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2008-01-24 Porträt/Feature:
Seit 60 Jahren stellen sie
gemeinsam aus


Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler
am Mittelrhein (AKM)


 
ape. Er kommt gerade von einer „Sitzung beim Dekanat“ der katholischen Kirche in Koblenz. Dort wurden Form und Ablauf einer Veranstaltung namens „Aschermittwoch der Künstler“ besprochen. Er, das ist Georg Ahrens, 1947 in Koblenz geborener, heute in Weibern lebender Bildhauer. Wir sitzen in einem Koblenzer Kaffeehaus zusammen, um über die AKM zu sprechen, deren Vorsitz Ahrens seit 1999 innehat. AKM? Die derart abgekürzte „Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein“ zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigen Säulen der Kultur am Mittelrhein – und ist doch dem breiten Publikum selbst am Ort kaum bekannt. Dabei gehörten und, so sie noch leben, gehören die meisten derer, die es seit Ende des Zweiten Weltkrieges mit Hammer und Meißel, Pinsel und Spachtel, Fotoapparat oder anderen Werkzeugen hierorts zu künstlerischen Ehren gebracht haben, dieser Künstlervereinigung an.
 
Zu vermelden ist eine Neuigkeit, die selbst Mitglieder der AKM überraschen dürfte: Die derzeit rund 40 Künstler umfassende Gemeinschaft kann schon in diesem Jahr 60. Geburtstag feiern, nicht erst 2009. Denn wie Ahrens zwischen Kaffee, Weinschorle und Selbstgedrehten der schwärzesten Sorte erzählt, hätten seine Recherchen ergeben:  Zwar datiere die erste Ausstellung der AKM in Koblenz auf das Jahr 1949, aber die Vereinigung selbst sei schon 1948 aus der Taufe gehoben worden. Initiator und Gründungsvorsitzender war der Maler Hans Dornbach; ihm folgten im Amte Ludwig Thormaehlen, Hanns Altmeier, Carlfritz Nicolay. Von 1993 bis zu seinem Tod 1999 war der Fotograf und Maler Manfred Stiebel Vorsitzender, dann übernahm Ahrens.

Die AKM wird also heuer 60. Und auch wenn die Gruppe der mittelaltrigen Künstler von 40 bis um die 60 Altersjahre im Augenblick die stärkste ist, so entspricht die AKM in ihrer Zusammensetzung doch noch immer der Gründungsidee, wonach sie drei Generationen umschließen soll.  Die Dauerhaftigkeit dieser Vereinigung kann per se als Phänomen betrachtet werden. Denn Künstler sind in der Regel Einzelgänger, weshalb die Kunstgeschichte zwar Künstlergruppen zuhauf kennt, denen in den meisten Fällen indes nur eine kurze Lebensdauer beschieden war: Die „Darmstädter Künstlerkolonie“ beispielsweise brachte es auf 15 Jahre, „Die Brücke“ auf acht, „Der blaue Reiter“ auf knapp vier.

So gesehen, ist die AKM ein Methusalem. Mit fünf bis sieben Ausstellungen pro Jahr allerdings ein lebhafter. Eckpunkte der Aktivitäten sind die alljährlich zwei Gemeinschaftsausstellungen: „Form + Farbe“ im Herbst sowie eine jeweils am Aschermittwoch beginnende Schau. Nach wechselnden Ausstellungsorten in der Frühzeit gab es 1964 die erste Präsentation im Koblenzer „Haus Metternich“. Kräftiges Zupacken der Künstler hatte seinerzeit das desolate Geburtshaus des berühmt-berüchtigten Fürst Metternich wieder nutzbar gemacht. Mitte der 70er erfuhr das Gebäude am Münzplatz mit Hilfe von Bund, Land und Stadt eine Totalrenovierung. Seither wird der Bau „Künstlerhaus Metternich“ genannt, darf als Kleinod in der historischen Altstadt gelten und bietet der AKM 400 qm Ausstellungsfläche.

Zu den beiden Gruppen-Präsentationen kommen Einzel- und Viererausstellungen, Retrospektiven älterer AKM-Mitglieder sowie Gastausstellungen oder die Sonderreihe „Unsere Nachbarn“. Man denkt großräumig, weltläufig: Im globalen Zeitalter gelten Kollegen auch aus China als Nachbarn und erstreckt sich das Einzugsgebiet für die AKM-Mitgliedschaft von Speyer bis Düsseldorf und von Trier bis zum Vogelsberg. Kunstqualität geht vor heimatkundlicher Kleinstaaterei, sagt Ahrens, sinngemäß. Qualitätsansprüche galten immer, gelten weiter auch für die Aufnahme neuer Mitglieder. Nicht jeder hobbymäßige Pinselschwinger oder Fotoknipser kann mitmachen. Rupp, Rump, Hangen, Bruchhäuser, Schwippert, Roeder, Buhr, Kassung, Wendels, Andernach, Pröbstle … , die willkürlich aus AKM-Katalogen gezogenen Mitglieder umreißen einen illustren Kreis ernsthafter, professioneller, anerkannter Künstler.

