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2007-01-08 Konzertkritik:
Julian Rachlin mit Bratschenkonzert von Bartók bei Rheinischer Philharmonie

Dazu Mozarts 40. Sinfonie und Strawinskys "Feuervogel" - Daniel Raiskin am Pult
 
ape. Koblenz. Eine der populärsten Sinfonien, die 40. von Mozart. Eine der berühmtesten Ballett-Musiken, Strawinskys „Feuervogel“. Und eines der wenigen Bratschenkonzerte,  dasjenige von Béla Bartók. So sah das Programm beim 6. Anrechtskonzert des Koblenzer Musikinstituts aus, bestritten von der Rheinischen Philharmonie unter ihrem Chef Daniel Raiskin. Der Solist des Abends hieß Julian Rachlin,  Geiger der ersten Riege, nach Koblenz indes als Bratschist engagiert. Schöner Zug des in Litauen geborenen Wahlösterreichers: Er spendete seine Gage der neuen Koblenzer Orchesterstiftung.
 
Mozarts 40. in g-Moll, die mittlere seiner drei letzten Sinfonien, weist auf sehr eigene Art über die vielen Wunderwerke dieses Komponisten hinaus: Ernst, dramatisch, tragisch, fürs 18. Jahrhundert von ungehöriger Subjektivität und damit Beethoven vorwegnehmend. Ein Evergreen ist das viersätzige Werk dank der griffigen Erkennbarkeit und ergreifenden Gefühligkeit seiner Motive geworden – der erste Satz schier zu Schanden gespielt in der Softklassik, im Pop, in der Werbung.

Raiskin und Orchester geben der 40. ihre Tiefe zurück. Der erste Satz vom Start weg treibend, leicht zwar, aber kräftige Akzente setzend, Düsternis nicht ausweichend. Der Dirigent hat eine Auffassung zu dem Stück: Er sucht den Beethovenschen Impetus im späten Mozart, und wo er ihn findet, unterstreicht er ihn noch. Hochriskant und eben deshalb dem Werke angemessen ist der Umgang mit dem zweiten Satz: Die Interpretation hebt die Reibungen dieses Andante hervor, meidet Glätte, legt Schwere bis fast zum Schleppen hinein; aber eben nur fast. Schroff weist das Menuett höfische Tändelei von sich, atmet im Trio in einer schön zart musizierten Korrespondenz zwischen Geigen und Bläserbank Beruhigung. Von aufregender Explosivität  der Schlusssatz.

Wir spielen nicht einfach gekonnt nach, was in den Noten steht, sondern machen uns eigene Gedanken und schöpfen die Spielräume aus. So verfahren beide: Raiskin bei Mozart, Julian Rachlin beim Bratschenkonzert. Genauer: Der Ausarbeitung von Bartóks Skizzen durch dessen Schüler Tibor Serly 1949. Nach ein paar Takten schon bestätigt sich: Es ist  nichts dran am ollen Bild von der Viola als behäbiger Mamsell der Violine. Wie Rachlin das Instrument führt, behauptet es ausgeprägte Individualität, die von schroff-knarzendem Wüten etwa im ersten Satz zum weich, zart schwelgenden Melos im zweiten weite Empfindenshorizonte öffnet. Im Schlusssatz kommen die Vorliebe Bartóks für Tanzmotive und die Lust Rachlins an virtuosem Tempospiel zum Ausbruch. Für Rachlin war dieser Abend eine Premiere: Er spielte das Bartók-Konzert erstmals  - und kann damit beruhigt zum Auftritt mit der Dresdner Staatskapelle fahren.

Leicht ist er nicht, der Bartók – weder zu spielen, noch zu hören. Strawinskys „Feuervogel“ setzt dem auch kulinarischen Zugriff da weniger Widerstand entgegen. Das Orchester macht  einem theatralen Märchenspiel angemessenen Effekt. Voller Einsatz am Pult: Raiskin dirigiert ganzkörperlich; hingekrümmt, um geheimnisvolle Pianissimi zu motivieren; in schwingendem Tanz, wo er Schwelgen haben will. Mit weit ausholenden Armen treibt er sein Orchester in wildester Hetzjagd schließlich zum Himmel-stürmenden Finale. So versteht Raiskin seinen Landsmann Strawinksy. Warum nicht. Eine rechte Freude war´s.

Andreas Pecht    
                  
 
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