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2007-03-19 Analyse Teil 2:
Autos und Flieger müssen mitziehen

Dritte Welt braucht Kompensation - Der holprige  Weg zum Klimaschutz, Teil 2
 
ape. So wenig es derzeit an großen Worten für den Klimaschutz mangelt, so wenig mangelt es auch an tatsächlichen Hindernissen auf dem Weg dorthin. Es gibt sie auf internationalem Feld, aber auch in Deutschland selbst. Manche sind mehr, manche gar nicht begreiflich.
 
In der internationalen Politik gehört zu den großen Stolpersteinen des Klimaschutzprozesses das Problem, dass Entwicklungsländer und Schwellenländer von den „alten“ Industrieländern erhebliche Vorleistungen bei der CO2-Reduktion erwarten. Mit Recht. Denn erstens stammt der Großteil der in den letzten 200 Jahren in die Atmosphäre geblasenen Klimagifte aus den Schloten und Auspuffrohren der Industrienationen. Zweitens ist das bis heute so – wenngleich die fortschreitende Industrialisierung der dritten Welt deren Anteil an der globalen CO2-Emission teils sprunghaft wachsen lässt.

ES GEHT ANS EINGEMACHTE

Die industrielle Entwicklung in Europa und Nordamerika vernutzte bis weit ins  20. Jahrhundert Wasser und Luft als kostenlose, bis in die Gegenwart als billige Ressource. Es ist daher verständlich, dass Entwicklungs- und Schwellenländer sich schwer tun, bei ihrer industriellen Aufhol-Entwicklung nun gewaltige Umweltschutzkosten zu akzeptieren. Weil anders globaler Klimaschutz aber nicht möglich ist, wird es ohne wirtschaftliche und technologische Kompensation durch die reichen Länder nicht funktionieren. Da geht es dann ans Eingemachte, an Geld, Wettbewerbsvorteile, marktbeherrschende Stellungen, strategische Interessen.

Hindernisse auf dem Weg zu effektivem Klimaschutz gibt es auch hier daheim reichlich. Zwei Sprüche waren in den letzten Wochen häufig zu hören, wenn konkrete Maßnahmen in Deutschland zur Diskussion gestellt wurden: „Wir brauchen keine Symbol-Politik“ und „es gibt bessere Möglichkeiten, die CO2-Emissionen zu senken.“ Diese Einwände werden beispielsweise gegen ein Tempolimit auf  Autobahnen und gegen die Einbeziehung des Flugverkehrs in den CO2-Handel vorgebracht. Selbstredend sind die fettesten Batzen an CO2-Reduktion bei der Energieerzeugung, in der Industrie und mit Gebäudedämmung zu erzielen. Dennoch ist das Abwiegeln bei Auto und Flugzeug  ungerechtfertigt.

Angesichts der erwarteten Steigerungsraten im Flugaufkommen wird sich der Luftverkehr zu einem Giganten unter den CO2-Emittenten entwickeln. Die Regierung Großbritanniens hat unlängst errechnet, dass die Luftfahrt bis 2050 rund ein Drittel des britischen CO2-Ausstoßes ausmachen würde, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Wie? Zuerst muss der Luftfahrt Wettbewerbsgerechtigkeit zugemutet werden. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum alle übrigen Verkehrsmittel Kraftsstoffsteuer zahlen müssen, Flugzeuge aber steuerfrei tanken. Es gibt ebenfalls keinen  Grund, warum Industrie, Handel und Privatpersonen zum Energiesparen bewegt und künftig nach dem Verursacherprinzip stärker an Umweltkosten beteiligt werden sollen, der Luftverkehr aber nicht. Dass der  Flug von Köln nach Rom weniger kostet als die Bahnfahrt von Koblenz nach Hannover, ist absurd.

