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2006-09-14 Kommentar:
Leichtfertiger Umgang mit
genmanipuliertem Gefahrengut

Zum Skandal um die Verbreitung des nie zugelassenen Genreises LL601 von Bayer
 
ape. Ob es die ganze Welt beeinflusst, wenn irgendwo ein Sack Reis umfällt, war seit Konfuzius allenfalls eine philosophische Frage. Das hat sich jetzt geändert: Die Frage ist in den Niederungen handfester Betrügerei, Schlamperei und großindustrieller Arroganz angekommen. Die Lage stellt sich nunmehr so dar: Sollte ein Sack mit Reis umfallen, der auf einem amerikanischen Versuchsfeld des Bayer-Konzerns geerntet wurde, sprießt wenige Jahre später  überall auf der Welt die nirgends zugelassene genmanipulierte Reissorte LL601, wird  geerntet, vermarktet, verzehrt. Abstruse Fantasterei eines hysterischen Umweltschützers? Mitnichten. Die Story ist ziemlich real, und die Umstände werden umso irrer, je näher man ihnen tritt.

Da muss selbst das US-Landwirtschaftsministerium einräumen, dass von einem auch nur halbwegs gesicherten Umgang mit agrarischen Gentech-Versuchen in den Vereinigten Staaten keine Rede sein kann. Mehr als 50 000 Freisetzungsversuche laufen, von denen die Behörde oft nicht mal weiß, auf welchem Acker sie stattfinden und welche Kunstprodukte dort in die Umwelt entlassen werden. Mit Unfähigkeit hat das nur am Rande zu tun; eher damit, dass eben nicht aufpasst, wer keine Gefahr erwartet oder erkennt. Und in den USA rechnen Agrar-  und Chemieindustrie mitsamt Politik und Behörden bei der Gen-Technik zuvorderst mit Profiten, nicht mit Gefahren.

Der Genreis LL601 wurde in jeder fünften Probe entdeckt, die jüngst in europäischen Reislagern gezogen worden sind. In Deutschland war es etwas weniger. Die betreffenden Chargen seien nur „geringfügig belastet“. Aber „geringfügig“ ist viel zu viel für ein Produkt, dessen Import nach Europa verboten ist, und das es sowieso von Rechts wegen gar nicht geben dürfte:  Bayer hat die Versuche mit LL601 angeblich 2001 eingestellt und nie eine Zulassung für diesen Genreis beantragt. Trotzdem konnte offenbar Frucht aus dem Versuchsanbau in den USA sich weitläufig auskreuzen und/oder über das globale Netzwerk konventioneller Reis-Wirtschaft (wohl nicht nur) die europäische Reisversorgung kontaminieren.

So viel zum „unproblematischen Nebeneinander“ herkömmlicher und gentechnischer Landwirtschaft, das auch in Deutschland ein paar Befürworter hat. Wie reagierte das US-Landwirtschaftsministerium? Erst hielt es die Informationen über den Skandal wochenlang zurück. Jetzt erwägt es, LL601 einfach nachträglich zu legalisieren. Das ist unverfroren, aber begreiflich, denn die agrarindustrielle Genrevolution tut sich etwas schwer. Die  Märkte für genmanipulierte Produkte sind zäh, weil Millionen Konsumenten das Zeug freiwillig nicht essen und auch nicht in der Natur verbreitet haben wollen. Weil in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern Bauern sich sperren gegen die Abhängigkeit von teuren Industriehybriden, die in der zweiten Generation nicht mehr keimen und/oder höhere Erträge nur bringen, wenn auch die eigens dazugehörigen Dünge- und Spritzmittel ausgebracht werden.

Den Gen-Manipulierern von Bayer, Monsanto, Syngenta und Co. stößt solche Widerspenstigkeit bitter auf. Weshalb man nicht annehmen sollte, dass die Reislager absichtlich verseucht wurden. Das Unglück rührt eher daher, dass die Gentech-Betreiber ihre Produkte für völlig ungefährlich halten und in deren Ablehnung bloß hysterische Ignoranz sehen. So sind sie denn mit ihrem LL601 - und was alsbald noch an den Tag kommen mag – wahrscheinlich derart leichtfertig umgegangen, dass die Gefahrenpotenziale, die genteschnischen Freilandversuchen grundsätzlich innewohnen, sich vergnügt voll entfalten konnten.   
Andreas Pecht 
 
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