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2007-02-26 Konzertkritik:
Augenblicke erfüllter Sehnsucht
mit Beethovens Pastorale

Rheinische Philharmonie unter Daniel Raiskin beim 7. Anrechtskonzert des
Koblenzer Musikinstituts
 
ape. Koblenz. Am Theater hat Carl Maria von Webers Ritteroper „Euryante“ von 1823 nie eine große Rolle gespielt. Geblieben ist die Ouvertüre, ein schmuckes Stückchen, im Konzertbetrieb gern als Prolog zu Größerem eingesetzt. Beim siebten Anrechtskonzert des Koblenzer Musikinstituts diente es jetzt als Aufwärmer für zwei Giganten des klassischen Repertoires:  Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert e-Moll opus 64 und Ludwig van Beethovens sechste Sinfonie F-Dur.
 
Neun Minuten nur dauert Webers Ouvertüre, die aber machen mit der Rheinischen Philharmonie unter Daniel Raiskin richtig Spaß. Einsatz – und, zack, wirft sich das Orchester mit elektrisierender Präsenz in den eröffnenden Marsch. Ein paar Takte nur, dann ist jede Feierabend-Müdigkeit aus dem Auditorium in der Rhein-Mosel-Halle  wie weggeblasen. Frisch, forsch, konzentriert steuern die Musiker dem Tutti-Jubel des glücklichen Finales entgegen, nachdem sie im Zwischenteil nicht einfach nur langsamer und leiser geworden waren, sondern von tragischen Momenten erzählt und Geheimnisvolles ahnbar gemacht hatten.

Wenn bei Weber des Zuhörers Augen erfreut funkeln, so legt sich beim  Violinkonzert von Mendelssohn schon nach wenigen Takten seine Stirne in Falten. Der israelische Sologeiger Hagai Shaham ist ein Musiker vom Format, ohne Zweifel. Wie er seinen Part indes mit Süße und Schmelz überfrachtet, das kommt einem doch eher spanisch als deutsch-romantisch vor. Auffassungssache, sicher. Aber: Shaham fährt mit seiner Verbindung aus kurzwelligem Intensivvibrato und schier schleifendem Schluchz-Legato hier höchstes Risiko. Unsauberkeiten sind so fast unvermeidlich. Es gibt davon einige an diesem Abend, zuzüglich kleiner Tempodifferenzen zwischen Solist und Orchester.

Dann Beethoven. Die Sechste. Die Pastorale. Diese herrliche Meditation über die Liebe zur Natur wie über Beglückung durch das Erleben der Natur. Tausend mal gehört, und doch wieder eine ganz neue Wirkung: Das ist das Wunder an Beethoven-Musik, daher rührend, dass der Komponist mit Kopf, Herz und Bauch dem Menschlichen stets näher stand als dem Kompositionsreglement. Eine Haltung, die auch Daniel Raiskin eigen ist. Eine Freude die Aufführung der Sechsten als Ganzes. Nachgerade eine Staunen machende Preziose eigenwilliger Interpretationskunst der zweite Satz: „Andante molto mosso – Szene am Bach“.

Darüber mögen die Puristen streiten: Unfassbar langsam, gedämpft, flächig, erdig lässt Raiskin diesen Teil musizieren. Das ist wie kontemplatives Verweilen im Halbschatten hochsommerlichen Grüns; wie verträumtes Flanieren, von der Hatz des Alltags entlastetes  Ruhen, wohlig-schläfriges Beisichsein inmitten der allerbesten Freunde Bäume, Vögel, Gewässer. Das sind Augenblicke erfüllten Sehnens.

 Andreas Pecht          
 
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