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2007-11-15 Romankritik:
Zoe Jenny kriegt die Kurve nicht

Auch der neue Roman "Das Portrait" bleibt um Klassen
hinter dem "Blütenstaubzimmer" zurück
 

ape.
Vor zehn Jahren erschien mit „Das Blütenstaubzimmer“ der erste Roman von Zoe Jenny. Die Kritik jubelte über das Debüt der jungen, klugen, hübschen Schweizerin. Das Buch wurde ein Renner, die Verfasserin als „literarisches Fräuleinwunder“ etikettiert. Drei Jahre später kam „Der Ruf des Muschelhorns“. Von da an wurde es ungemütlich für die Erfolgsverwöhnte: Die Kritik hatte auf ein weiteres Wunder gehofft und nur einen mäßigen Roman bekommen über ein bei Groß- und Adoptiveltern aufwachsendes Mädchen.

2002 machte „Ein schnelles Leben“ dem Fräuleinwunder vollends den Garaus: Die Romeo-und-Julia-Story zwischen Deutschtürkin und Skinhead geriet unter Trivialverdacht. Zoe Jenny nahm eine fünfjährige Auszeit und jetzt, mit 33 Jahren, einen neuen Anlauf. Die Hoffnung war groß, die reifere Frau könne an der Höhe ihres Erstlings anknüpfen. Dem ist leider nicht so: „Das Portrait“ mag als gehobene Unterhaltungslektüre durchgehen, zur Literatur von Rang fehlt ihm jedoch allerhand.

Die Story erinnert an Schauerromantik. Junge Malerin wird von Millionär engagiert, ihn während dreimonatiger Klausur auf dessen Anwesen gegen eine Unsumme von Honorar zu porträtieren. Der lukrative Auftrag erweist sich als Pakt mit dem Teufel: Dem Alten ist das Porträt nur Mittel zum Zweck; er will das ganze künstlerische Potenzial dieser Helen einsaugen, es mitsamt der Frau seinem düsteren Reich in weltabgeschiedener Villa einverleiben. Ein Leidensweg aus Isolation und ängstigenden Umständen soll die Frau gefügig machen.

Stoff genug, sich daran abzuarbeiten. Jenny indes legt mit Rückblicken nach. Helen und ihr Bruder wachsen als Waisenkinder bei einer verarmten Tante auf. Beide verfügen über künstlerische Hochbegabungen, die sie gegen soziale Widrigkeiten entfalten müssen – er als Pianist, sie als Malerin. Er gibt Klavierunterricht in einer winzigen Wohnung. Sie haust und malt in einer kalten Mansarde. Dort entdeckt sie ein renommierter Galerist, widmet ihr eine Ausstellung, wo besagter Millionär auftaucht.

So wird „Das Portrait“ ein Märchen mit Neigung zum schauerlichen Psychothriller, in dem diesmal zum guten Ende die Prinzessin das Biest nicht erweicht, sondern in seiner Bosheit einsam zurücklässt. Man könnte die Story auch als Abrechnung mit dem Vampirismus des Kunstbetriebes lesen. Wenn, so wäre es eine Abrechnung ohne Biss: Zu sehr ist das Buch überfrachtet mit stereotypen Motiven, entsprechenden Personal und einer Sprache, die jeweils zur nächstliegenden Profan-Wendung greift.

Man hätte sich ein anderes Schicksal für die sympathische und anfangs so viel versprechende Autorin gewünscht. Aber vielleicht bewahrheitet sich hier einmal mehr die alte Weisheit: Manche Schriftsteller können eben nur einen einzigen großen Roman schreiben.                                                                      Andreas Pecht 

Zoe Jenny: „Das Portrait“. Frankfurter Verlagsanstalt,
204 S., 19,90 Euro

(Erstabdruck am 16. November 2007)
 
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