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2007-01-25 Kultur:
Starker Benjamin der Koblenzer Hochkultur

Ludwig Museum im Deutschherrenhaus wird im Herbst 15 Jahre alt – Saisonhöhepunkt mit Keith Haring                                                             
 
ape. Verglichen mit anderen Institutionen der Hochkultur am Mittelrhein, ist das Ludwig Museum ein Teenager – mit gerade mal 14 Jahren in Koblenz der Benjamin zwischen Stadttheater, Rheinischer Philharmonie, Mittelrhein-Museum oder Landesmuseum in der Festung Ehrenbreitstein. Am 18. September 1992 eröffnet, feiert dieses der modernen Kunst gewidmete Museum heuer noch (oder schon) seinen 15. Geburtstag.
 
Interessanter Weise ist die so junge Kultureinrichtung in einem der ältesten Gebäude der Stadt untergebracht: im Deutschherrenhaus gleich neben dem Deutschen Eck. Um 1250 erbaut, war es Zentrum der ersten Niederlassung der Ritter des Deutschherrenordens im Rheinland. Das Haus stand schon, als das Deutsche Eck noch eine unbefestigte Landspitze an der Mündung der Mosel in den Rhein.

Jüngste Kunst in ältester Umgebung – am Koblenzer Ludwig Museum wird eine der großen Dauerherausforderungen für eine historische Stadt mit mehr als 2000 Jahren auf dem Buckel manifest: Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In diesem Fall handelt es sich um eine geglückte Verbindung. Einerseits bauliches Zeugnis für bedeutende, aber nicht immer glänzende Historie: Die Rolle der Ordensritter bei Kreuzzügen und Ostkolonisation weist auch viele Schattenseiten auf. Andererseits zeitgenössisches Ausstellungszentrum, das in den eineinhalb Jahrzehnten seines Bestehens weit über die Stadt hinaus kulturelle Akzente setzte und setzt.

Es hat hier Einzelausstellung zu Chagall, Matisse, Picasso, Giacometti oder Chabaud gegeben. Das Deutschherrenhaus erlebte wunderbare Themen- und Dialogschauen, beispielsweise 1999 eine Gegenüberstellung von 150 Werken deutscher und französischer Künstler des 20. Jahrhunderts oder 2003 eine Schau mit russischer Modernekunst, die in Paris entstand. Frankreich ist ein Schwerpunkt in der Arbeit des Koblenzer Museums; bereits bei der Gründung war von Stifter Peter Ludwig und dem Koblenzer Oberbürgermeister betont worden, dass die Sammlung und die Ausstellungspolitik des Museums als wichtiger Beitrag zum Austausch mit dem Nachbarland betrachtet werden.

In dieses Umfeld passte im zurückliegenden Sommer etwa die Gegenüberstellung von Werken des berühmten Pop-Artisten Yves Klein und seiner Mutter Marie Raymond, die in der Kunstwelt für Aufmerksamkeit sorgte. So markiert französische Moderne zwar einen Angelpunkt im Selbstverständnis des Hauses, das aber zugleich den Blick für die Brücken und Wechselbeziehungen zur gesamten modernen Kunstwelt weitet. Eben erst endete eine Ausstellung, die unter dem Titel „Muse Mozart“ mit Arbeiten von Chagall, Slevogt, Grochowiak, Hrdlicka einen spannenden Beitrag zum Mozart-Jahr geleistet hat.

Was die internationale Bedeutung des Koblenzer Ludwig Museum noch erhöht: Es gehört zu einer 19 Glieder weltweit umfassenden Museumsfamilie, die zurückgeht auf den Kölner Kunstsammler Peter Ludwig. Eigentlich müsste es heißen: den Koblenzer Kunstsammler. Der hat zwar in Köln und Aachen gelebt, mit Schokolade jene Millionen verdient, die er dann für die Schaffung einer der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt einsetzte. Aber geboren wurde Peter Ludwig 1925 in Koblenz. Diesem Umstand vor allem hat das hiesige Ludwig Museum seine Existenz zu verdanken - und den Grundstock seiner Bestände: Stifter Ludwig stellte rund 60 wertvolle Werke der modernen Bildenden Kunst zur Verfügung, etwa aus Amerika, insbesondere aber aus Frankreich. So ist das Museum heute zwar ein städtisches, zugleich aber ein von Ludwig-Stiftung gefördertes Mitglied der Ludwig-Familie.