Eben frage ich Ahrens, wie man Mitglied wird, da tritt eine junge Frau an unseren Kaffeehaustisch und fragt: „Kann ich mal bei ihnen ausstellen?“ Sie überreicht dem AKM-Vorsitzenden schüchtern einen kleinen Katalog über eigene Werken und erhält den Bescheid: „Wir schauen uns das an und melden uns.“ Keine bestellte Szene, purer Zufall – man kennt sich in der Szene. Sollten die Arbeiten der Frau vielversprechend sein, erklärt Ahrens später das Procedere, würde sie eingeladen, als Gast in einer Gruppenausstellung etwas zu zeigen. Drei mal müssen Anwärter „Gastauftritte“ bestreiten, bevor die Gemeinschaft über eine Aufnahme entscheidet.

Nehmen wir den Vereinsvorsitzenden pars pro toto: Georg Ahrens selbst kam auf eben diesem Gast-Weg 1973 zur AKM, nachdem er sich im Anschluss an Steinmetzlehre und Bildhauer-Studium ins freischaffende Künstlertum gestürzt hatte. Was bewegte ihn, der AKM näherzutreten? „Die Suche nach Ausstellungsmöglichkeiten für mich, natürlich.“ Ein Beweggrund, den niemand in der Künstlervereinigung anrüchig findet, denn eben zu diesem Zweck wurde sie 1948 gegründet: „Die AKM ist der freie Zusammenschluss einiger zwanzig Maler und Bildhauer des Hunsrücks, der Eifel und des Westerwaldes, um gemeinsam auszustellen,“ heißt es in der Gründungsproklamation. Und weiter: „Ihre Bindung beruht auf gegenseitiger Wertschätzung“.

Beide Aussagen zusammen sind vermutlich der Grund für die Dauerhaftigkeit dieser Gemeinschaft. Ein klar umrissener, allen zugute kommender Vereinszweck und eine Offenheit, die Festlegungen auf künstlerische Stile und Schulen oder gesellschaftspolitische Programmatiken ausschließt. Ob gegenständlicher Maler, Konstruktivist oder Dadaist: Die AKM bietet allen Heimstatt – und die nicht eben kleine Zahl jährlicher Ausstellungen hinreichend Gelegenheit, sich auch untereinander auszutauschen. „Mehr Vereinsleben braucht es nicht“, meint Ahrens. Dennoch hätten vor allem junge Künstler allein mit dem Wort „Verein“ ihre Probleme, muss der Vorsitzende seit seinem Amtsantritt 1999 verstärkt feststellen.

Zwar habe die Vereinigung seither ihr Gesicht vollkommen verändert, seien 50 Prozent der Mitglieder Neuzugänge. Aber: „Die Jungen werden an den Kunstakademien systematisch auf Einzelkämpfertum getrimmt. Eine Ausstellung in Koblenz wird gerne mitgenommen, doch eigentlich will jeder gleich ins Guggenheim. Und wenn du fragst, wie’s denn mit ein bisschen Engagement in der AKM stehe, gehen die Rollläden runter,“ klagt Ahrens. Existenzielle Probleme hat die AKM trotzdem nicht. Es gibt immer noch junge Künstler, die den Wert einer solchen Vereinigung erkennen. Andere erinnern sich später gerne an den Mittelrhein zurück. Wieder andere gewinnen Bodenhaftung, wenn sie mit 40 erleben müssen, dass Kunstförderung in Deutschland überwiegend Nachwuchsförderung ist, sie also nun rausfallen; und dass vom Boom des Kunstmarktes nur eine sehr kleine Anzahl Künstler wirklich was hat.

Georg Ahrens überlegt, ob und wie man zur Herbstausstellung dem Faktum gerecht werden könnte, dass die AKM ein Jahr früher als gedacht 60 wird. Vielleicht mit einem etwas opulenteren Katalog-Buch. Zunächst allerdings gilt es, den „Aschermittwoch der Künstler“ über Bühne zu bringen. Da wäre am 6. Februar zunächst um 10 Uhr der seit 1982 zum populären Selbstläufer gewordene Künstler-Gottensdienst in der Herz-Jesu-Kirche. Da wäre um 12 Uhr im Künstlerhaus Metternich die Eröffnung der Aschermittwochs-Ausstellung der AKM. Die dauert bis 24. Februar und kann täglich (außer Montag) von 14 bis 17 Uhr besucht werden.                                                                          Andreas Pecht

Infos/Kontakt: www.akm-koblenz.de


(Erstabdruck 4. Woche im Januar 2008)  

Artikel, Arbeitsgemeinschaft Bildender Künstler am Mittelrhein (AKM), 60-jähriges Jubiläum
 
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