Thema Kultur
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2007-04-28 Vorbericht:
Geschichte(n) von hier auf der Bühne

Blücher in Kaub, Schinderhannes in Freiheit
 und ein rheinisches Mietshaus im Jahr 1923
 
ape. Nördliches Rheinland-Pfalz. Am 20. August 1799 geschah im Hunsrück-Städtchen Simmern Unerhörtes: Der Räuberhauptmann Schinderhannes entfloh auf geheimnisvolle Weise aus dem Arrestturm. Am 31. Dezember 1813 brach über das Rhein-Örtchen Kaub die Weltpolitik herein: Feldmarschall Blücher setzte mit seiner Armee hier über den Strom, um Napoleon den Garaus zu machen. Im Spätsommer 1923 hatten einfache Leute im Rheinland Mühe, sich der Bedrängnis durch Separatistenaufstände und Inflation zu erwehren.
 
Bewegte Zeiten. Für Simmern und Kaub begründeten sie bis heute wirkende Berühmtheit. Die wird im Kultursommer 2007 an beiden Orten in Form neuer Festivals aufgegriffen: Schinderhannes-Festspiele hier, Blücher-Tage da. Theater spielt dabei eine zentrale Rolle. Wie auch im dritten Fall, wo die beinahe vergessenen rheinischen Ereignisse von 1923 per Theater erinnert werden. Drei mal Geschichten aus der heimatlichen Geschichte. Derenb szenische Verarbeitung bauen allerdings nicht auf pittoreske Heimatnostalgie, sondern spüren dem Menschlichen und Allzumenschlichen im Getümmel der großen Ereignisse nach.

Schinderhannes. Der war ein Räuber, kein Robin Hood, auch wenn Legenden ihn gerne so sähen. Das Stück „Der Ausbruch“ beschönigt da nichts, aber sein Thema ist auch ein anderes. Wer hat dem Hannes warum 1814 zur Flucht aus dem „ausbruchsicheren“ Gefängnis von Simmern verholfen und den 20-Jährigen damit unsterblich gemacht? Die Liebe einer Wächtersgattin, die Korruptheit eines Beamten, politische Ranküne oder ein Husarenstück der Räuberbande? Von all dem geht seit Generationen die Rede, nichts ist bewiesen. Bei sechs Aufführung (14.6.-23.6.) stellen die Simmerner Laienspieler um Stückautor Michael Becker und Regisseur Guenther End die Möglichkeiten nach, dem Publikum zur Erwägung und zur Unterhaltung. 

Agieren im Hunsrück engagierte Amateure, so in Kaub erfahrene Theaterprofis um den Autor, Produzenten und Regisseur Ralf Lohr. Ihr Bühnenthema ist die Legende von der Begegnung des Feldmarschalls Blücher mit den Kauber Rheinschiffern, deren Hilfe er bedurfte, um seine Pioniervorhut übers Wasser zu bringen. Ohne die heimischen Schiffer keine Rhein-Querung der Armee – Grund genug für den Kommandeur der antinapoleonischen Europafront, in der Kirche zu Kaub das Gespräch mit dem Volk zu suchen. Historische Wahrheit oder Mär?  Für Lohrs Stück ist das nachrangig.

Die halbstündige Inszenierung, die über Pfingsten in der evangelischen Kirche des Ortes mehrfach aufgeführt wird, ist eine Fiktion, spielt mit denkbaren Möglichkeiten. So hätte auch es sein können: Dass ein rebellischer Zeitgenosse dem Blücher Paroli bietet; dass der Feldmarschall, von seinen Alters-Sympathien für Aufklärung und Freimaurerei getrieben,  aus der Rolle fällt; dass die Schiffer sich womöglich frei entscheiden können. Das im Auftrag des Kultursommers produzierte Bühnenwerk will zwischen Markttreiben, Böllerschießen und militärhistorischer Schau der Blücher-Tage (26.5-28.5.) in Kaub einen ganz eigenen Akzent setzen.

Von Schinderhannes im 18. Jahrhundert über Blücher im 19. zur  Theatergruppe „Schauspiel im Denkmal“, deren neues Stück „Das Mietshaus“ im 20. Jahrhundert spielt. Genauer: 1923 im Rheinland, irgendwo zwischen Koblenz und Bonn – dort, wo die deutsche Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg völlig groteske Züge annahm. Mit dem Kartoffelsack  als Geldbeutel zum Einkaufen, von Separatisten bedrängt und Saboteuren bedroht: So zwischen Inflation, Weimarer und Rheinische Republik gepresst, werden die Leut’ im „Mietshaus“ wütend, gemein, hysterisch, depressiv. Was tun, wie leben? Davon erzählt das Profiensemble in diesem choreografischen Schauspiel von Axel Hinz, das im Juni und Juli in Koblenz und anderen Orten des nördlichen Landesteiles aufgeführt wird.                                                             Andreas Pecht


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Infos zu den vorgestellten Projekten:

www.schinderhannesfestspiele.de
www.kaubamrhein.de
www.schauspiel-im-denkmal.de
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