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2006-07-15 Konzertkritik:
Raiskin stellt sich am Mittelrhein
als Bratscher vor

MMM-Festival mit "Belcanto Strings" und Beethovens Streichtrios op.3 und op.8
 
ape. Braubach. So nah liegen Einstand und Ausstand selten beieinander. Daniel Raiskin, seit 2005 Chefdirigent des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie, nutzt die Mittelrhein Musik Momente (MMM), um sich dem hiesigen Publikum erstmals auch als meisterlicher Instrumentalist vorzustellen. Sein Instrument ist die Bratsche, und in diesem Fach gilt er seit vielen Jahren als einer der Besten Europas. Heuer bestreitet er mit Freunden jene beiden Konzerte, die alljährlich in der Braubacher Barbarakirche lupenreine klassische Kammermusik von Rang zum MMM-Festival beisteuern.
 
Einstand, Ausstand? Die konzertante Erstbegegnung mit dem Bratscher Raiskin läutet allerdings gleich  wieder den Abschied von ihm ein. Denn: Er werde sich fortan aufs Dirigieren konzentrieren und deshalb nur noch selten zur Bratsche greifen können, hatte er unlängst erklärt. So war denn auch der jetzige Auftritt von Raiskins Trio „Belcanto Strings“ eine Station im Rahmen der Europa-Abschiedstournee des seit fast 15 Jahren erfolgreichen Ensembles. Am morgigen Dienstag musiziert Raiskin noch einmal in Braubach, dann mit dem Vogler-Quartett. Und im Januar wird er im Koblenzer Görreshaus mit einem Orchesterkonzert seine Karriere als Bratschensolist beenden.

Das Braubacher Konzert vom Wochenende gehörte Beethoven und seinen frühen Streichtrios Es-Dur op.3 und D-Dur op.8. Experimentierstücke seien das, Fingerübungen des Komponisten während seiner ersten Wiener Jahre, ist zu lesen. I n der Tat hört man deutlich, dass es sich bei beiden Stücken um höfische Unterhaltungsmusik handelt. Aber was heißt das schon bei Beethoven? Spieltechnisch haben die drei Streicher in Opus 3 allerhand Schwierigkeiten zu meistern. Denn Beethovens raffinierte Stimmführung fordert hier ein ums andere mal auch solistischen Glanz. Was natürlich Auge und Ohr sofort auf den Bratscher lenkt.

Wie spielt Raiskin? Technisch souverän. In Strich, Griff  und Ton warm und voller Herz, zugleich mit knappem Vibrato uneitel klar. Interpretatorisch klug, wagemutig und eigensinnig. Was ihn auszeichnet, gilt für das ganze Ensemble – weshalb Opus 3 ein sehr schön zwischen Sentiment und Süße, Ausgelassenheit und Raserei changierendes Hörerlebnis wird.

Faszinosum des Abends ist freilich die Serenade Opus 8. Genauer: die Überfülle an Beethovenschem Schalk in diesem heiteren Werk, und der kreative Umgang der drei Musiker damit. Da lässt der Komponist volkstümliche Musikanten einmarschieren – und in Braubach genieren sich Wolfgang Schröder (Violine), Ramon Jaffé (Cello) und Raiskin gar nicht, es auch ein bisschen schrummeln, knarzen,  sägen zu lassen.

Im Adagio schmachtet und schluchzt die Geige  – Raiskins Bratsche echot satirisch hinterdrein. Dazu gibt´s bald Wiener Schmäh, bald cantilene Kontemplation, bald nervöse Aufgeregtheit: Wie's halt so zugeht unter Leuten. In souveräner Frechheit spielen „Belcanto Strings“ kunstvoll eigenwillige Akzente und Farben aus – kommen damit Beethovens humorigem Sinn am nächsten.
 
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