Kritiken Musik
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2006-07-03 Konzertkritik:
Der schlanke Ton von Rommersdorf

SWR Vokalensemble fasziniert beim RheinVokal-Festival in der Abteikirche
 
ape. Neuwied/Rommersdorf. 
 
Die Abtei Rommersdorf ist ein bauhistorisches Kleinod, ihre Kirche  als musikalischer Klangraum Juwel und Herausforderung gleichermaßen. Wer dort musiziert, muss darauf gefasst sein, dass die für eine Kirche erstaunlich „trockene“ Akustik Fehler und Ungenauigkeiten nie verzeiht. Wer dort zuhört, wird gerade nicht „in die Tiefe des Raums“ geführt, wie der Titel des  RheinVokal-Konzerts am Wochenende mit Chorwerken von Heinrich Schütz und Anton Bruckner fälschlich vermuten ließ. Spezialität und Faszinosum inRommersdorf ist: Statt Tonrausch im Kathedralensound  gibt es klangliche Schlankheit, Klarheit, Durchhörbarkeit – also die Chance auf tiefe Einblicke auch in vielstimmig verwickelte Kompositionen.

Unter solchen Bedingungen zeigt sich rasch und gnadenlos, was ein Ensemble oder Chor wirklich kann.  Mit drei Nummern aus den Psalmen Davids von  Schütz eröffnete das SWR Vokalensemble Stuttgart  den auch live im Rundfunk übertragenen Abend. Der kritische Befund fällt eindeutig aus: Die Leistung der mit 36 Stimmen angetretenen Truppe aus hauptberuflichen Sängern ist einmal mehr ein beglückendes Erlebnis chorischer Kunst. Wunderbar ausgeglichen in den Stimmen und Registern, liefert der Chor an Effekten und Affekten reiche, aber nie überladene Realisierungen der Schütz-Kompositionen aus dem 17. Jahrhundert.

Seufzen oder jubeln, in Gram versinken oder den Herrn lobpreisen: Schütz hat ganz eng am und im Sinne des Bibeltextes komponiert. Lautmalereien, raffinierte Echo-Technik, eigene, ja eigensinnige rhetorische Musikfiguren interpretieren kongenial die textlichen Glaubenssätze. Und der SWR-Chor lässt das unter den Rommersdorfer Bedingungen nicht nur genießen, sondern auch erkennen, wie Schütz es gemacht hat.

Ein Sprung über zwei Jahrhunderte Richtung Neuzeit: Anton Bruckners   e-moll-Messe von 1869 stürzt  uns in ein Wechselbad aus himmelhoch aufschießender Dramatik und inniger Glaubenskontemplation. Marcus Creed führt sein Vokalensemble und die hinzugekommenen Bläser des SWR-Orchesters Stuttgart mit sicherer Hand an den Verlockungen der Überdramatisierung vorbei. Gewaltig, aber differenziert das Kyrie; klar durchschaubar die Polyphonie des Sanctus und doch auch zur schieren Ekstatik gesteigert. Bläser und Sänger nicht im Wettstreit, sondern als harmonisch verschmolzener Klangkörper. Herrlich.
 
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