Kritiken Musik
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2006-06-17 Konzertkritik:
RheinVokal huldigt Franz Schubert

Liedbearbeitungen für Orchester  und Berios "Rendering" in Andernach

 
ape. Für Musikkenner interessant, weil selten zu hören; dennoch fürs breite Publikum reizvoll, weil zugänglich und schön: Konzertprogramme, die beide Bedingungen erfüllen, kriegt man nicht alle Tage. Der am Freitag auch live im Rundfunk SWR2 übertragene Abend „Huldigung an Schubert“ in der Andernacher Liebfrauenkirche war so ein Fall. Schwerpunkt des Konzerts sind zehn Gedichte, von Franz Schubert dereinst für Singesolist und Klavier zu Liedern vertont. Berühmte Verse von Schiller, Goethe, Schubart, Shakespeare, die ins Schuberts gewaltiges Liedschaffen Eingang fanden. In Andernach ersetzt die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz aus Ludwigshafen das Klavier: Das RheinVokal-Festival bietet die Schubert-Lieder in Bearbeitungen für Orchester durch Schubert-Verehrer wie Benjamin Britten, Max Reger oder Johannes Brahms.

Zu Gehör kommt ein irgendwie bekannter, aber doch irritierend ungewohnter Schubert. Der opulente Orchesterton lässt kaum etwas von der  Intimität eines Liederabends aufkommen. Das Farben-Spektrum des großen Klangkörpers bringt beinahe automatisch eine wirkungsmächtigere, an Effekten reichere Dramatisierung der Titel mit sich.

Wie Max Reger den „Erlkönig“ orchestrierte, Jac van Steen ihn in Andernach dirigiert und Bariton Thomas Mohr ihn singt, wird daraus ein urmächtiges, erschütterndes Tragikepos schier Wagnerscher Dimension. Wie Mezzosopranistin Iris Vermillion hier zur raffiniert konstruierten Orchestermusik „Gretchen am Spinnrade“ singt, enthüllt sich mit betörender Unmissverständlichkeit der eigentliche Sinn der Szene im Goetheschen „Faust“: die Jungfer in sexuellem Verlangen lichterloh entflammt.

Die beiden Solisten fällt die schwierige Aufgabe zu, gegen die Lockungen der Orchesterfülle den intimen Schubertschen Balladen die Mutation zu großen Opernarien zu verwehren. Vermillion und Mohr halten mit Bravour die Balance zwischen notwendig kräftiger Tongebung, die das vielköpfige „Begleitinstrument“ verlangt, und natürlicher Begrenzung, wie sie dem Liedgesang angemessen ist. Eine Balance, die der gewaltige Klangraum der  spätromanischen Pfeilerbasilika in Andernach nicht eben leicht macht.
„Huldigung an Schubert“ ist ein Abend der – interessanten - Widersprüche.

Da hinein passt schon fast wieder, was man sich bei anderer Gelegenheit verbitten würde: Auseinander gerissen, werden die Sätze von Luciano Berios Orchesterwerk „Rendering“ als Vor- und Zwischenspiele auf den Abend verteilt.  Die 1990 fertig gestellte Komposition basiert auf Fragmenten einer unvollendeten Schubert-Sinfonie (D 936a) und verbindet Abschnitte atonaler Moderne mit mächtig ausgreifender Klassik-Romantik. Jac van Steen sucht im „Rendering“ vor allem die majestätischen Klangflächen, die das Ludwigshafener Orchester mitsamt Gänsehauteffekt liefert. Sehr schön, aber vielleicht doch ein bisschen zu  dick aufgetragen? Geschmackssache
 
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