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2009-02-05 Romankritik:

"Mitsukos Restaurant",
der neue Roman von Christoph Peters

 
Edel-Sushi im rheinischen Wirtshaus

 
ape. Ein Wirtshaus Marke Wandererheim vor den Toren irgendeiner Kleinstadt irgendwo am Mittelrhein.  In der Küche führt Mitsuko das Regiment, eine Japanerin, der Christoph Peters' neuer Roman seinen Titel verdankt. Sie richtet Wurstplatten an und brät Schnitzel – betreibt aber derweil zusammen mit dem über beide Ohren in sie verliebten Küchengehilfen Achim den Ausbau der Kneipe zum Gourmettempel für fernöstliche Köstlichkeiten.
 
Wie die meisten bisherigen Romane von Peters steht auch „Mitsukos Restaurant“ mit einem Bein fest in der deutschen Provinz, während das andere sich in fremde Welten hinaustastet. Das war so bei seinem Debüt „Stadt Land Fluss“, für das er 1999 den Aspekte-Literaturpreis erhielt. Darin ging es um den Werdegang eines jungen Mannes vom Dörfler zum Stadtmenschen. In Roman  „Ein Zimmer im Haus des Krieges“ von 2006 beleuchtete der lange in Mainz lebende und mit mehreren rheinland-pfälzischen Preisen gewürdigte Autor den Wandel eines V-Manns der Koblenzer Kripo zum Isalmisten.

Diesmal ist es der besagte Küchengehilfe, den die Sehnsucht nach dem Anderen, hier nach der geheimnisvollen altjapanischen Kultur umtreibt. In den 1980ern, als hierzulande Sushi-Bars noch ziemlich unbekannt waren,  hatten Student Achim und Freund Wolf eigens einen Trip nach Düsseldorf gemacht, um echte Japan-Küche zu erleben. Das Geld reichte dann aber nur für einen 0-8-15-Chinesen. Zehn Jahre später bleibt der Gelegenheitsschauspieler Achim bei einer seiner einsamen Wanderungen durch die Vordereifel dort hängen, wo Mitsuko besser kocht als der Maitre de Cuisine am Hofe des Tenno.

Vorne schenkt Mitsukos deutscher Lebensabschnittsgefährte lautstarken Tresenstehern  Obstschnäpse ein. Hinten in der Küche entspinnt sich zwischen Achim und Mitsuko ein ambitionierte Kochbemühungen begleitendes Spiel der Blicke, Gesten, Berührungen, ein scheuer Tanz unausgesprochener Vermutungen und Hoffnungen auf Liebe.

Aus dem Zusammenführen von einander ureigentlich fremden Elementen bezieht dieser Roman seinen Reiz. Deutsche Dorfkneipe versus japanische Hochküche; deutscher Jungmann mit kulturellem Fernweh versus Japanerin, die der Enge ihrer heimischen Familienstruktur entflohen ist; rheinische Bodenständigkeit versus interkulturelle Weltläufigkeit; Tradition versus Moderne beiderseits. Diese Spannungsverhältnisse geht Peters mit leisem Humor an und mit jener fast zärtlichen Lakonie für provinzielle Spießigkeit, wie sie Autoren oft eigen ist, die selbst in der Provinz wurzeln.

Zugleich umfließt „Mitsukos Restaurant“ ein steter Hauch leiser Melancholie. Der rührt einerseits von Rückblenden auf eine uralte Samurai-Geschichte, die so unglücklich enden muss, wie andererseits die Gegenwartshandlung nicht in ein Happy-End einmünden kann. Nach vorübergehendem Zustrom deutscher Liebhaber japanischer Gaumenfreuden sowie obskurer japanischer Gäste aus der Schönheitsklinik von Achims Jugendfreund Wolf, brechen die Protagonisten schließlich wieder auf zur Suche nach dem Glück in der Fremde – jeder für sich.

Das Wirtshaus wird, was es war: Einkehr für durstige Ausflügler mit Hausmacher und Schnitzel auf der Karte. Wo die Klause steht, bleibt ungewiss: Südlich von Bonn, der Rhein ist nicht weit; die nahe Kleinstadt nennt der Autor „A.“; den Weiler, zu dem das Wirtshaus gehört, ruft er „Gurschebach“. Diesen Ort kennt hier keiner, und doch kommt er uns bekannt vor – wie das romantische Sehnen nach dem sagenumwobenen Anderen auch.
                                                                                     Andreas Pecht 

Christoph Peters: „Mitsukos Restaurant“, Luchterhand, 416 S., 19,95  Euro

(Erstabdruck am 7. Februar 2009)


2006-09-14 Romankritik:
Christoph Peters Roman "Ein Zimmer
im Haus des Krieges"


 
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