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2006-06-23 Ausstellung:
Yves Klein und Marie Raymond im
Kunstdialog

Ludwigmuseum Koblenz konfrontiert Werke von Mutter und Sohn
 
ape. Koblenz. Für Museumschefin Beate Reifenscheid ist es die wichtigste Ausstellung ihres Hauses in diesem Jahr. „Yves Klein & Marie Raymond“ – so schlicht  der Titel der an diesem Sonntag beginnenden Schau auch anmutet, so ist doch ihr Thema etwas ganz besonderes: Ein bislang in der internationalen Kunstszene noch nicht dagewesener Vergleich zwischen Arbeiten des berühmten Kunstrevolutionärs Yves Klein (1928–1962) und den Werken seiner hier zu Lande kaum bekannten Mutter Marie Raymond (1908–1989). Die Ausstellung war zuvor nur in Frankreich zu sehen, Koblenz ist die einzige Station in Deutschland.
 
Im Entrée des Ludwigmuseums das Familienfoto: Mutter, Vater, Sohn. Eine französische Künstlerfamilie. Vater Fred Klein verdiente mit seiner Malerei den Unterhalt, aber keine künstlerischen Meriten.  In Koblenz zeigt eine ihm gewidmete Ecke hübschen Spätimpressionismus von eher mäßiger Bedeutung – Fred war gewiss nicht der große Künstler in dieser Familie.
Mutter Marie Raymond war im Frankreich lange wesentlich bekannter als ihr Sohn. Das blieb auch so, als Yves Klein dann zwischen 1955 und 1962  einen kometenhaften Aufstieg zum Modernisten von bis heute anhaltender  Weltgeltung erlebte. Daheim war die Mutter der Star, draußen in der Welt der Sohn. Beide waren sich nicht immer grün, beide verfolgten auch ganz verschiedene künstlerische Wege. Letzteres wird in der Koblenzer Schau rasch deutlich.

Es dürfte für Ausstellungsbesucher eine interessante Disputfrage werden, wer von beiden der abstraktere Künstler sei. Die Mutter mit ihren völlig gegenstandslosen, scheinbar anarchisch angeordneten, aber doch genau und zielgerichtet durchkonstruierten Farbmosaiken? Oder der Sohn mit seinen teils Kopfschütteln machenden Werken, die aber auf rästelhafte oder auch ganz offensichtliche Art mit menschlicher Körperlichkeit oder den natürlichen Elementen zu schaffen haben?

Raymonds Arbeiten lassen  disziplinierte Strenge im Arbeitsprozess und im Denken erkennen. Linien, klar begrenzte Farbflächen, systematischer Bildaufbau geben dem Blick Halt und dem Herzen bisweilen dezent erregenden Anstoß. Für Yves Klein ist all diese Disziplin des Teufels: „Ein gewöhnliches Bild ist für mich mit einem Gefängnisfenster vergleichbar.“ Weshalb er sehr schnell Linien und Begrenzungen aus seinen Bildern verbannt, um sich der „befreiten“ Farbe zuzuwenden.

Das Ergebnis freilich wurde 1955 von der Kunstwelt  als irritierend, seine Präsentation durch Klein gar als arrogante Provokation betrachtet: Monochrome, also einfarbige und motivlose Bilder hatte er in einem Etablissement abseits der Pariser Kunstszene an die Wände gehängt; Rechtecke, Quadrate in Gelb, Grün, Rosa, Blau ... Und der Herr Künstler begrüßte die Gäste im Frack – Yves Klein auf dem Weg zur Aktionskunst, zur Performance. Die Hängung dieser ersten Ausstellung wird in Koblenz mit den damaligen Werken nachgeahmt.

„Lebende Pinsel“ bezeichnet eine andere Performance-Art, mit der Klein seinerzeit für Furor sorgte. Nackte Modelle werden vor Publikum mit Farbe bemalt oder übergossen; mit ihren Körpern hinterlassen sie dann Abdrücke auf Papier. Relikte dieser Aktionen finden sich im Ludwigmuseum ebenso wie Kleins mit Flammenwerfer  behandelte Papierbilder. Diese braun-schwarzen Verkokelungen und ihre erstaunlichen Schattenstrukturen sind mittlerweile fast  so bekannt wie seine „blaue Epoche“.

Blau und nur blau sind hier Bilder und Skulpturen vom Menschentorso bis zum Strauchwerk. Dieses Blau ist ein Phänomen an sich, unglaublich intensiv, eine Art Ultramarin mit Violettstich. Diese Farbe, die in der Ausstellung an mehreren Stellen das Auge bannt, hat sich der Künstler als „International Klein Blue“ patentieren lassen. Sie ist auch das Kernelement des opulentesten Werkes von Yves Klein, des zwei Wände füllenden Schwammreliefs im Foyer des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier. Die Ausstellung dokumentiert die Arbeit in Entwürfen.

34 Jahre wurde Yves Klein  nur alt. Seine Wirkungsphase zu Lebzeiten konzentriert sich gar auf bloß sieben Jahre. Trotzdem kann sein Einfluss auf die Kunstentwicklung der Gegenwart gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Demgemäß räumt die Ausstellung seinem Oeuvre breiten Raum ein, bietet gute Gelegenheit Yves Klein erstmals oder wieder zu begegnen. Das eigentliche Faszinosum der Schau sind  freilich Kontraste und noch zu entdeckende Korrespondenzen zwischen den Werken von Mutter und Sohn. Unbedingt sehenswert.
 
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