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2007-08-16 Vorbericht:
Felix, Fanny, Arnold -
die Mendelssohns kommen

13. Koblenzer Mendelssohn-Tage 2.9. bis 6.10: Musikfestival testet neue Wege
 
ape. Koblenz. So ums 13. Lebensjahr beginnen die Fragen nach Lebensperspektiven. Pubertät nennt sich das beim Menschen. Solch eine Orientierungsphase gibt es auch bei Kultureinrichtungen: Die Kinderkrankheiten sind überstanden, Lebensberechtigung und langer Atem bewiesen, große und kleine Erfolge wurden eingefahren. Kurzum, die junge Einrichtung hat sich etabliert – womit dann für gewöhnlich die Zeit anbricht, über fernere Entwicklungspotenziale nachzudenken. So etwa steht es auch mit dem 1995 ins Leben gerufenen Musikfestival „Koblenzer Mendelssohn-Tage“, das am 2. September in eben seinen 13. Jahrgang mit fünf Konzerten und einem Vortrag startet.

 
Bis 2006 stand dem Festival und dem ihn tragenden Verein Gründerin Veronika Leggewie vor. Unter ihrer Ägide sind die Mendelssohn-Tage herangewachsen zur festen Institution im  Kulturleben am Mittelrhein und zu einem angesehenen Element in jener bundesdeutschen Szene, die sich aus professionellem oder Liebhaber-Interesse in besonderer Weise Werk und Leben des romantischen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) widmet. Eine Vielzahl interessanter Konzerte in Koblenz waren die eine Seite dieser ersten Lebensphase des Festivals, die diskursive Auseinandersetzung mit Felix und seinem Umfeld die andere: Der Koblenzer Mendelssohn-Verein gab zwischen 2002 und 2006 fünf Büchlein heraus, in denen die mit dem Herbst-Festival verbundenen Frühjahrs-Vorträge dokumentiert sind.

Besondere Verdienste erwarben sich die Mendelssohn-Tage um die Würdigung von Fanny Hensel, geb. Mendelssohn Bartholdy, der Schwester von Felix. Auch sie eine begnadete Musikerin und Kompositeurin - wegen der damaligen Stellung als Frau letztlich jedoch gehindert, ihr Talent voll zu entfalten. Dennoch: Nicht zuletzt dank dem Koblenzer Beispiel, fanden einige ihrer Werke verstärkt den Weg in die Konzertsäle. Wie das nun mal so ist im Vereinsleben: In Phasen der Neuorientierung gibt es Reibereien, drängen sich oft auch personelle Wechsel auf. Veronika Leggewie zog sich aus dem Verein zurück, Hans Courbier wurde neuer Vorsitzender.

Was macht der neue Vorstand – dem der vorherige künstlerische Leiter Bernhard Steiner und Dramaturg Johannes Stein weiter angehören – anders? Er konnte etwas mehr Unterstützergeld beitreiben und legt damit bei der Werbung einen Schritt zu. Er setzt teils auf andere Konzertlocations, etwa Koblenzer Görreshaus und Stadttheater. Vor allem aber entzerrt er - mit der Hoffnung auf wachsenden Publikumszuspruch - die zeitliche Abfolge. Konzentrierten sich die Mendelssohn-Tage bislang auf ein Wochenende, so erstrecken sie sich von nun an über einen Monat, in diesem Jahre vom 2. September bis zum 6. Oktober. Drei Jahre lang will der Vorstand diesen neuen Rhythmus testen, danach entscheiden, ob es dabei bleibt oder man sich etwas anderes überlegen muss.
 
