Thema Kultur
Thema Menschen / Initiativen
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2006-05-19 Gespräch:
Hofmann-Göttig ist wieder zurück

Der neue Kulturstaatssekretär von Rheinland-Pfalz über Pläne und Strategien
für die Kulturpolitik des Landes in den nächsten Jahren
 
ape/cla.  Zusammen mit der neuen Landesregierung trat gestern in Mainz auch ein neuer Kulturstaatssekretär seinen Dienst an. Doch Joachim Hofmann-Göttig ist kein Anfänger in diesem Amt, er hatte es schließlich von 1991 bis 2001 schon einmal inne. Wir sprachen mit dem in Koblenz lebenden SPD-Politiker über Pläne und Strategien für die rheinland-pfälzische Kulturpolitik in den nächsten Jahren.
 
Es ist unverkennbar: Joachim Hofmann-Göttig freut sich richtig auf seinen neuen Job. Nach fünf Jahren als Staatssekretär im Bildungsministerium kehrt er zu seinem Lieblingsressort im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur zurück: der Kultur in Rheinland-Pfalz, für die er bis 2001 schon einmal zehn Jahre zuständig war. Die Kultur betrachtet er als "lohnende Aufgabe für den verbleibenden Teil meines Berufslebens". Und seinen neuen Chef, Minister Jürgen Zöllner, nennt er einen "Politiker, der mir sehr imponiert, der die Richtung vorgibt."

Es ist ebenso unverkennbar: Auch viele Kulturschaffende im Land sind froh, teils begeistert über die Rückkehr Hofmann-Göttigs ins alte Amt. Die Erwartungen sind hoch, enorm hoch. Zu hoch? Schließlich wird auch dieser Politiker die klammen Kassen nicht auf wundersame Weise füllen können.

Ja, er hat den Eindruck, dass er sehr willkommen ist, "und das ist ein wirklich gutes Gefühl", sagt der 54-Jährige im Gespräch. In der Tat aber dürfe man nicht erwarten, "dass ich neues Geld drucke. Meine Hauptaufgabe wird darin bestehen, zur Vernetzung der vielfältigen Bereiche des Kulturlebens und zu dessen öffentlicher Profilierung beizutragen. Auch sicherzustellen, dass das, was es an Kreativität und Engagement gibt, seitens der Landesregierung gesehen wird."

Der Neue mag die Formulierung von der "Rückkehr ins alte Amt" nicht gelten lassen. Die Sache liege "heute ganz anders". Erstmals wurden im erweiterten Zöllner-Ministerium zwei Staatssekretäre installiert. Hofmann-Göttig ist einer davon und wird künftig "einzig und allein für die Kulturpflege des Landes zuständig sein. Diese Konstruktion, ein Staatssekretär nur für die Kultur, ist in Rheinland-Pfalz eine Premiere und gibt es Deutschland nur noch in einem zweiten Land."

Er sieht darin ein Signal für den hohen Stellenwert, den die Landesregierung der Kultur beimisst. Und er sieht darin eine Chance: "Zwischen 1991 und 2001 musste ich mich noch um andere Bereiche kümmern, konnte höchstens 50 Prozent meiner Zeit für die Kultur aufwenden." Das wird jetzt anders sein, und "ich hoffe, das kommt der Kultur zugute".

Es wäre verfrüht, am Tage der Amtseinführung gleich bündige Antworten auf jene unzähligen Detailfragen zu erwarten, die der Kulturszene auf den Nägeln brennen. Aber der Mitbegründer des rheinland-pfälzischen Kultursommers, Initiator der Landesstiftung Villa Musica und maßgebliche Treibsatz für das Mittelrhein-Welterbe hat sich natürlich schon Gedanken über Grundzüge seiner künftigen Arbeit gemacht.

