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2007-09-17 Schauspielkritik 
"Medea" zwischen Antike und Moderne


 Klaus Weise tut sich in Bad Godesberg schwer mit dem uralten Stück von Euripides
 
ape. Bad Godesberg. Wenn Klaus Weise sich ans Regiepult setzt, kommen gewöhnlich Abende heraus, die Hand und Fuß haben. Klassische Stoffe mit gegenwärtigen Darstellungsformen anzupacken, gehört zu den Stärken des Chefs der Bonner Bühnen. Und kaum je blieb bei ihm die obligate Frage nach einer Inszenierungsidee derart offen, wie jetzt leider bei der „Medea“ von Euripides in den Godesberger Kammerspielen der Bühnen Bonn.
 
Dass er dem gesprochenen Wort popige bis avantgardistische Musikteile beigesellt und ans Ende wichtiger Aussagen  krachende Geräuschpunkt setzt , nun gut. Man hat das eben so heute im Sprechtheater – als würden die Regisseure dem Text der Stücke und der Spielkunst ihrer Akteure nicht mehr genug sinnliche Bindekraft für ein multimedial geprägtes Publikum zutrauen.  Schwerer wiegt, dass diese Inszenierung des zweieinhalb tausend Jahre alten Stückes sich nicht zwischen antikischem Demonstrationsspiel und neuzeitlichem Betroffenheitstheater entscheiden kann.

Die Bühnenaktion bleibt überwiegend statuarisch. Medea, Jason, Erzieher, Amme, Chor erzählen und deuten erzählend, was geschieht; was die Zeitläufe im Äußeren und die Protagonisten im Inneren bewegt. So weit, so antik; mögen auch der Erzieher (Peter Nitzsche) aus unerfindlichem Grund im Comedy-Sprech prollen und die drei versierten Chordamen sich ihrer Aufgabe in schrillem Strandoutfit entledigen.

Erzählt wird die Geschichte einer Ehetragödie, endend mit der blutigen Rache der vom Gatten zugunsten einer besseren Partie verstoßenen Medea: Die Rasende mordet ihre Nebenbuhlerin, deren königlichen Vater Kreon (Bernd Braun) und schließlich die mit Jason gezeugten eigenen Kinder. Das wird erzählt, nicht vorgeführt. Doch dabei bleibt es in Godesberg nicht.

Während Kornelia Lüdorff als berichtende Amme einigermaßen Distanz hält, stürzen sich Raphael Rubino als recht hausbackener Jason und Xenia Snagowski als Medea mit Verve in die Abgründe bürgerlichen Psychospiels. Da hauen sie sich dann verbal das Küchengeschirr um die Ohren. Der Mann ein verlogener Rechtfertiger, die Frau eine zeternde Megäre. Hochdramatisch, aber doch sehr äußerlich, als folge man beflissen den Anweisungen des Schauspielhandbuches für Tragödienausdruck. Es steckt viel Talent in Xenia Snagowski, aber die gebrochene Wahrheit des Menschlichen ist in ihrem Spiel noch nicht zur Reife gelangt.

Stark das Bühnenbild von Manfred Blößer. Zwischen raumteilenden Balkenstapeln, rückwärtigem Guckkasten, schräger Rampe und seitlichen Aufbauten in Form von düsterem Turm und wuchtig-abstrakter Stadtmauer böte es vielerlei Möglichkeiten. Weise nutzt sie für kühl-konstruktivistische Bild-Arrangements. Die sind interessant anzuschauen, beantworten aber auch nicht die Frage nach der Inszenierungsidee.
                                                                                    Andreas Pecht

(Erstabdruck am 18.09.2007)

 
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