„Felix, Fanny, Arnold: Nomos-Quartett spielt Mendelssohn“, so der Titel des Auftaktkonzertes am 2.9. im Görreshaus. Ein programmatisches Konzert, weil dadurch auch signalisiert wird, dass nach dem Wechsel im Vorstand inhaltlich wichtige Traditionslinien der Mendelssohn-Tage fortgesetzt werden. Etwa die Pflege des Schaffens von Fanny Hensel. Oder die Verstärkung des Augenmerks, das das Festival schon in jüngerer Vergangenheit gelegentlich auf einen anderen Abkömmling der Mendelssohn-Familie richtete: Arnold Mendelssohn (1855 – 1933), einen Großneffen von Felix. Dem breiten Publikum eher unbekannt, ist dieser Arnold Kennern der Chorliteratur ein Begriff: Erstens als Chor-Komponist, und zweitens als Zentralfigur der kirchenmusikalischen Erneuerungsbewegung in den 1920/30er-Jahren, vor allem als Wiederentdecker, Förderer und Herausgeber der Passionen von Heinrich Schütz. Diesem Thema widmet sich auch der Festvortrag am 22.9. im Horchheimer Teehaus, das auf das einstige Sommer-Domizil der Familie Mendelssohn am Ort zurückgeht.

Arnold ist heuer bei den Mendelssohn-Tagen mit etlichen seiner Vokalwerke vertreten. Etwa bei der „Musikalischen Vesper“ am 22.9. in St. Maximin zu Horchheim, die vom SüdWestDeutschen Kammerchor bestritten wird und daneben Vokalmusik von Schütz und Felix aufweist. Tags darauf, am 23.9., wird beim großen Chorkonzert in der Rhein-Mosel-Halle mit WDR-Rundfunkchor und –orchester Mendelssohn Bartholdys Opus 42 „Wie der Hirsch schreit…“ Arnolds Kantate „Zagen und Zuversicht“ zur Seite gestellt. Weil die Koblenzer Mendelssohn-Tage sich als innovatives Musikfestival verstehen, wenden sie sich verstärkt der noch weniger bekannten Seite von Arnold Mendelssohn zu: seinem Instrumental-Oeuvre. Eingebunden ins Chorkonzert sein Cellokonzert g-Moll; beim Auftaktkonzert mit dem Nomos-Quartett zwischen Streichquartetten von Felix und Fanny auch Arnolds 2. Werk dieses Genres.

Zum Festivalprogramm gehören auch zwei Konzept-Konzerte. „Aus der Stille …“ ist der Abend am 9.9. überschrieben. Stille und Musik scheinen ein Antagonismus. Und doch ist Stille Bedingungsfaktor für Musik wie für das Leben selbst. Weshalb viele Komponisten sich mit dem Phänomen Stille auseinander gesetzt haben. So Mendelssohn Bartholdy in „ Meeresstille und glückliche Fahrt“, Charles Ives in „The unanswered Question“ oder der Avantgardist John Cage in seiner ebenso legendären wie „sehr leisen“ Komposition „4.33“. Zu diesen Werken treten in Koblenz solche, die vom Verstummen ihrer Komponisten zeugen: Franz Schuberts „unvollendete“ 7. Sinfonie sowie Mendelssohn Bartholdys nur bis zur Skizzenreife gediehenes Klavierkonzert e-Moll. Diese Skizzen hat unlängst Marcello Bufalini zum Konzert vervollständigt, das an dem von der Rheinischen Philharmonie bestrittenen Abend in Koblenz erstmals zu hören ist.

Mit dem zweiten Konzept-Konzert, der „Nacht der Lieder“, enden die Mendelssohn-Tage am 6.10. im Stadttheater. Ausführende sind das jetzt aus Musikern der Rheinischen Philharmonie eigens gegründete Koblenzer MendelssohnEnsemble, Mezzosopranistin Monica Mascus, Tenor Marcus Ullmann und der erstmals nach seinem internationalen Durchbruch mit Bachs „Goldberg-Variationen“ wieder in Koblenz auftretende Pianist Martin Stadtfeld. Wagner, Chausson, Reger, Mahler, Mendelssohn Bartholdy, Schumann und Schubert stehen auf dem Programm: Beginnend mit Werken für große Kammerbesetzung und Sänger, reduzierend auf immer kleinere Besetzungen. Bis schließlich Sänger und Pianist unter sich sind, am Ende selbst die Sangesstimme verstummt und Martin Stadtfeld mit Flügel und Franz Schuberts Sonate B-Dur allein auf der Bühne bleibt.
                                                                                       Andreas Pecht

Programm- und Karteninfos: www.mendelssohn-koblenz.de   

 
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