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2006-06-01 Tanztheater:
Verneigung vor Pina Bausch

Tanztheater Wuppertal beschließt  mit verspieltem Szenenmosaik "Ten Chi" die Maifestspiele Wiesabden

ape. Wiesabden. Letzter Abend bei den Maifestspielen Wiesbaden. Vor dem Staatstheater etliche Leute, die Schildchen "Karte gesucht" recken. Ausverkauftes Haus, in dem nach dreistündiger Aufführung die Bühnenakteure bejubelt werden - sich schließlich das Publikum von den Plätzen erhebt, um eine 65-Jährige zu ehren: Pina Bausch, die Grande Dame des Tanztheaters.
 
Ihre Wuppertaler Truppe hatte "Ten Chi" nach Wiesbaden mitgebracht. Dieses in Japan entstandene, 2004 im deutschen Stammhaus der Kompagnie uraufgeführte Stück ist ein Mosaik aus zahllosen leichten, verspielten, neckischen, ironischen Kleinszenen und Episödchen. Eine schöne Arbeit, aber sie reicht an Bausch-Klassiker wie "Sacre du printemps" (1975), "Café Müller" (1978) oder "Nelken" (1983) gewiss nicht heran.

Ohne eine einzige große Formation, spricht "Ten Chi" im schnellen Wechsel der Soli, Duos, allenfalls Trios aber doch vom ewigen Thema der großen Regie-Choreografin: dem Sehnen nach Liebe. Weil dem Werk ein übergreifender dramatischer Bogen fehlt, folgen Blick und Verstand bisweilen etwas hilflos den mal von den Seiten des Zuschauerraumes, dann wieder aus verschiedenen Ecken der Bühne angetanzten Kurzszenen. Die sind manchmal so unverbunden wie die aus Ethno-Klängen, Asia-Pop, Jazz, Tango oder Samba zusammengesetzte Musik vom Band.

Wie häufig beim modernen Tanz, kommt das Glück erst zum Zuseher, wenn er die Erwartung auf erzählende Handlung und Botschaft fahren lässt, wenn er den Moment fixiert und sich auf die Kleinteiligkeit des Tanzes selbst konzentriert. Hilflos bleibt, wer nach der Devise schaut: Was will Pina Bausch mir sagen? Bewegendes Erlebnis hingegen resultiert aus der Haltung: Was kann ich in Pina Bauschs Kunst finden? Das etwa: Frauen zwischen schriller Eitelkeit und keckem Selbstbewusstsein, zwischen forderndem Begehren und sehnender Schmiegsamkeit, zwischen normiertem Krampf und natürlicher Gelöstheit. Männer als Gockel und Kraftprotze oder aber in der Welt Verlorene.

So viel Tanz und so wenig Theater war bei Pina Bausch lange nicht mehr. Mit Japan hat "Ten Chi" allerdings wenig zu tun, sieht man ab vom Dauerregen weißer Blütenblätter auf eine Kulisse aus Schwanz und Rückflosse eines Wales, sieht man auch ab von Spielereien mit Wörtern wie Sushi, Geisha, Harakiri. Japan ist halt bloß noch Teil globaler Kultur - wie das, was Frauen und Männer dort miteinander haben oder zumeist nicht haben, eben auch.

Der Auftritt des Tanztheaters Wuppertal war angemessener Schlusspunkt glänzend verlaufener Maifestspiele 2006. Wiesbadens Intendant Manfred Beilharz bilanzierte noch am Abend für 49 Gastspiele mehr als 24 000 Besucher und 94 Prozent Auslastung: "Rekordverdächtig."
 
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