Thema Kultur
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2006-05-24 Analyse:
Ein Unikum in der Festivallandschaft

Perspektiven für das "Internationale Jacques Offenbach Festival" in Bad Ems
 
ape. Bad Ems. Am 31. Mai beginnt in der historischen Kurstadt Bad Ems zum 16. Mal eine Veranstaltungreihe, wie es in dieser Art weltweit keine zweite geben soll: das „Internationale Jacques Offenbach Festival“ (bis 16. Juni). Ralf-Olivier Schwarz, stellvertretender Leiter des Festivals, ist sich sicher:  Nirgendwo sonst existiere eine nach Anspruch und Umfang vergleichbare Unternehmung, die einzig und allein dem 1819 in Köln geborenen Pariser Begründer der Gattung Operette gewidmet ist, Jacques Offenbach (1819-1880).
 
Dem Außenstehenden mag die Einordnung „weltweit einmalig“ etwas protzig vorkommen, denn die zweieinhalb Offenbach-Wochen an der Lahn standen mit ihren neun Konzerten, Theateraufführungen und Fachgesprächen bislang selbst im Kreis der rheinland-pfälzischen Musikfestivals eher im Hintergrund. "Mittelrhein Musik Moment", "RheinVokal", "Moselfestwochen" – alle drei bringen hinsichtlich Menge der Veranstaltungen, Besucherzahl und öffentlicher Resonanz mehr Gewicht auf die Waage.

Und doch besitzt das Offenbach-Festival bemerkenswerte Eigenheiten. Was seine Verwurzelung in der Region angeht, etwa diese: Vor 25 Jahren gegründet, ist es das älteste Musikfestival im nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz. Mit Sicherheit war es das erste, das sehr speziell interessierter Musikfreunde auch von jenseits der Landesgrenzen anzog. Sie strömten nicht in Massen, aber sie kommen in allmählich wachsender Zahl – Freunde der Offenbach-Musik, passionierte Offenbachianer. Denn Bad Ems bietet etwas, dass es tatsächlich sonst nirgendwo mehr gibt: Musik- und Musiktheaterwerke von Jacques Offenbach in der einzigen noch original erhaltenen Wirkungsstätte des Komponisten, dem historischen Kurhaus am Lahn-Ufer mit Marmorsaal und Theater.

Dem von Rheuma geplagten Kapellmeister der Comédie Francaise und späteren Direktor des „Théatre des Bouffes-Parisien“ an den Pariser Champs-Elysées war Bad Ems für zwölf Jahre beinahe zweite Heimat. In seinem dortigen Hotelzimmer stellte Offenbach den „Orpheus“ fertig, komponierte acht Ein- und Zweiakter. Vor dem zur Kur an der Lahn weilenden europäischen Hochadel „testete“ er zwischen 1858 und 1866 viele seiner launigen Arbeiten, bevor er sie in Paris oder Wien auf die Bühne brachte.

Sie ist also kein Werbe-Gag, sondern es gibt sie wirklich: die starke historische Verbindung zwischen dem Schöpfer von „Hoffmanns Erzählungen“ und der Stadt Bad Ems. Ein Offenbach-Spezialfestival dort hat demnach eine ernsthafte Berechtigung. Das Festival selbst erlebte über die Jahre Höhen und Tiefen;  musste, nicht ohne Not, von einjährigem auf zweijährigen Veranstaltungsrhythmus wechseln, findet jetzt wieder jährlich statt. Ortskundige Beobachter meinen, dass in Teilen der Bevölkerung und der Politik gegenüber „dieser ganzen Offenbach-Sache“ eher eine gewisse Gleichgültigkeit herrsche.

Nicht so bei Bürgermeister Ottmar Canz und Stadtmarketing-Chef Robert Lohkamp. Die sehen in einer positiven Entwicklung des Festivals Möglichkeiten nachhaltiger Standortförderung. Mehr noch: Zusammen mit der künstlerischen Leitung um den Frankfurter Musikprofessor Peter Ackermann möchten sie „Bad Ems – die Offenbach-Stadt“ als Marke weit über Rheinland-Pfalz hinaus bekannt machen. Basis dafür kann nur das künstlerische Renommee des Festivals selbst sein. Die Zeichen für dessen Anhebung stehen gut, seit Ackermann vor zwei Jahren die Leitung übernommen hat. Er verfolgt ein ambitioniertes Konzept, das Offenbach-Forschung, hochrangige Realisationen von Urfassungen Offenbachscher Werke und genussreiches öffentliches Rezeptionserlebnis in Bad Ems zusammenführen will.

Die Chancen, die sich aus den Emser „Einmaligkeiten“ dadurch ergeben, werden andernorts erkannt. Claudia Eder, Leiterin der Gesangsausbildung an der Uni Mainz, will sich mit jungen Sängertalenten einbringen. Der Südwestrundfunk (SWR) hat angekündigt, von der Saison 07/08 an als Mitveranstalter, mit einem SWR-Orchester und mit Radioaufnahmen einsteigen zu wollen. Das SWR-Orchester Kaiserslautern bestreitet schon beim diesjährigen Festival – das heuer erstmals mit dem Rossini-Festival in Wildbad kooperiert - die Deutsche Erstaufführung einer revidierten kritischen Fassung von „Schuster und Millionär“. Das WDR-Rundfunkorchester Köln präsentiert konzertant zwei nahezu unbekannte Einakter von Offenbach.

Klangkörper von Gewicht, Solisten von Rang, Präziosen aus dem Oeuvre Offenbachs am einzig erhaltenen Originalschauplatz und dazu die Neugierde der Spezialisten auf jüngste Forschungsergebnisse über den Operetten-Meister: Da könnte an der Lahn etwas wachsen, das von Offenbachianern und von breiterem Publikum auch wirklich als „Einmaligkeit“ begriffen wird – regional, national, international.
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken