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2008-01-16 Kommentar: 
Heuschrecke in Aktion

Zur Nokia-Schließung in Bochum

ape. Vorgänge wie die beabsichtigte Schließung des Nokia-Werkes Bochum erschüttern das  Vertrauen der Menschen in die Marktwirtschaft mehr, als es linke Kapitalismuskritik jemals könnte. Denn es geht diesmal nicht etwa um eine veraltete und deshalb unrentable Fabrik. Der Weltkonzern Nokia will vielmehr eine hochmoderne und durchaus effektive Produktionsstätte schließen, mit der zuletzt richtig Geld verdient wurde. Warum das? Weil die Unternehmensleitung darauf spekuliert, mit einem neuen Werk in Rumänien die Profitrate noch einmal steigern zu können. Verboten ist das nicht, und leider im Grunde ein normaler Vorgang im globalen Heute – was indes besagte Vertrauenserschütterung eher verstärkt als mildert.

Im Falle Nokia wird die Empörung auf Seiten von Belegschaft, Öffentlichkeit und auch  Politik durch zwei weitere Faktoren befeuert. Erstens haben die Beschäftigten, als es dem Werk vor einigen Jahren schlecht ging, erhebliche Opfer gebracht, um die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Statt nun in besseren Zeiten mit Zuschlägen und Arbeitsplatzsicherheit zu danken, macht das Unternehmen den Laden dicht, zieht einfach weiter, um an anderem Ort aus einer anderen Belegschaft noch mehr herauszuholen. Das leidige Heuschrecken-Bild drängt sich zwangsweise auf.

Der zweite empörende Faktor besteht aus rund 90 Millionen Euro Steuergeldern, die Nokia über die Jahre als Fördermittel vom Land NRW und vom Bund erhalten hat. Warum, wozu? Um die Arbeitsplätze in Bochum zu sichern. Die vertragliche Bindung ist abgelaufen, für den Konzern sind die deutschen Steuermillionen somit verbucht und vergessen. Für den Fabrikbau in Rumänien sind dann womöglich EU-Mittel hilfreich - was nicht nur beim NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) den Verdacht nährt, Nokia sei obendrein eine „Subventions-Heuschrecke“. Denn die Lohnkosten allein sind als Umzugsgrund kaum stichhaltig: In Bochum schlagen sie mit bloß vier Prozent der Produktionskosten zu Buche.

Deutschland will die Nokia-Arbeitsplätze behalten, logisch. Rumänien will sie bekommen, was man den Ost-Nachbarn nicht übel nehmen kann. So steht mal wieder ein Nationalinteresse gegen das andere. Derweil spielt der Global Player, der Weltkonzern, als lachender Dritter Standort gegen Standort gegen Standort aus. Auch das ist normal heutzutage – zumindest so lange, wie Politik und Gewerkschaften solchem Treiben nicht ebenfalls auf internationaler Ebene entgegentreten.
                                                             
 Andreas Pecht

(Erstabdruck am 17. Januar 2008)

Werkschließung Nokia in Bochum, Kommentar
 
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