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2006-10-21 Ballettkritik:
Amanda Miller choreografierte
eine kreuzbrave "Giselle" 

Ballettklassiker sitzt in Köln zwischen historischen und modernen Stühlen
 
ape. Köln. Gleich nach Beginn schon beschleicht einen das Gefühl, das dann nach 90 Minuten Gewissheit ist: Großes klassisches Handlungsballett ist nicht die Sache von Choreografin Amanda Miller und ihrer Truppe „pretty ugly tanz köln“. Schon zu ihrer Frankfurter Zeit bei William Forsythe in den 80ern waren es leichte, blumige Tanzimpressionen, in denen sich ihr Talent am besten entfaltete. Was sie ausgerechnet am Großklassiker „Giselle“ von 1841 interessiert hat, bleibt bei der Premiere im  Schauspielhaus Köln ein Rätsel.
 
„pretty ugly“ hat sich für diese Produktion um Eleven von der Tanzabteilung der Kölner Musikhochschule verstärkt. So können im ersten Akt auch volkstänzerische Bauernszenen realisiert werden. Kann im zweiten eine kleine Schar Wilis-Geister zum ballett blanc aufgeboten werden. Mit den eigenen gerade mal acht Kräften der kleinen Compagnie hätte allenfalls eine Kammerballett-Version entstehen können. Was vielleicht interessanter  wäre als die jetzige Umsetzung: Mit einer  Mischung aus Miller-Stil und klassischem  Gesten-Repertoire wird die alte Geschichte um die unmögliche Liebe zwischen Prinz und Bauernmaid ganz brav herunter getanzt.

Das ist durchaus hübsch anzusehen. Und wenn zu Adolphe Adams Effektmusik vom Tonband der Mond aufgeht,  und wenn Bauernpaare unter Schneegeriesel sich im Dreiviertel-Takt drehen, und wenn Blumen in Fülle von argen Herzenssachen zeugen –  dann möchte man seufzen vor Entzücken oder losprusten des Kitsches wegen.  Geschmackssache.  „Giselle – on love and other difficulties“ (über Liebe und andere Schwierigkeiten) heißt  in Köln  das Stück. Die Veränderung des Titels lässt eine veränderte  Sicht erwarten. Eine vergebliche Erwartung: Die Inhaltsdeutung bleibt  traditionell und konventionell.

Fragen respektive Irritationen wirft allenfalls der Umstand auf, dass Amanda Miller von den beiden dramatischen Höhepunkten des Werkes gerade kein großes Aufhebens macht. Dass Giselle (Flavia Tabarrini) wahnsinnig wird, kann man mutmaßen, aber hier nicht sehen. Ihr Sterben ist entgegen dem Getöse der Musik ein schlichtes Hinsinken in die Arme der Mutter (Rick Kam). Nicht anders nachher der nächtliche Zaubertanz Albrechts (Michael Maurissens): Dass es dabei auf Leben und Tod geht, wissen wir, das Bühnengeschehen indes gibt sich  harmlos.

Absicht oder Probleme, der Handlungsdramatik mit Miller-Mitteln gerecht zu werden? Der leichte, unpathetische, in gelösten Drehungen, weit geöffneten Figuren und stets irgendwie verspielten Sprüngen sich ergehende „pretty ugly“-Stil ist eine Qualität für sich. Aber er mag sich mit klassischer Strenge nicht vereinen. Weshalb diese Choreografie von „Giselle“ doch arg verloren zwischen den Stühlen des historischen und des modernen Balletts sitzt. Andreas Pecht

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2006-10-29 Ballettkritik:
Sven Grützmachers zeitgenössische
"Giselle" in Trier


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