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2006-06-10 Porträt:
Eine musikalische „Ehe zu viert“

„Acanthis-Quartett“ leistet seit Jahren wertvolle Beiträge
 zum Kammermusikleben am Mittelrhein
 
ape. Was haben eine Japanerin, eine Hannoveranerin und ein Oberfranke gemeinsam? Im vorliegenden Fall die klassische Musik und – einen Vogel. Gemeint ist nicht der sprichwörtliche Piepmatz, sondern ein „geselliger Singvogel“, in dessen wissenschaftlicher Bezeichnung das Wort „acanthis“ vorkommt. Dieses acanthis haben sich unsere Musiker 1994 von der Ornithologie entliehen, um danach ihr „Acanthis-Quartett“ zu benennen. So jedenfalls erklärt Bettina Hagedorn, die Hannoveranerin, die Namensfindung für das Ensemble, dem sie als Cellistin angehört. Alle Gründer des „Acanthis-Quartetts“ sind Mitglieder des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie (SRP). Vierter im Bunde der Erstbesetzung war über Jahre Bratscher Jan Förster, dessen Stelle später Elke Chibiziura einnahm. Der verbliebene Stamm-Dreier aus Hagedorn, dem Oberfranken Ernst Triner und seiner japanischen Violin-Kollegin Mariko Nishizaki steht nun allerdings vor einem Problem: Ihre Bratsche ist abgängig - Chibiziura wechselte 2004 zu den Bochumer Symphonikern, nahm jetzt einen Ruf ins Orchester ihrer Heimatstadt Graz an.
 
Für Professor Triner (1. Konzertmeister beim SRP) und Frau Nishizaki ist das keine ganz unbekannte Situation. Beide hatten schon beim Vorläufer des Acanthis, dem „Streichquartett der Rheinischen Philharmonie“, immer wieder mal einen Wechsel durchzustehen. Triner erinnert sich, dass sie damals das Probevorspiel von Bettina Hagedorn für die Aufnahme ins SRP mit durchaus eigennütziger Spannung verfolgten: Wie das große Orchester, so brauchte 1994 auch das kleine Quartett dringend einen Cello-Neuzugang. Jetzt sind sie erneut auf der Suche nach einer vierten Kraft, diesmal eben einer Bratsche. Man habe da schon jemanden im Auge, müsse nun aber erstmal ausprobieren, ob das „zueinander passt“.

Und passen muss es unbedingt. Strapazierfähig muss die neue Konstellation sein – denn die Zusammenarbeit im Quartett verlangt fortwährendes Zusammenraufen von vier künstlerischen Persönlichkeiten. Im Falle Acanthis herrscht das Gleichheits-Prinzip, was die Sache interessanter, aber nicht einfacher macht. Zumal in der Musik der Kompromiss nicht immer die beste Lösung ist. Da kracht es dann bisweilen recht heftig im Gebälk, bekennen Triner, Hagedorn und Nishizaki im Gespräch. Da wird musikalische Schwerarbeit auch zur zwischenmenschlichen Schwerstarbeit. Und wie funktioniert es dennoch? Einerseits: Auseinandersetzungen immer hart an der Sache, also an musikalischen Fragestellungen führen, persönliche Angriffe tunlichst vermeiden. Andererseits: Kritik nicht als persönlichen Angriff verstehen. „Das ist wie eine Ehe zu viert“, sagt Triner – einziger Mann unter drei Frauen. Er fügt jedoch hinzu: „Wir streiten nur beim Quartett, sonst nie.“

Man müsse schon irgendwie besessen sein davon, heißt es in der Runde, um im Quartett, „dieser wohl arbeitsintensivsten Kammermusikformation“, über Jahre bei der Stange zu bleiben. Und Jahre braucht es eben auch, bis vier Einzelmusiker in jener Weise miteinander verschmelzen, dass das Quartett als kleinster vollstimmiger Klangkörper erstrahlen kann. Denn am Ende zählt, was hinten rauskommt. Das waren beim Acanthis-Quartett in guten Jahren zwölf Konzerte nebst etlichen musikalischen Rahmungen bei gesellschaftlichen Anlässen. Das ist ein ausgezeichneter Ruf, den das Ensemble vor allem in seiner Kernregion Mittelrhein, aber auch darüber hinaus, genießt. Das ist ein bemerkenswertes, breit gefächertes  Repertoire an Streichquartett-Literatur, von Alter Musik über Klassik und Romantik bis zu den spannendsten Vertretern des 20. Jahrhunderts.

Der nächste Auftritt vor heimischen Publikum steht für den 18. Juni bei der „Stunde der Philharmonie“ im Koblenzer Görreshaus auf dem Plan. Am 2. Juli geht es dann zu einem Konzert nach Münchberg in Triners oberfränkischer Heimat. Allerdings: „Das Konzertgeschäft in der Kammermusik ist allgemein schwieriger geworden“ bedauert der Violinist. Passende Auftritte zu bekommen, sei heute doch aufwändiger als noch vor einigen Jahren. Konzerte aber sind wichtig für den Bestand und die Entwicklung eines Ensembles. Natürlich würden die Acanthis-Musiker auch aus Spaß an der Freud´ im eigenen Wohnzimmer spielen. Aber die Herausforderung des öffentlichen Auftretens erzeugt doch erst die Motivation und den Druck, außerhalb des Orchesterdienstes beträchtliche Teile der Freizeit über Jahre aufs anspruchsvolle Quartett-Spiel zu verwenden. Davon lassen möchten Bettina Hagedorn, Mariko Nishizaki und Ernst Triner dennoch auf gar keinen Fall. Warum? Die Frage beantwortet die Japanerin mit einem Hinweis auf ihre Mutter: Die Mama habe immer gesagt,  „Streichquartette sind die beste Musik“.
 
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