EHRGEIZIGE ZIELMARKE

Deren Erläuterung beginnt mit einer ehrgeizigen Zielmarke, die er binnen fünf Jahren erreicht haben will: "Dass die Kulturpolitik in Rheinland-Pfalz dasselbe Ansehen hat, wie es etwa die Wissenschaftspolitik genießt. Ich nenne bewusst diesen Sektor, weil er im gleichen Ministerium angesiedelt ist und die Problemlagen sich ähneln: Beide Politikbereiche sind unterfinanziert, müssen aber gleichwohl profiliert werden. Es gibt Chancen, dass man das hinkriegt."

Welche Chancen? Wie soll das gehen? Hofmann-Göttig skizziert eine Strategie, die auf vier Säulen steht. Die erste: Rheinland-Pfalz soll sich als EIN Kulturland verstehen lernen und als solches nach außen profilieren. Nach seiner Überzeugung kommt den vier Unesco-Welterbestätten (Speyrer Dom, römisches Trier, Mittelrhein und Limes) dabei eine zentrale Funktion zu. "Es gibt in Deutschland kein zweites Bundesland, das sich so stark als Weltkulturerbe-Land begreifen könnte", erklärt er fast beschwörend und verweist darauf, dass die vier Welterben sich geografisch gleichmäßig auf das Land verteilen. Damit können sie als Drehkreuz und "Verklammerung" fungieren. Dadurch könne Rheinland-Pfalz national und international viel besser wahrgenommen werden als "ein zusammenhängendes Kulturland, in dem es unheimlich viel zu entdecken gibt - eben auch ein sehr reiches Kulturleben".

Die Entwicklung der Welterbestätten wird ein Schwerpunkt in der Arbeit des neuen Kulturstaatsekretärs sein, der zugleich Regierungsbeauftragter für das Weltkulturerbe ist. So wie er vor Jahren in der Bewegung um die Anerkennung des Mittelrheintals als Welterbe für die Überwindung des Kirchturmdenkens am Rhein warb, so wird Hofmann-Göttig nun für ein Miteinander aller Landesteile werben. Womit wir bei der zweiten Säule seiner Strategie wären: der Vernetzung - "die ja vor 15 Jahren auch schon der Gründungsgedanke des Kultursommers war". Wichtig sei, dass man anknüpft an der Kreativität, die schon da ist. "Ich will dazu beitragen, dass Kultur nicht nur in Spartendenken verharrt, sondern in ihrer ganzen Vielfalt gesehen wird."

"Die Hälfte der Miete in der Kulturpolitik ist die Zusammenführung von hervorragenden Menschen. Wir haben eine Crew von vielleicht 50 Leistungsträgern, die wirklich in der Lage sind, Kulturschaffen national und international zu profilieren. Die muss man zusammenbringen, und die muss man machen lassen können." Hofmann-Göttig spricht von seiner Aufgabe, dazu beizutragen, dass etwa die Musikfestivals am Rhein - Mittelrhein Musik Momente, RheinVokal und die Engers-Open-Airs - sich gut miteinander vertragen. Er spricht von Großprojekten wie der Trierer Konstantin-Ausstellung oder der Eröffnung des Arp-Museums und davon, dass er andere Teile der Kulturszene ermutigen möchte, nachzudenken, wie sie sich dabei einbringen könnten.

VERNETZUNG ÜBERALLl

"Alles, was zur Vernetzung und zur nationalen wie internationalen Profilierung der Kulturlandschaft von Rheinland-Pfalz beiträgt, ist gut." Die Botschaft hört man gern, allein - auch das braucht Geld. Was Hofmann-Göttig weder bestreitet noch übersieht, obgleich er keinerlei Hoffnungen auf zusätzliche Geldflüsse aus den Landeskulturtöpfen machen kann. Weshalb die dritte Säule seiner Strategie heißt: Neue Spielräume, auch finanzieller Art, für die Kultur schaffen; Synergien ausschöpfen. Das nun hat direkt mit allen anderen Säulen zu tun, von denen er die vierte beschreibt als "niedrig-schwellige Angebote machen, die dazu beitragen, mehr Kulturinteresse zu erzeugen".

