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2007-11-29 Kommentar:
Freuen, und gleich wieder an die Arbeit

Zu den Ergebnissen der jüngsten IGLU- und PISA-Studien
 
ape. Unsere Schüler und Schulen sehen diesmal im internationalen Vergleich besser aus. Darüber darf man sich für einen Moment guten Gewissens freuen. Mag die jetzige Pisa-Studie auch mit ihren beiden Vorläufern nicht recht vergleichbar sein, so zeigen ihre Ergebnisse doch: Erstens gibt es ein paar Bereiche, in denen haben hiesige Schüler richtig was drauf. Dass Umweltwissen dabei ganz vorne steht, dessen muss man sich ja nicht schämen. Zweitens hat der Pisa-Schock von 2001 spürbar Bewegung in die deutsche Bildungslandschaft gebracht. Was insbesondere die erfreulichen Fortschritte unserer Grundschüler beim Lesen belegen. Geht doch! Möchte man ausrufen. Wo ein Wille ist, gibt es auch Wege. Ob die vornehmlich von der Politik oder eher von jenem Ruck geebnet wurden, der seit Pisa I durch Lehrerkollegien und Elternhäuser ging, ist eine andere Frage. Wie immer man sie beantwortet, es lassen sich so oder so Reserven finden, die noch mobilisiert werden können.

Gestattet sei also ein Moment der Freude – sofern er nicht zu Selbstgefälligkeit ausartet. „Deutschland hat die besten Schulen Europas“, zu diesem Satz verstieg sich jetzt Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Und genau auf solche Impulse kann die Republik liebend gerne verzichten. Der Satz ist falsch, ist Unfug: Weil er dem Land eine heile Schulwelt vorgaukelt; weil er suggeriert, wir stünden in Sachen zeitgemäßer Bildungsoptimierung kurz vor dem Ziel. In Wahrheit haben wir eben erst die Startlinie überschritten. Platz 11 bei Iglu, Platz 13 bei Pisa III: Sämtliche Besonderheiten der diesmaligen Erhebungen herausgerechnet, verbergen sich dahinter erfreuliche, aber allenfalls kleine Fortschritte, keine riesigen Vorwärtssprünge.

Die Zahl der Ganztagsschulen hat zugenommen; gut so. Die sprachliche Frühförderung wird ausgebaut; prima. In einigen Bundesländern setzt die Differenzierung nach Schultypen nun etwas später ein; zumindest die grobe Richtung stimmt.  In Schulen und Elternhäusern wird wieder mehr gelesen; wunderbar. Aber: Noch immer sitzen in deutschen Klassenzimmern oftmals mehr als 25 Schüler. Noch immer funktioniert das Schulsystem in weiten Teilen als soziale Selektionsmaschine. Noch immer ist das Prinzip nicht durchgesetzt  „wir lassen keinen am Wegesrand zurück“.  Und noch immer mangelt es den Lehrern an Bedingungen und Werkzeugen, den ersten und obersten Grundsatz der pädagogischen Zunft in der heutigen Realität umsetzen zu können: Jedes Kind ist ein individueller Fall, der des individuellen Forderns und Förderns bedarf.

Bis zur Behebung dieser grundlegenden Schwächen ist der Weg noch weit. Die jetzigen Resultate von Iglu und Pisa sollten als Motivation verstanden werden, ihn entschlossen und zügig zu beschreiten. Stattdessen verteufelten gestern erstmal einige Politiker Warnungen vor allzu selbstgefälliger Deutung der Ergebnisse. Falsche Konsequenz!             Andreas Pecht


 
(Erstabdruck am 30. November 2007)
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