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2009-03-29a Schauspielkritik:

Molières Komödienklassiker ist in Bonn
bloß laute Ulknudelei

„Der Geizige“ als depperter Hanswurst

 
ape. Bonn.  Erstes Bild: Der eiserne Vorhang hermetisch geschlossen, als sei die Bühne  ein Tresor. Zweites Bild: Die dürstere Wand leicht gelüpft,  lugt eine bäuchlings in Reihe liegende Gesellschaft hervor und trällert quietschvergnügt den ollen Abba-Hit „Money, Money, Money“. Drittes Bild: Ein leerer, holzgetäfelter Raum, wo  junge Leute auf Schaukeln sich ihre Liebe erklären. Viertes Bild: Das stahlgrau ausgekleidete Büro des Herrn Harpagon, darin ein paar historische Möbel und allerhand elektronische Alarmanlagen von heute – ein bewohnter Tresor.

Es ist die treffliche Kulisse von Gesine Kuhn, die  Molières „Der Geizige“ in den Godesberger Kammerspielen der Bühnen Bonn den Hintersinn erhält: Liebe und Leben leidend unter einer  Diktatur der Gier nach Geldvermehrung. Aktueller als eben jetzt war die Komödie aus dem Jahr  1668 lange nicht. Und es ist der Flirt zwischen Élise und Valère, der  gleich zu Anfang den schauspielerischen Höhepunkt von Patricia Beneckes Inszenierung bildet.

Wie Helge Tramsen, übermütig schaukelnd, schwärmerisch die Größe der Liebe seiner Figur glaubhaft zu machen sucht. Wie Maria Munkert sich ziert und windet, dem Manne glauben möchte, aber dem Männlichen misstraut. Dies jugendliche Getändel ist frisch, keck, mit vielerlei auch frivolen Unter- und Zwischentönen famos herausgespielt. Dazu passt noch halbwegs der Auftritt von Arne Lenk als Élises Bruder Cléante.

Die beiden Harpagon-Kinder lieben, doch der Alte hat andere Pläne mit ihnen. Und die gehorchen allemal der Devise: Wo und wie kann er für sich mit gezielten Verheiratungen einen ordentlichen Extraprofit herausschlagen. Mit dem Auftritt von Wolfgang Rüter in der Titelrolle kriegt das vielversprechend begonnene Spiel indes einen deutlichen Schlag in Richtung Knallchargen-Posse.

Der Geizige als bloß depperter Hanswurst, die Tochter   dann hysterische Kreischgöre, der Sohn dümmlicher Geck – und das übrige Personal ebenfalls dick und immer dicker daherkalauernd. Das alles ist von krachlederner Lustigkeit, die jenes doppelbödige Charakterspiel auf der Strecke lässt, das  Molière ursprünglich kunstvoll dem Stil der Commedia dell’arte beigefügt hatte.

Nachher tritt die Inszenierung mit dem Auftauchen eines dumpfbackenen Chauvi-Kommissars in Lederkluft  vollends in die Gefilde brachialer Ulknudelei über. Der Typ soll dem gebrochenen Harpagnon seinen heiligen Fetisch, die verschwundene Geldkassette, wiederbeschaffen. Bis dahin hatten wir gelegentlich noch gegackert und geprustet. Von da an strengte uns das bemühte Spiel, trotz einiger schöner Bilder im Äußeren, doch sehr an.                                                                                   Andreas Pecht

Info/Karten: www.theater-bonn.de

(Erstabdruck am 30. März 2009)

Molière, "Der Geizige", Bühnen Bonn, Regie: Patricia Benecke

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