Zum Auftakt seines kleinen Jubiläumsjahres 2007 wird das Ludwig Museum jeweils Schlusspunkt zweier Ausstellungstourneen. Die eine führte über Bremen, Hofheim, Ahlen nach Koblenz und ist der Wiederentdeckung des Fotografie-Künstlers Lothar Wolleh (1959-1979) gewidmet. Die am 3. Februar beginnende Schau (bis 18.3.) umfasst natürlich jene Künstlerporträts in schwarz-weiß, mit denen Wolleh in den 1980ern posthum bekannt wurde. Gezeigt werden hier nun allerdings auch bislang völlig unbekannt gebliebene Aspekte aus Wollehs Oeuvre. Zeitgleich ist eine dem Maler Horst Keining (*1949) gewidmete Ausstellung zu sehen. Sie ist letzter Teil einer Ausstellungsreihe, die zuvor in Wilhelmshaven und Gießen unterschiedliche Aspekte von Keinings Schaffen beleuchtete. Waren es dort seine Farbtafeln oder die Weiterentwicklung der Graffiti-Technik zur Kunst, so zeigt Koblenz zusätzlich neueste Arbeiten des Künstlers die Ornamentik und Schriftzeilen (etwa von Rilke) miteinander verwebt.

2007 befasst sich das Museum auch mit chinesischer Kunst. Nicht zum ersten Mal übrigens. Vertreten wird sie  vom 28. März an durch den Literatur-Nobelpreisträger Gao Xingjian. Literatur-Nobelpreisträger? Ja, denn der 1987 nach Paris emigrierte Schriftsteller gilt ebenso als Meister der Tusch-Malerei auf Reispapier. In dichter Folge schließen sich bis Mitte August 2007 Ausstellungen mit ganz junger Kunst an: Aktuelle finnische Fotografie (ab 29.4.); Thomas Noskowski vertritt neue Positionen der amerikanischen Kunstszene (ab 3. Juni); nach der Überblickschau zum Schaffen von Jörg Immendorf im vergangenen Jahr dokumentieren 26 Meisterschüler des Düsseldorfer Kunstprofessors ab 19. Juli ihren  Entwicklungsstand.

Im Spätsommer/Herbst der Höhepunkt der Saison 2007 am Ludwig Museum: eine große Ausstellung mit Werken von  Keith Haring, dem jungen Rebellen und zugleich herausragenden „Altmeister“ der Pop-Art-Bewegung. 1958 geboren, 1990 mit 31 Jahren einer AIDS-Erkrankung erlegen, ist Harings Kunst vom Medien- und Konsumzeitalter ebenso geprägt wie von den sozialen und politischen Umbrüchen in der (amerikanischen) Gesellschaft. Das spiegeln seine zumeist großflächigen Bilder, die er in den öffentlichen Raum brachte, die er oft dort vor den Augen der Bevölkerung entstehen ließ. Die Koblenzer Ausstellung, die Beate Reifenscheid, Direktorin des Ludwig Museums seit 1997,  im Moment gemeinsam mit dem Hauptleihgeber Haring-Foundation New York vorbereitet, wird sich auf das zeichnerische Werk von Keith Haring konzentrieren (26.8. bis 28.10.)

Am Koblenzer Ludwig Museum hat ein viel versprechendes 15. Jahr begonnen. 
Andreas Pecht

Infos: 0261/304040; www.ludwigmuseum.org

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Link zu einem früheren Gespräch mit der Direktorin des Koblenzer Ludwig Museums in der Reihe "Begegnungen":

2006-05-06 Begegnungen IX:
Beate Reifenscheid und die Moderne
im Museum Ludwig Koblenz


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