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2007-08-14 Romankritik:
Ausbruch aus dem Ehe-Trott

Monika Marons Roman "Ach Glück": Wie die Frau auf den Hund kommt und dadurch vom Gatten los
 
ape. Monika Maron gab mit ihrem jüngsten Roman den Startschuss zum literarischen Herbst. „Ach Glück“ lautet der Titel - ein Ausruf zwischen Lakonie und Resignation oder dem Durchatmen vorm letzten Versuch, das flüchtige Gefühl doch noch zu packen. Wie der Titel, so die Romanheldin: Johanna, eine Frau der Generation 50plus und dem Leser bekannt aus dem Vorgängerroman „Endmoränen“ von 2002. Der endete damit, dass die Frau einen verwahrlosten Hund aufliest und ihn mitbringt ins Eheheim, wo Gatte Achim tagein, tagaus über Kleist forscht.

Mit dem Hund beginnt das neue Buch; und mit „einem jener merkwürdigen Blicke, die er (Achim, kein Hundefreund) seit einiger Zeit schon an ihr bemerkt“. So „ein ruhiger, abwartender, zugleich herausfordernder Blick …, als wartete sie auf seinen Widerspruch, nur um zu erklären, warum er (Achim) ihr gleichgültig war und an ihren Plänen nichts, gar nichts ändern würde.“ Wenn also die Gattin Dinge tut, die sie vorher nie getan (Hund!), und wie beschrieben schaut, dann sollten Alarmglocken den Mann aufscheuchen und in Grübelei über den Zustand seiner Zweisamkeit stürzen. Andernfalls…?

Andernfalls packt Madame die Koffer, setzt sich ins Flugzeug nach Mexiko, um dort mit der greisen Freundin eines russischen Kunsthändlers nach der Surrealistin Leonora Carrington zu suchen. So macht es Johanna in „Ach Glück“ – vom Phlegma des Ehemanns und dem  Lebensgeist des Hundes angespornt. Ob sie in Mexiko das Glück findet, erfahren wir nicht. Spielt auch keine Rolle. Was zählt, ist der Aufbruch. Besser: der Ausbruch.

Ausbruch aus einer ziemlich normalen, stinklangweiligen Ehe: Kinderlose Tochter in Amerika, Datscha im Osten, eingestandener Seitensprung des Mannes, ihre nicht gestandene Nacht mit dem Kunsthändler; ansonsten alle Tage das Ewiggleiche. 13 Stunden dauert der Flug; Zeit zum Erinnern, wie das alles gekommen ist. Wie der Kleist-Forscher und die Biografienschreiberin von der leisen Widerständigkeit gegen das DDR-System im vereinten Deutschland in belangloses Nebeneinanderherleben rutschen konnten.

Herrschte in „Endmoränen“ noch die Ich-Perspektive Johannas, erzählt Maron in „Ach Glück“ aus wechselnder Perspektive von den Sichten beider auf die Malaise ihres auseinander fließenden Lebens. Eine Drift, die sich Achims Begreifen entzieht. Er sucht nach dem anderen Mann im Spiel, findet ihn nicht und weiß dann nicht mehr, wonach er überhaupt suchen soll. Ein Frauenversteher ist er keiner. Abseits von Kleist scheint Lebensklugheit seine Sache nicht. Die Autorin lässt ihm auch kaum eine Chance – was er wohl verdient hat.

Stoffe wie dieser füllen Ratgeber zuhauf. Marons Roman ist freilich aus anderem Holz: 218 Seiten Literatur, die weder zu raten hat, noch Lebensanleitungen zu verbreiten. Ruhig im Ton, versiert und unprätentiös im Stil wird hier in großer Gelassenheit von den Dingen des Lebens erzählt. Von dem, was andere erfahren haben und darüber gedacht. Und siehe, das betrifft den Lesenden – auch wenn die Hundenarretei ihn bisweilen nervt.             Andreas Pecht 

Monika Maron: „Ach Glück“. S.Fischer, 218 S., 18,90 Euro

 
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