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2007-03-27 Feature: 
Kultur lässt das Kloster wieder leben

Abtei Rommersdorf: Ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement mit Erfolg
 
map. Ortstermin am Abend. Dunkelheit umhüllt den Besucher, als er über das holprige Kopfsteinpflaster in den Hof der Abtei Rommersdorf fährt. Doch in einem der alten Gebäude brennt Licht: Dort, in einem kleinen Raum mit knarrenden Dielen, sitzen dienstags knapp ein Dutzend Männer mit einer Mission. Sie wollen die 890 Jahre alte ehemalige Abtei am Rande des Neuwieder Stadtteils Heimbach-Weis erhalten und mit Leben füllen. Das gelingt heuer ganz gut. Die alten Klostergemäuer sind zu einer kleinen, aber extrem feinen Spielstätte für Kulturveranstaltungen aller Art geworden. Die jüngere Geschichte der Abtei Rommersdorf ist ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement mit nachhaltigem Erfolg.
 
Es ist kein Geheimnis: Kleinode mit jahrhundertealter Tradition und Geschichte gibt es im Rheintal viele. Und nach bisweilen beschwerlichen Jahren des Massentourismus setzen manche dieser alten Burgen, Schlösser, Klöster und Kirchen heute individuelle Akzente. Auch wenn die Abtei Rommersdorf nicht mehr ganz im Welterbe Oberes Mittelrheintal liegt und auch von Passagieren auf weißen Ausflugsdampfern kaum erspäht werden kann, muss sie sich nicht verstecken. Die ehemalige Prämonstratenser-Abtei am Rande des Neuwieder Stadtteils Heimbach-Weis leuchtet mittlerweile zwischen Bäumen und Sträuchern hervor. Zu verdanken hat das Areal seinen heute guten Zustand 18 Neuwieder Bürgern, die den Charme des barocken Gemäuers vom hartnäckigen Staub wechselhafter Historie befreit haben.
 
1972 nahm sich eine Art Bürgerinitiative der ehemaligen Abtei an, wollte sie aufpolieren und den Menschen zugänglich machen. Das Bild, das sich damals bot, war – so berichten Zeitzeugen – desaströs. 150 Jahre lang bewohnten Tiere das Anwesen. Die Landwirtschaft hatte sich das Kloster zu Eigen gemacht. „In der Kirche lag oben das Heu und Stroh und unten grunzten die Schweine“, erklärt heute Hans Altpeter, Geschäftsführer der Abtei-Rommersdorf-Stiftung, bei Führungen den Besuchern. Genutzt wurde bis in die 1970er-Jahre ausschließlich das Hauptgebäude. Kreuzgang oder Kirche dienten als Lagerstätte oder zerfielen. Selbst der malerische französische Garten war mit Obstbäumen bepflanzt.

 Schon ein kurzer Blick in die Chronik der Abtei zeigt, dass sie in ihrem langen Leben mehr Abs als Aufs erlebt hat: 1117 wurde das Kloster durch eine Stiftung von Reginbold von Rommersdorf gegründet. Seitdem bevölkerten und pflegten immer wieder Geistliche die Abtei. 1803 wurde sie im Zuge der Säkularisierung aufgelöst, etliche Brände und der Lauf der Zeit ließen die Gebäude zu Ruinen zerfallen, 1912 bestanden lediglich noch Kirche und Turm, ihr Zustand war bedauernswert. Damit sollte es 1972 ein Ende haben. Die damaligen Eigentümer trennten das Kernareal des Klosters heraus, das dann in den Besitz der Abtei-Rommersdorf-Stiftung überging. „Hier hat man erst eine Ruine gestiftet und dann Geld gesammelt“, erinnert sich Hans Altpeter. Das Kapital der Stiftung war also quasi wertlos, Finanzen mussten her. Diese komme bis heute aus dem Fördererkreis der Abtei, der die Stiftung durch Spenden und Mitgliedsbeiträgen überlebensfähig macht. „Das ist ein teurer Spaß“, bemerkt Horst Bleidt, Geschäftsführer des Fördererkreises. Doch augenscheinlich lohnt es sich. Investiert wurden seit den 1970er-Jahren sechs Millionen Euro, 1985 war die Abtei wieder in einem vorzeigbaren Zustand, 1989 bekam die Kirche ihre Haube zurück.
 
