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2006-04-06 Analyse-Serie:
Globales Dorf platzt aus allen Nähten

Wider die Hysterie in der deutschen Geburtendiskussion - Teil 2
 
ape. Die Bevölkerungsentwicklung läuft in verschiedenen Teilen der Erde unterschiedlich. Während in Deutschland ein Schwund befürchtet wird, wächst die Weltbevölkerung in bedrohlicher Rasanz weiter. Die entscheidende Frage lautet: Ist das Boot Erde nicht längst überfüllt?
 
Im ersten Teil dieser Artikel-Reihe wurde festgestellt, dass die Geburtenrate reihum in den Industrieländern sinkt. Warum gibt es dennoch Zweifel am vorhergesagten  Acht-prozentigen Bevölkerungsminus in Deutschland bis 2050? Weil der biologische Faktor nur einer unter mehreren ist. Ein entscheidender zweiter Faktor ist die Migration, sind Einwanderung und Auswanderung.
Sollte es irgendwann tatsächlich gravierende Probleme auf Grund des heimischen Bevölkerungsrückganges in Deutschland geben, dürften Forderungen nach offensiver Einwandereranwerbung nicht lange auf sich warten lassen. Wenn die Not, sprich der Menschenmangel (insbesondere Arbeitskräfte) wirklich einmal existenzielle Größe annähme, die Bedenkenträger in Sachen Überfremdung würden rasch verstummen.

MIGRATION WAR IMMER

Wie sie verstummten, als im 19. Jahrhundert Fremdarbeiter nebst Familien aus ganz Europa ins Ruhrgebiet strömten. Wie sie verstummten, als später Polen und Jugoslawen, dann Italiener und Griechen, nachher die Türken und zuletzt (vergeblich) studierte Inder als Arbeitskräfte ins Land gerufen wurden. Sollte sich Kindermangel je zu einer Existenzfrage für das Land auswachsen, wird es kein langes Zögern geben, vor allem gebärfreudige Landsmannschaften als Einwanderer anzuwerben.

Und es wird nicht schwer sein, sie hierher zu bekommen, denn im Großteil der übrigen Welt entwickeln sich die Bevölkerungsverhältnisse nach wie vor genau andersherum als in den Industrieländern. Zwar sinkt die Geburtenrate auch in den Entwicklungsländern und in den Schwellenländern schon seit etlichen Jahren. Dennoch liegt die Fruchtbarkeitsrate dort anhaltend weit über dem Ersatzniveau.

Im Schnitt aller Entwicklungsländer werden drei Kinder pro Frau geboren. Rekordhalter ist der afrikanische Kontinent mit 5,1, mit großem Abstand folgen Lateinamerika (2,6) und Asien (2,5). Wobei die erstaunlich niedrige Rate in Asien sich aus dem ziemlich rasch zunehmenden Bildungsstandard in Japan und den „Tigerstaaten“ erklärt, vor allem aber aus der chinesischen Ein-Kind-Politik. Den gesamten Erdball in den statistischen Blick genommen, ergibt sich eine globale Fruchtbarkeitsrate von durchschnittlich 2,7 Kindern pro Frau. Das entspricht 21 Geburten pro 1000 Erdenbewohnern im Jahr, dem stehen 9 Todesfälle pro 1000 gegenüber. Mithin wächst die Menschheit immer weiter, zurzeit um 1,2 Prozent pro Jahr.

Die Zahlen machen einen Zusammenhang deutlich, der in der hysterischen deutschen Nabelschau völlig untergeht: Die größten Herausforderungen der Gegenwart und der nächsten Zukunft rühren nicht von Unterbevölkerung in einigen Gegenden des Erdballs, sondern von gravierender Überbevölkerung in den meisten Teilen der Erde. 6,5 Milliarden, also 6500 Millionen Menschen leben derzeit auf dem Globus.

Das biblische „wachset und mehret euch“ hat in erschreckendem Maße gut funktioniert – genau genommen allerdings erst ab der industriellen Neuzeit. Die Historiker gehen für die Zeit um Christi Geburt von einer Weltbevölkerung zwischen 200 und 400 Millionen Menschen aus. Die Zahl stieg bis ins Jahr 1804 extrem langsam auf eine Milliarde an. Von da an ging es dann rasant aufwärts: Binnen nur 123 Jahren bis 1927 hatte sich die Menschheit auf zwei Milliarden verdoppelt. 1955 waren es  knapp drei Milliarden,  1981 wurden 4,8 Milliarden gezählt.  Heute sind es sechseinhalb, spätesten 2013 werden es sieben Milliarden sein. Für 2050 rechnet die UNO im günstigsten Fall mit etwa 8,5 Milliarden Menschen auf Erden, wenn´s schlecht läuft, können es auch zehn Milliarden werden.

Frage: Wann ist das Boot voll? Bei welcher Kopfstärke säuft das Schiffchen Erde ab? Im Jahre 1741 veröffentlichte der Denker und Wissenschaftler Johann Peter Süßmilch in Berlin eine Schrift, in der er vorrechnete, dass die maximale „Tragfähigkeit der Erde“, wie er es nannte, 14 Milliarden Menschen umfasse.
Zu Süßmilchs Zeit lebten über 90 Prozent der Bevölkerung in und von der Landwirtschaft. Das würde so nicht bleiben, wusste er: Und setzte eine enorme Produktivitätssteigerung in Landwirtschaft, Manufakturwesen und Handel voraus. Süßmilch war ein kluger, weit vorausschauender und fantasievoller Mann. Immerhin erkannte er, dass die Belastbarkeit des Planeten letztlich begrenzt ist.

DER PLANET IST BEGRENZT

Aber dieses Limit lag für ihn in schier unendlicher Ferne. Wir erinnern uns: zu seiner Zeit lebten noch nicht einmal eine Milliarde Menschen auf Erden. Für Süßmilch war der Globus vorderhand ein gigantischer Entwicklungs- und Wachstumsraum. Grenzen des Wachstums, Verknappung der Ressourcen, Umweltverschmutzung bis hin zur Klimabeeinflussung, schmelzende Polkappen, verdunstende Meere, versteppende Äcker etc pp. – das ganze Problemszenario heutiger Zeit entzog sich seiner Vorstellungskraft ebenso wie der Sachverhalt, dass es einmal Milliarden Menschen geben könnte, von denen jeder direkt und indirekt 1000 mal mehr Luft, Boden, Wasser, Energie und Rohstoffe verbraucht als der Zeitgenosse des 18. Jahrhunderts.

Angesichts der heutigen Realitäten bei noch nicht einmal halb so vielen Menschen auf Erden, erweist sich die 14-Milliarden-Größe als unhaltbar. Und doch wird vielfach so getan, als existiere das Überbevölkerungsproblem einfach nicht: Beispielsweise verfährt die gesamte Weltwirtschaft nach dieser Devise, insofern ihr quasi ur- oder eigengesetzliches Streben vollständig auf Wachstum ausgerichtet ist.


  Zum Teil 3 hier klicken: Weltbevölkerung muss schrumpfen
 
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