Hier verbindet sich die alte Maxime von der "Kultur für alle" mit dem Gedanken, dass Kulturveranstalter ihr Ansehen und ihr Publikum auch vergrößern müssen, um mehr Einnahmen zu erzielen. "Worauf es mir ankommt: Wegkommen vom Jammern nach der Art ,keiner kauft meine Bilder, keiner kommt in die Konzerte". Das hilft überhaupt nichts. Es geht nur um die Frage: Was führt da heraus, was fällt mir ein, um das zu ändern? Nur diese Frage ist interessant!" Und da lautet für ihn die klassische Antwort: "Die Leute abholen, mitnehmen, überraschen."

Hofmann-Göttig umreißt seine "strategische Orientierung, wie wir Geld in die Kultur kriegen" so: "Erstens durch die Erschließung von Spielräumen aus dem eigenen Bestand heraus, also durch Sparen, Nutzung von Synergien und Steigerung der Eigeneinnahmen in der Kultur selbst. Zweitens durch die Erschließung von Finanzquellen andernorts, etwa aus der Tourismus- oder der Strukturförderung." Obwohl er den Begriff "Kultur als Standortfaktor" kein einziges Mal benutzt, spricht er doch die ganze Zeit davon. Hörbar nach der Devise: Wenn die Landeskultur sich für jedermann sichtbar zum richtigen Pfund für die nationale und internationale Vermarktung von Rheinland-Pfalz entwickelt, hat sie auch selbst den größten Nutzen davon.

NUTZEN FÜR ALLE SEITEN

Das gilt für den wegen gesunkener Zinsen auf das Stiftungskapital inzwischen arg beengten Kultursommer, "der viel dazu beigetragen hat, einen Stolz zu entwickeln, was es im Land alles gibt. Er hat es aber nicht geschafft, eine über die Landesgrenzen hinaus wahrnehmbare Marke zu werden. Daran müssen wir weiter arbeiten." Und der Kulturstaatssekretär ist überzeugt, "dass die handelnden Personen den Ehrgeiz dazu haben, vorneweg der Künstlerische Leiter Jürgen Hardeck, der für mich zu den ganz großen Figuren unserer Kulturszene gehört."

Das gilt für die Staatsorchester - die laut Hofmann-Göttig keine zweite Phase der Orchesterstrukturreform befürchten müssen. Das gilt für die Museen, die Theater und die freie Szene. Das gilt sogar für die Denkmalpflege: "Natürlich müssen Denkmäler geschützt werden, aber sie müssen zugleich auch so geöffnet werden, dass man damit der Öffentlichkeit signalisiert, wofür das Geld zum Einsatz kommt. Man muss klar machen, dass auch Denkmalpflege Arbeitsplätze erhalten kann, wenn - wie bei unseren Burgen und Schlössern - die Verknüpfung mit dem Tourismus stattfindet."

Ein Thema noch, das Hofmann-Göttig während seiner Zeit im Bildungsministerium besonders wichtig war und bleiben wird: "Für mich persönlich ist Nachwuchsarbeit einer der faszinierendsten Aspekte des Kulturlebens - und kulturelle Bildung einer der wichtigsten Aspekte des Bildungswesens." Also kann und soll die Kulturszene zur kulturellen Bildung in den Schulen beitragen. Wieder eine Art Vernetzung - mit substanziellem Gewinn für beide Seiten und obendrein der Möglichkeit für die Kultur, weitere materielle Spielräume zu erschließen.

Und was geschieht nun zuerst? Der neue Kulturstaatssekretär will noch vor der Sommerpause alle bedeutenden Kultureinrichtungen des Landes besuchen. Er will sich von den jeweils handelnden Personen sagen lassen, woran man gerade arbeitet, wo der Schuh drückt, und welche Erwartungen an ihn bestehen. Hernach beginnt dann die Arbeit am Detail - in dem ja bekanntlich der Teufel steckt.

(Co-Autor: Claus Ambrosius)
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken