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2007-11-07 Romankritik:
Des Autors Arbeit am Requiem
auf einen Freund

Bodo Kirchhoffs  Roman "Eros und Asche"
 
ape. „Eros und Asche“ hat Bodo Kirchhoff sein jüngstes Werk genannt und als „Freundschaftsroman“ untertitelt. Ein Buch, das nach Auskunft des Ich-Erzählers auf den letzten Wunsch des 58-jährig verstorbenen Freundes M. zurückgeht. „Pack unsere Dinge in einen Roman!“, soll der einstige Internats-Kumpan, der nachher als ketterauchender Bücherwurm aus seiner bürgerlichen Arztwelt gefallen ist, dem Schriftsteller kurz vor dem Tod gehustet haben.

Eros und Asche durchwirken die Erinnerungen „des Schreibenden“ an diese  Freundschaft, die zwei Jugendliche bis zum Studium verschweißt.  Erste Mädchenumarmungen erleben sie im Internat. Dort auch die Lust auf Literatur, auf die Renitenz der 1960er, auf dazugehörige Musik, auf Schreiben, Grübeln, Fantasieren. Gemeinsamkeiten, die nachher auf getrennten Erwachsenen-Wegen verglühen wie die miteinander gequalmten Zigaretten.

Gemeinsamkeiten, die mit dem Altern eine neue, sich in sporadischen Kontakten erschöpfende Wiederbelebung der Freundschaft stiften. Damit verbunden das Sehnen nach einer Gefährtenschaft in mannigfachen Lebensabenteuern. Aber das begreift der Erzähler erst während des Erzählens, während der Zusammensetzung seiner Erinnerungen an M. mit Erinnerungstücken anderer.

Kirchhoffs Roman ist nicht das Requiem auf M. selbst, sondern die Schilderung der Arbeit daran. Ein Monate währender Prozess, in dem des Schriftstellers Alltag aus Schreiberei, Lesungen, Erzählseminaren, Ehe-Momenten sich vermischt mit den Recherchen und dem Nachdenken über den verstorbenen Freund. Die Selbstentblößung des Autors ist beträchtlich, bisweilen in Eitelkeit kippend, überwiegend aber von berückender Intensität wie kluger Befragung des Verkehrs der Menschen miteinander und mit sich selbst.

Pendelnd zwischen Dadscha am Gardasee, Heim in Frankfurt, Verpflichtungen in Warschau, Berlin und anderswo, forscht Kirchhoff nach dem, was die Freundschaft mit M. war, hätte sein können, aber nicht mehr geworden ist. Ein melancholisches Spiel mit Möglichkeiten, deren Umsetzung am Sosein M`s scheiterte. In diesem begegnet uns eine Figur, deren Scheitern am Normalen auch eigensinnige Größe ausstrahlt.

Wo der Ich-Erzähler die Welt bereiste, zu Ehren, Geld, Familie kam, schwieg M. über die Armut inmitten seiner Bücher-Höhle, spintisierte stattdessen Geschichten von  Abenteuern draußen und mit willigen Frauen. Was interessiert mich die Wahrheit einer Geschichte, wenn es nur eine gute Geschichte ist – nach dieser Devise baute sich M. ein eigenes Leben neben dem Leben. Kirchhoff betrauert die Tragik des Freundes ebenso wie die  Unfähigkeit, ihm zu helfen.

Dass der Erfolgreiche dem Gescheiterten keinen Gefallen getan hätte mit einem Hineinhelfen in „tatsächliche“ Abenteuer, dieser Gedanken scheint dem Autor fern zu liegen. Der Freund verließ die ungeliebte Realität, indem er sich, zurückgezogen in schönste Natur, sehenden Auges zu Tode rauchte. Weshalb bei allem Bemühen Kirchhoffs, nachgetragene Nähe zum Verstorbenen herzustellen, doch ein großes Befremden bleibt. Und eben das macht den Roman wirklich interessant.                   Andreas Pecht

Bodo Kirchhoff: "Eros und Asche". Frankfurter Verlagsanstalt,
 280 Seiten, 19,90 Euro
 
 
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