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2007-01-31 Feature:
Auge in Auge mit Frau Doris Ahnen

Rheinland-pfälzische Kulturszene und die neue Kulturministerin
beschnuppern sich bei Neujahrempfang in Mainz erstmals
 
ape. Mainz/Rheinland-Pfalz. Die aus Trier und Koblenz kamen zuerst, dann die Pfälzer. Zuletzt strömte am Dienstag in die Mainzer Staatskanzlei, was am Ort in der Kultur Rang und Namen hat. Das ist die übliche Marschordnung, wenn Vertreter der rheinland-pfälzischen Kulturszene sich in der Landeshauptstadt versammeln. Denn die aus ihren Regionen anreisen, wissen um die Unwägbarkeiten der langen Wege über Land bis nach Mainz. Sie planen etwas mehr Zeit ein, um nicht zu spät zu kommen – und sind darob oft zu früh.

Trotz der Distanzen kennt man sich: Museums- und Theaterleiter, Intendanten und Orchestervorstände, Festivalveranstalter und Vertreter der freien Szene, Kulturpolitiker und -journalisten. Nur eine ist (noch) fremd in dieser Runde: Justament die „Chefin“, Doris Ahnen, neue Kulturministerin und Nachfolgerin des so plötzlich abhanden gekommenen Jürgen Zöllner. Also hat sie zum Zwecke des Beschnupperns  die Kulturmacher zu einem Neujahrsempfang geladen.
 
Es sind viele der Einladung nach Mainz gefolgt: Um „die Neue“ zu beäugen; zu sehen, wie sie ist; zu hören, was sie vorhat. 200 drängen sich schließlich im  Saal der Staatskanzlei. Ein in diesem Umfang seltenes Gipfeltreffen der Landeskultur.

Es gibt schöne Musik; Mozart. Dann eine launige bis grundsätzliche Rede von Frau Ahnen, in der sie auch ihre persönliche „Affinität zur Kultur“ bekennt. Nachher folgt Smalltalk bei Häppchen und Wein. Die Ministerin schiebt sich  durch die Menge, schüttelt Hände, lässt sich Namen  nennen, interessiert sich für Projekte, Pläne, auch Nöte. Hellwach die Augen, natürlich, herzlich, umgänglich, warm – jedes Gespräch alsbald doch mit freundlichem Nachdruck beendend.

Ist die Gastgeberin außer Hörweite, fragt einer den anderen: „Und, was meinen sie?“ Dem schließen sich in den Folgetagen die Daheimgebliebenen an: “Und, wie ist sie?“ Der Beobachter kann für die Erstbegegnung der Kulturszene mit ihrer neuen Ministerin konstatieren: Sie kommt – überwiegend – ziemlich gut an. Freilich, Grundsätze und praktische Umsetzung sind zweierlei. Später wird der Teufel im Detail stecken.

Aber der erste Eindruck weckt Erwartungen auf einen gewissen Atmosphärewechsel:  Vom etwas kopflastigen, primär den Wissenschaften zugetanen Jürgen Zöllner zu dieser Frau, die vielleicht, wie einst Rose Götte, mehr Herz und Gespür für Künste und Künstler hat. Denn Kulturpolitik funktioniert etwas anders als die übrige Politik, weil Kulturschaffende und ihr Publikum anderen Umgang mit den sensiblen Stoffen und Menschen erwarten.

Als erfahrenes Kulturschlachtross weiß Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig um diesen Sachverhalt. Und Ahnen ist vorderhand gut beraten, ihn weiter maßgeblich die Kulturfäden ziehen zu lassen. Dass dies ihre Absicht ist, wird in Mainz deutlich: Als fest verschweißtes Tandem mit stimmiger Chemie präsentieren die beiden sich den 200 Neugierigen.

Und was ist in der Sache zu erfahren? Konkretes noch wenig. „Kontinuität und Verlässlichkeit“ könnte man als Kern von Ahnens Rede bezeichnen. Soll heißen: Die großen, unter ihrem Vorgänger angeschobenen Vorhaben, werden weiter verfolgt. Konstantin-Ausstellung, Arp-Museum, Schaffung einer „Generaldirektion Kulturelles Erbe“ als übergreifende Klammer für  Landesmuseen, Landesarchäologie und die vier Welterbestätten.

Doch zwischen den Zeilen finden sich auch Hinweise auf Akzentverschiebungen. Nachgerade wuchtig fällt der Ministerin ausdrückliches Bekenntnis zum rheinland-pfälzischen Kultursommer aus: „Hier zeigt sich idealtypisch, was eine kluge Vernetzung von Akteuren aller Sparten und jenseits der institutionellen Grenzen an lebendiger Kulturarbeit zu initiieren vermag.“ Der Kultursommer sei „nicht nur ein nachahmenswertes Modell, sondern per se eine wunderbare Bürgerinitiative für Kultur“.

Was sich schon vorher andeutete, kann spätestens nach diesem Neujahrsempfang als beschlossene Sache gelten: Es wird vom Ahnen-Ministerium ein intensives Drängen und Fördern ausgehen hin zu allumfassender Vernetzung zwischen den Regionen, zwischen den Kultursparten und über diese hinaus.

Unter dem Stichwort „kulturelle Bildung“ soll die Verbindung zu den (Ganztags-)Schulen gestärkt werden. Als Standortfaktor soll die Kultur mit Wirtschaft und Tourismus vernetzt werden. Und nicht zuletzt via besserem Marketing sollen die kulturellen „Leuchttürme“ international von der Schönheit, Güte und auch historischen Bedeutung des Landes künden.

Ganz neu ist das alles nicht. Aber Doris Ahnen und ihr Kulturstaatssekretär strahlen doch eine deutliche Entschlossenheit aus, in dieser Richtung ein paar ordentliche Schritte voran zu kommen. Einfacher wird das nicht, aber nötig ist es wohl. Denn Rheinland-Pfalz hat nun mal keine Museumsinsel oder Museumsmeile, keine Alte Oper, kein Rheingau-Festival und kein Sanssouci. Hier ist alles etwas kleiner, muss daher feiner sein, muss aus der Vernetzung seiner Vielfalt und Originalität Leuchtkraft entfalten.

Andreas Pecht
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Links zu zwei Gesprächen mit Kulturstaatssekretär Hofmann-Göttig 2006:

2006-05-19 Gespräch:
Hofmann-Göttig über Strategien für rheinland-pfälzische
Kulturpolitik der nächsten Jahre


2006-12-29 Hintergrund:
Quo vadis, Stiftung Villa Musica?
Gespräch mit Doppelspitze Klaus Arp und Joachim Hofmann-Göttig

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