Kolumne Begegnungen regional
Thema Menschen / Initiativen
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2007-02-10 Begegnung XVII:
Oliver Zimmermann und die Kunst

Der Koblenzer Galerist über das Geschäft mit der Muse und Ideen für die ganze Stadt
 
ape. Koblenz. Er ist Geschäftsmann, Galerist, rühriger Kunstliebhaber: der Gründer und Inhaber der Kunsthalle Koblenz, die in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag feiert. Mit Oliver Zimmermann traf  ich bei der 17. "Begegnung" auf einen Koblenzer, der mitmacht, der in interessanter Eigensinnigkeit auch mit- und vorausdenkt, wenn es um Kunst und Kultur in dieser Stadt geht.
 
"Der Chef ist unten", gibt die Dame in der Kunsthalle Koblenz Auskunft. "Unten" meint den Friseursalon im Parterre des Eckhauses Gymnasialstraße/ Schanzenpforte. Der heißt Zimmermann, wie der Inhaber der Galerie und Ausstellungshalle oben drüber auch. Was kein Zufall ist. Autor und Fotograf sind etwas irritiert, als sie "unten" um einen Moment Geduld gebeten werden. Irritiert nicht, weil sie kurz warten müssen, sondern weil ihr Gesprächspartner für diese "Begegnung" eben noch das neue Haupthaar-Outfit eines Kunden komplettieren muss.

Ist Oliver Zimmermann - Kunstfreund, Galerist für Zeitgenössisches von Rang, Mitinitiator der örtlichen Museumsnächte - etwa Friseur? Jawohl, ist er. Das zwar nicht mehr im Hauptberuf, aber mit Freude und Ernst "unterstütze ich meinen Vater im Friseursalon". 1965 in Koblenz geboren, hat er dieses Handwerk von der Pike auf gelernt, darin dem Vater und dem Großvater folgend. "Ich hatte immer was Kreatives machen wollen", und das Friseurhandwerk ist einer der kreativen Momente in seinem Leben, sagt der 41-Jährige. Später wird sich seine Kreativität auf Kunstvermittlung und Kunstmarketing, auf Künstlerpflege und Nachwuchsentdeckung konzentrieren. Eines bleibt indes ausgeklammert: Zimmermann wird sich nie selbst als Bildender Künstler versuchen - "ein Tabu für jeden ernsthaften Galeristen".

NACH LONDON UND ZURÜCK

Wie kommt man vom Friseur- zum Kunstgeschäft? An Kunst interessiert war schon der Schüler, war dann auch der Jungfriseur, als er von Koblenz aus auf Wanderschaft durch diverse Salons in der "großen Welt" ging: über Mainz und Würzburg nach Hamburg, schließlich nach London und wieder zurück. Schon einmal hatten die "Begegnungen" mit einem Handwerksburschen zu tun, der nach der Lehre die Welt bereiste, um hernach seine Heimatstadt anhaltend mit Kultur zu beglücken: Konditormeister Berti Hahn.

Bei Oliver Zimmermann liegt zwischen jener Wanderschaft und dem Schritt zum hauptberuflichen Galeristen noch ein Studium: Betriebswirtschaftslehre. Wieder eine Irritation. Dieser Mann der Kunst, dieser Betreiber der wohl ambitioniertesten Einrichtung für zeitgenössische Malerei in der Rhein-Mosel-Stadt nach dem Ludwig Museum ist also erstens von Hause Friseur und zweitens studierter Diplomkaufmann. Menschen sind eigentümliche Wesen. Treffender sagen wir wohl: Wen die Liebe zur Kunst - welcher Sparte auch immer - einmal packt, um den ist es geschehen, sei er Mann oder Frau, Mechaniker, Friseur oder Konditor, Beamter oder Akademiker.

So macht Zimmermann denn seit zehn Jahren in Koblenz auf Kunst - sechs Ausstellungen pro Jahr in seiner Kunsthalle, bestückt oft mit Werken renommierter Zeitgenossen von Xenia Hausner über Norbert Tadeusz bis zur Immendorff-Gattin Oda Jaune. Und wenn er gerade nicht in Koblenz ausstellt, dann in Köln, Wiesbaden oder Peking, demnächst in Schanghai.

Eine Moderne-Galerie in Koblenz? Wo doch der Kunstbär in den benachbarten Metropolen tanzt, die nächsten Kunstakademien meilenweit entfernt sind. Zimmermann bekennt: "Mein Galeristenherz hängt natürlich an den Großstädten. Frankfurt, Köln, Düsseldorf; Berlin ist großartig; und dann der Traum jedes Galeristen - New York." Aber sein Herz hänge nun mal nicht minder an Koblenz, auch seien die Räumlichkeiten hier ideal. In der Tat, die sind groß und licht. "Die Künstler kommen gerne, denn sie sehen, dass ihre Werke adäquat präsentiert werden", so der Hausherr.

