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2008-05-15 Feature:  
Querschnitt durchs Ballett von heute

„TanzArt“-Festival macht Station in Koblenz: 
Stil-Vielfalt von fünf Compagnien
 
ape. Koblenz. Zum dritten Mal machte das alljährliche Festival „TanzArt ostwest“ auch im Stadttheater Koblenz Station. Neben der hiesigen Compagnie von Anthony Taylor zeigten Ballettensembles der Theater in Gießen und Nordhausen sowie zwei freie Gruppen einen Querschnitt durch die vielgestaltige Tanzkunst der Gegenwart.
 
KOBLENZ. Es gibt in der Kulturwelt bisweilen seltsame Phänomene. Da erfreut sich das  Koblenzer Ballett seit geraumer Zeit sehr ordentlicher Besucherzahlen. Für den einen „TanzArt“-Abend pro Jahr reicht es indes bloß zum halb gefüllten Stadttheater. Was schade ist, denn diese zwei Stunden ermöglichen hiesigen Ballettfreunden einen spannenden Blick über den örtlichen Tellerrand – ohne dass sie in die Ferne reisen müssten.

„TanzArt“, im Jahr 2000 vom Gießener Ballettchef Tarek Assam initiiert und von der EU gefördert, ist in Gießen ein mehrtägiges gesamteuropäisches Festival. Eine sich jeweils anschließende Tournee bringt einige Teilnehmergruppen in diverse  Städte. So stellte sich die Koblenzer Compagnie dieses Jahr etwa in Gießen und in Belgien vor. Zum hiesigen Gastabend steuerte sie  nun Ausschnitte aus den Taylor-Produktionen „Nussknacker“ und „Zwielicht“ bei. Dazu kamen zwei kleine Tänzer-Choreografien, die für einen Abend „Junge Choreografen“ am Stadttheater entstanden sind. Der war ursprünglich für die laufende Saison geplant, wird nun aber in die nächste verschoben – aus Gründen, für die das Ballett selbst nichts kann.

Bei den Arbeiten von Melanie Bürkle und Yao-Yi Hsu handelt es sich um Etüden im neoklassischen Stil. Streng und dicht gewoben, werden in beiden Quartetten gruppendynamische Prozesse untersucht: in Bürkles „Mein Weg“ zwischen zwei Männern und zwei Frauen, in Yao-Yi Hsus „Clouds in the Wind“ nach der Musik von Avo Pärt zwischen einer Frau und drei Männern.

Die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen heute sind dominanter Aspekt auch bei den meisten Gastbeiträgen. Sieben Tänzer vom Stadttheater Gießen packen das Thema mit zwei Pas de Deux und einer Ensemble-Nummer an. So unterschiedlich die Choreografien ausfallen, sie bewegen sich doch stets zwischen den Spannungspolen Zuwendung und Ablehnung, Gemeinsamkeit und Einsamkeit, Liebe und Aggression. Und während die stilistischen Wurzeln der Gießener eindeutig in Modern Dance und jüngerem Ausdruckstanz auszumachen sind, pflegen die beiden Protagonisten des Theaters Nordhausen in ihrem melancholischen Liebestanz „Abschied“ eine Art gefühlig überzeichneter Neoromantik.

Von anderer Art sind die Beiträge  aus der freien Szene. Zwei Tänzerinnen der Compagnie Irene K. verweben Sinti-Folklore mit Palucca-Stil. Die Solistin Melanie Clarke zeigt eine Bewegungsstudie die klassische Elemente mit den gebrochenen Impulsen des Avantgardisten William Forsythe verknüpft.
Aber man musste derartige Fachspezifika nicht kennen, um beim „TanzArt“-Abend    in der interessanten Stil-Vielfalt tanztechnischer und ästhetischer Ausdrucksmöglichkeiten zu schwelgen. Weshalb auch die Frage nach dem Gewinner der Veranstaltung nur eine Antwort erlaubt: das interessierte Publikum.                                                                        Andreas Pecht

(Erstabdruck am 16. Mai 2008)

Theater Koblenz, "TanzArt"-Festival, Feature
 
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