„Wir wollten das Kloster erhalten“, sagen heute die damals beteiligten Neuwieder. Sie machen kein großes Aufheben um ihr Engagement, freuen sich vielmehr leise über das Erreichte und stellen sich in den Dienst der Abtei. Immer sonntags und feiertags bieten sie von Ostern bis Allerheiligen offene Führungen an – ehrenamtlich natürlich. Und gelegentlich leistet der harte Kern des Fördererkreises auch Hand- und Spanndienste bei anstehenden Arbeiten. Aber die Abtei Rommersdorf sollte kein totes Museum sein, schon zu Beginn der Stiftungs-Ära war klar: Menschen sollen das klösterliche Anwesen bevölkern. Das tun beispielsweise die Mitarbeiter des Landeshauptarchivs, das eine Außenstelle in der Abtei unterhält. Außerdem konnten zwei Wohnungen vermietet werden. „Das ist für uns eine wichtige Einnahmequelle“, betonen Altpeter und Bleidt. Doch auch ein kultureller Auftrag verbindet sich mit der Abtei: Zwei Kultur-Reihen mit interessantem Konzept geben dem ehemaligen Kloster einen besonderen Klang: Im Sommer beleben auch dieses Jahr wieder unter dem Motto „Menschen, Masken und Musik“ Schauspieler und Zuschauer die Abtei. Aufgeführt werden Stücke für Kinder und Erwachsene auf einer Open-Air-Bühne oder in der Kirche.

Veranstalter der Rommersdorf-Festspiele (22. Juni bis 13. Juli) ist die Stadt Neuwied, die froh ist, die Abtei nutzen zu können. „In Neuwied entspricht es einer langjährigen Tradition, kulturelle Veranstaltungen an geschichtsträchtigen Spielstätten anzubieten“, betont Rolf Straschewski, Leiter des Stadtmarketings. Ziel sei es, ein Programm für unterschiedliche Altersgruppen und Liebhaber verschiedener Sparten anzubieten. „Die wilden Hühner“ oder „Das kleine Gespenst“ sind beispielsweise zwei der fünf Kindertheaterstücke, die dieses Jahr im Juni und Juli angeboten werden. Hinzukommen Theater und Musik für Erwachsene wie etwa William Shakespeares „Was Ihr wollt“ oder ein Ausflug in die Pop-Musik mit den SWR3 Live-Lyrix. Bestandteil der Rommersdorf-Festspiele sind 2007 zudem wieder drei Konzerte des Festivals RheinVokal, das sich in diesem Jahr den Volksliedern und „Volkstönen“ in Europa widmet. Zum Konzertsaal wird die  Abtei auch schon früher im Jahr: Die Kreuzgang-Konzerte (7. Mai bis 4. Juni) bieten Rock, Pop oder Folk. Die Stadt Neuwied erkennt in dem ehemaligen Kloster also Potenzial, auch für die nächsten Jahre. „Die Zukunftsperspektiven der Abtei als Kulturspielstätte schätze ich durchaus positiv ein. Der aktuelle Vorverkauf lässt jedenfalls für dieses Jahr darauf schließen“, sagt Straschewski.
 
Angst vor der Zukunft haben Stiftung und Fördererkreis ebenfalls nicht. Die Vermietung der Räume für private Veranstaltungen läuft gut. „Für dieses Jahr sind wir schon ausgebucht“, so  Stiftungschef Altpeter. Allerdings plagen den Fördererkreis – wie so viele Vereine – Nachwuchssorgen, obwohl die Mitgliederzahl zurzeit bei stattlichen 622 liegt. Mit Jugendlesungen und anschließender Disco startet der Fördererkreis immer wieder Initiativen zur Jugendwerbung. Eine nachhaltige Entwicklung fehlt zwar noch, die ersten Zeichen sind aber gesetzt. „Wir suchen nach jungen Leuten, die sich engagieren“, wirbt daher Horst Bleidt vom Fördererkreis. Mit den beiden städtischen Kulturveranstaltungen Kreuzgangkonzerte und Festspiele ist der Weg in diese Richtung eingeschlagen, Schulkinder lernen die Abtei kennen, der Bekanntheitsgrad steigt. Außerdem hält eine junge Theatergruppe ihre Proben in Rommersdorf ab und bei den Festspielen führt die Theater-AG des Neuwieder Rhein-Wied-Gymnasiums ihre Produktion „Ein Sommernachtstraum“ auf. „Die Rommersdorf-Festspiele bieten jungen Neuwieder Nachwuchskräften eine willkommene Gelegenheit, ihr schauspielerisches Talent unter professionellen Bedingungen zu demonstrieren“, begründet Stadtmarketing-Chef Straschewski dieses Angebot. Die Marschroute ist damit klar: Die Abtei Rommersdorf soll sich als Ort der Kultur etablieren.

Marco Pecht
 
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Infos zur Abtei, zu den Kreuzgangkonzerten und den Festspielen im Internet: www.neuwied.de.
 
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