Als jüngst der Vorschlag für ein Tempolimit auf Autobahnen aufkam, setzten die bekannten Abwehrreflexe wieder ein. Darunter das Argument: Das bringe wenig, weil ohnehin „freie Fahrt“ kaum noch möglich sei. Seltsamerweise kapriziert sich die Diskussion stets auf eine Wirkung, die ohnehin allenfalls ein Nebeneffekt des Tempolimits wäre: Die unmittelbare Spriteinsparung durch Kappung der Geschwindigkeitsspitzen im jetzigen Autobahnverkehr.

TEMPOLIMIT MIT WIRKUNG

Die wichtigste ökologische Auswirkung eines Tempolimits besteht aber in etwas ganz anderem: Würde Deutschland mit dem Großteil Europas gleichziehen und die Höchstgeschwindigkeit auf ca. 130 km/h begrenzen, dann gäbe es keinerlei Veranlassung mehr, Autos zu bauen, die schneller fahren können. Die Fahrzeuge könnten leichter, die Motoren ganz anders dimensioniert werden. Folge: Der Kraftstoffverbrauch – egal ob konventionell oder bio – würde nicht nur beim Autobahn-, sondern beim gesamten PKW-Verkehr deutlich sinken.

„Alles überflüssig – wir haben auf den Klimawandel sowieso keinen Einfluss, weil er eine Laune der Natur ist.“ Diese Position gibt es noch,  wenngleich sie inzwischen doch erheblich in die Minderheit geraten ist. Spätestens seit dem UN-Klimabericht steht für die meisten Wissenschaftler wie für den überwiegenden Teil der Öffentlichkeit außer Zweifel: Der Klimawandel wird von uns Menschen verursacht, zumindest aber tragen wir maßgeblich dazu bei.

VERDRÄNGEN HILFT NICHT

Unstrittig ist, dass es erdgeschichtlich immer Klimaschwankungen gegeben hat. Unstrittig ist auch, dass die Entwicklung des Homo sapiens an Wärme geknüpft war, und dass eine Warmphase wahrscheinlich den Schritt zum neuzeitlichen Zivilisationsmenschen erst ermöglichte. Unstrittig ist ferner, dass die Erde sich im Moment in keiner Eiszeitphase befindet. Daraus jedoch für den jetzigen Klimawandel zu schließen, nicht der Mensch selbst, sondern die Natur sei verantwortlich, das erinnert an die selbsttäuschende Logik des Rauchers: Nicht jeder Raucher bekommt Lungenkrebs und nicht jeder Lungenkrebs kommt vom Rauchen.

Die Einlassung unseres Tabakfreundes ist völlig korrekt, wie auch die Feststellung natürlicher Klimaschwankungen völlig korrekt ist. Leider ändert das in beiden Fällen nichts an grundlegenden Wirkzusammenhängen: Tabakkonsum verursacht Lungenkrebs und exorbitant hohe CO2-Emissionen verursachen einen Treibhauseffekt – wenn wir Pech haben, zusätzlich zu einer natürlichen Warmphase. Es wäre eine feine Sache, hätte der Klimawandel bloß natürliche Ursachen. Wir müssten uns weder Gewissensbisse machen, noch um Klimaschutz kümmern. Wir bräuchten auch unsere Lebensweise nicht umzukrempeln – zumindest solange die Wetterentwicklung uns ließe. Dieser Gedanke hat indes eine  unangenehme Kehrseite: Wir könnten ursächlich nichts, aber auch gar nichts gegen die heraufziehende Klimakatastrophe unternehmen.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass wir fast froh sein müssen über den sehr hohen menschlichen Anteil am stattfindenden Klimawandel. Denn das eröffnet uns die Möglichkeit,  das Schlimmste abzuwenden. Tun müssen wir es allerdings.

Andreas Pecht
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Zum ersten Teil dieser Analyse

2007-03-19 Analyse, 1. Teil:
Holpriger Weg zum Klimaschutz -
Große Worte, kleine Fortschritte


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