Kritiken Theater
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2006-06-13 Theaterkritik:
Shakespeare mit Aquarium

Stefan Otteni inszeniert in Bonn den "Sturm" als Machtexperiment
 
ape. Bonn. William Shakespeares "Sturm" gab es im regionalen Umfeld zuletzt Anfang der Spielzeit 2005/06 in Wiesbaden. Andras Fricsay hatte dort aus der Komödie mit großem Aufwand eine Musical-Show zwischen Rocky-Horror und Phantom-Schmalz gemacht. Das war viel popiges Entertainment bei ziemlich wenig Shakespeare. Stefan Otteni hat das Stück jetzt für die Kammerspiele Godesberg der Bühnen Bonn inszeniert. Das Ergebnis fällt deutlich klüger und interessanter aus - auch wenn gute Ideen bisweilen an mangelnder Personenführung kranken.
 
Es gibt Ähnlichkeiten zwischen Fricsays Wiesbadener und Ottenis Bonner "Sturm"-Einrichtungen. In beiden Fällen wird Prospero von einer Frau gespielt. Beides mal werden elektronische Stimmverfremdungen wichtig und gibt es Pop-Musik. Doch bleiben in Bonn dem Ariel Vorführungen als MTV-Video-Püppi erspart. Dieses Luftgeistes Stimmkunst ist Zauber, Waffe, Klagelaut. Tanja von Oertzen gibt ihren Prospero nicht als schillernder Fantasymagier, sondern als kühl kalkulierenden Inselmächtigen.

Und das ist offenbar Ottenis zentraler Gedanke: Prosperos Insel ist eine Arena für Machtkämpfe oder auch Labor für Macht-Versuche. Prospero herrscht dank fleißiger Buch-Lektüre über Ariel, Caliban und natürlich die eigene Tochter Miranda. Die Arena besteht aus einem unergründlichen Unten, wo Caliban haust. Von dort reicht eine Strickleiter hinauf ins Oben, zu einer Plattform. Das ist Prosperos, seiner Bücher und Künste Reich, das mal hoch am Himmel, mal knapp über dem Höllenschlund schwebt. Dazwischen die Menschwelt: ein Strand, umfasst von einem Wall aus Altkleidern nebst allerhand Gebein und bisweilen gar lebendig werdenden Schlafgeistern dazwischen.

Franz Lehrs Bühne ist eine graue, eine abstrakte Welt. Richtig Effekt macht anfangs der Sturm, mit dem Prospero seine Feinde auf die Insel verschlägt: In einem Aquarium riesengroß strampelt und zappelt König Alonsos (Günter Alt) Hofstaat um Luft und Grund. Nach diesem fulminanten Auftakt fällt die Inszenierung unter schierem Einheitslicht in schieren Kammerspielton zwischen tiefer Nachdenklichkeit, aber leider auch einiger Behäbigkeit.

In die vordersten Zuschauerreihen ist ein heimeliges Sofa eingebaut. Auf dem erzählt Prospero der Tochter Miranda die Vorgeschichte, von dort schaut mal die Alte, mal die Kleine dem Spiel um Leben und Tod, Macht und Gerechtigkeit zu. Nina Weiß spielt das Mädchen als reizende Göre. Ihr und Maria Munkerts Ariel ist es zu danken, dass dies Spiel sich nicht in klugen Längen erschöpft, sondern auch von Lebensfreude und Liebeslust handelt.
 
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