Und wie steht"s mit der Kundschaft hier in der Provinz? Künstler und Galerist können ja vom Ausstellen allein nicht leben, am Ende muss was verkauft werden. Kaufen Koblenzer zeitgenössische Kunst? "Aber ja", sagt Zimmermann und weist damit die klammheimliche Unterstellung, dem Publikum seiner Heimatstadt könne es an Offenheit für die Avantgarde mangeln, ins Reich der Vorurteile. "Fifty-fifty, die Hälfte meiner Kunden kommt aus der Region, die andere von auswärts." Einräumen muss er freilich, dass Koblenz kein einfacher Galeriestandort ist. Zumal, wenn der Galerist die Ansprüche so hoch hängt, wie Zimmermann das tut: "Bei mir gibt es keine Hobbymaler. Ich zeige nur Künstler, zu denen ich stehen kann, die ihr Leben der Kunst widmen und Werke von Niveau schaffen. Das mag geschäftlich nicht die klügste Entscheidung sein, aber ein Allerweltsladen wäre nicht meine Sache. "

Was das hiesige Publikum angeht, "muss man auf Koblenz und seine Menschen zugehen, muss Zugänge schaffen, Schwellenängste abbauen; von selbst kommen zu wenige". Deshalb, und weil Zimmermann sowieso von spartenübergreifenden Kulturaktivitäten viel hält, ist seine Kunsthalle auch ein Ort der Aktion: Konzerte, Lesungen, Vortragsveranstaltungen, Empfänge sind gang und gäbe - inmitten der Kunst und möglichst auf diese bezogen. Überhaupt fände er es wunderbar, würden in Koblenz die Sparten und Kulturinstitutionen viel mehr miteinander machen. "Es gab und gibt ein paar schöne Ansätze, aber man hängt doch oft noch zu sehr am eigenen Terrain." Im Mainzer Kultusministerium wird man die Koop-Gedanken des privaten Kunstunternehmers gerne hören, denn sie passen zur dortigen Vernetzungsstrategie für die Landeskultur.

KONTAKTE ZUR GROSSEN WELT

Dass Kunstinteressierte von auswärts den Weg in die Kunsthalle Koblenz finden, liegt nicht zuletzt an Zimmermanns langjährigen Kontakten in die Szenen Köln-Düsseldorf und Rhein-Main. Schon als Student in Köln pflegte er Bekanntschaften und Freundschaften mit Künstlern, Ausstellungsmachern, Galeristen, Sammlern. Die Kölner Szene ist groß, Düsseldorf mit seiner Kunstakademie nicht weit, und die Verbindungen zu Frankfurt sind eng. Was tat der Student, der lieber mit Malern disputierte und durch die Museen streifte, als sich mit seinen fast nur in Geldkategorien denkenden Kommilitonen der Betriebswirtschaft zu langweilen? Er stellte seine Geschäftskenntnisse in den Dienst von Kunst und Künstlern, entwickelte Galeriekonzepte, stieg in die Kunstberatungsfirma einer Frankfurter Freundin ein, entwarf Ausstellungskonzepte für Banken, wirkte an der Entwicklung des Frankfurter Museumsuferfestes mit.

Von da war der Weg nicht weit zur eigenen Galerie daheim. Die nennt er Kunsthalle wegen der für die Galeristenzunft ungewöhnlichen Größe der Räumlichkeit, wegen des musealen Charakters der Ausstellungen dort und wegen der grundsätzlichen Offenheit für jeden, auch denjenigen, der nur schauen und nichts kaufen will. Mehr Kunst in die Stadt bringen, "weil Kunst ein urbanes Gemeinwesen beseelt", den Menschen die Kunst nahebringen, "weil Kunst das Leben bereichert", so umschreibt Zimmermann eine seiner Maximen. Ähnlich wie Beate Reifenscheid, die Direktorin des Koblenzer Ludwig Museums, in einer früheren "Begegnung", hebt Zimmermann auf die Entwicklungspotenziale von Koblenz ab: "Das Schöne an dieser Stadt ist, dass man noch so viel bewegen kann." Was gewisse Mankos nicht ausschließt. Etwa dieses: "Es ist sehr bedauerlich, dass sich die Firmen hier zu wenig in der Kultur engagieren."

Zimmermann ist ein entschiedener Befürworter der Bundesgartenschau in Koblenz. "Wir haben nie mehr die Chance, so viel Unterstützung von außen zu bekommen", sagt er und wünscht sich zugleich: "Die Buga muss genutzt werden, um Nachhaltiges zu schaffen." Die Sanierung der Rheinanlagen wäre so etwas. Und "mehr Kunst in der Stadt" ebenfalls. In dieser Richtung will er selbst - "gemeinsam mit einem großen Partner" - zur Buga beitragen. Mit dem Oberbürgermeister ist er über sein Projekt schon im Gespräch, in die Öffentlichkeit will er in dieser Frühphase allerdings nicht. Da kann ich noch so sehr nachbohren.

"SOLIDER KERL" MIT VISIONEN

Ein Revoluzzer sei er keiner, meint Zimmermann, "eher ein solider Kerl". Dennoch warnt er vor provinziellem Herangehen an Buga und Zentralplatzbebauung. "Viel Kleckern bringt wenig. Die Stadt muss Mut haben zu Anspruchsvollem und Speziellem, darf keine Angst vor Orientierung an Großem haben, etwa an Bilbao."

Er glaubt nicht, dass es bis zur Buga auf dem Zentralplatz mehr als eine kleine Interimslösung geben wird. Was Oliver Zimmermann allerdings nicht daran hindert, für den Zentralplatz eine eigene Vision zu entwickeln: Der zentralen Europa-Lage von Koblenz gemäß, sieht er den Zentralplatz als "Europaplatz" und dort ein europäisches Kulturforum, in dem im Wechsel die Länder Europas sich präsentieren. Denn das Ausstellungs- und Museumswesen der Zukunft "wird flexible, amorphe Gebilde hervorbringen, die sich immer wieder neu erfinden müssen. Rheinromantik ist toll - aber sie ist Teil der Globalität."

Andreas Pecht

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