Durchhörbarkeit ist das Koblenzer Orchester dem  größeren aus Ludwigshafen zumindest an diesem Abend einen Kick voraus. Nicht dass die Pfälzer schlecht wären. Aber es fehlt das enthusiastische Tüpfelchen auf dem I.

Bestechend allerdings der Mainzer Domchor im abschließenden „Lobgesang“. Schönes, sattes Volumen bei fabelhaft ausgeglichenen Registern. Eine für  die Amateurlandschaft sehr hoch stehende Singekultur. Schön auch Caroline Melzers Sopran, in diesem Werkumfeld vielleicht etwas zu opernhaft gefärbt.
Die Würdigung Mendelssohn Bartholdys durch Aufführung seiner fünf Sinfonien en bloc war in summa ein bemerkenswertes Erlebnis. Und doch würde man im Interesse wacher, aktiv hinhörender, empfindungsintensiver Musikrezeption im Nachhinein für eine Verteilung auf zwei Abende plädieren - wie 2007 bei diesem Festival mit Beethovens fünf Klavierkonzerten erfolgreich geschehen.

Erfreuliches vom Rande der Veranstaltung: Auch wenn SRP-Intendant Rainer Neumann und SRP-Orchesterdirektorin Frauke Bernds alsbald das MMM-Leitungsteam und Koblenz verlassen, wird das mittelrheinische Musikfestival fortgesetzt. Das sei, dem Vernehmen nach, beschlossene Sache.                                                                                                                        Andreas Pecht

(Erstabdruck am 31. August 2009)

 
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