Kolumne Begegnungen regional
Thema Menschen / Initiativen
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2005-12-03: Begegnung
Thomas Metz und seine Schlösser
Vierte Begegnung von Andreas Pecht: Der Chef von Landesmuseum und "Burgen, Schlösser, Altertümer" im Gespräch
 
ape. KOBLENZ. Der Hausherr mit wehendem Haar und Rockschoß vorneweg, unser Autor Andreas Pecht eilends hinterdrein. So kann man sich den Auftakt zur diesmaligen "Begegnung" vorstellen - sie begann mit einem Schnellrundgang durch 3000 Jahre Festungsgeschichte auf dem Ehrenbreitstein. Im alten Gemäuer residiert Thomas Metz, von Amts wegen Herr über rund 70 rheinland-pfälzische Burgen, Schlösser, Altertümer und zugleich Direktor des Landesmuseums Kob-lenz in der Festung.
 
Einen Beamten denkt man sich gemeinhin anders. Thomas Metz hat keineswegs die Ruhe weg. Ob Villa Musica, Mittelrhein Musik Momente, RheinVokal, Koblenz-Touristik, Landesdenkmalpflege, Kultursommer, Welterbestätten im Land ...: Mit allen und allem hat er zu schaffen. Schließlich sind dem 50-jährigen studierten Architekten mit dem Posaunenlachen seit 1998 Sicherung, Unterhalt, Pflege und "Belebung" kulturhistorischer Bauwerke des Landes Rheinland-Pfalz aufgegeben.

Zentrale dieser "Bele- bungs"-Bewegung ist die Landeseinrichtung "Burgen, Schlösser, Altertümer" (BSA). Weil Verwaltungsstrukturen oft rätselhaft sind, wird der "Herr der Burgen und Schlösser" um Aufklärung gebeten: Wem gehört die Festung Ehrenbreitstein eigentlich, und wer hat das Sagen? Die Sache ist kompliziert, hängen bleibt das: BSA und Landesmuseum, denen Metz vorsteht, sind dem Mainzer Kulturministerium unterstellt, ebenso eine archäologische Abteilung, die als dritte Partei auf der Festung ihr Domizil hat. Mithin ist nicht Thomas Metz der eigentliche Festungsherr, sondern dessen Chef, Kulturminister Zöllner.

Das Gespräch in Metzens großem, von "produktivem Chaos" und den Festungsbauformen geprägten Büro macht mal wieder bewusst, dass so manches Koblenzer Wahrzeichen sich in "auswärtigem" Besitz befindet: Die Festung gehört dem Land, Stolzenfels ebenfalls, das

Koblenzer Schloss dem Bund; wenigstens das Deutsche Eck hatte Scharping seinerzeit der Stadt vermacht.

Neid auf Ressourcen?

Bei städtischen Kulturmachern ist bisweilen ein gewisser Neid auf die Landes-Ressourcen der Festung herauszuhören: Von deren Sach- und Personalausstattung kann man unten nur träumen. Wie sind sie eigentlich, die Beziehungen zwischen Landesmuseum und Stadtkultur, etwa Mittelrhein- oder Ludwig Museum? Recht gut, glaubt Metz. Bestens klappt"s mit Mario Kramp vom Mittelrhein-Museum, "schon wegen der kulturhistorischen Gemeinsamkeiten". Sowieso sitzen nach seiner Überzeugung die Museen in einem Boot, insofern die Aufwertung von Koblenz als Ausstellungsort allen nutze.

Bleiben wir bei der "Belebung". Auf Stolzenfels wird nun eifrig musiziert, und hochzeiten kann man dort auch. Ehrenbreitstein hat schon Festivals aller Größen und Genres erlebt. Die Öffnung der historischen Areale fürs vielfältige Kulturleben ist offizielle Kulturpolitik des Landes. "Meine Aufgabe als Beamter ist nicht Entwicklung der kulturpolitischen Ziele, sondern deren Umsetzung nach bestem Wissen und Gewissen", sagt Metz. Hört man recht? Sollte dieser umtriebige Kerl nur williges Vollzugsorgan sein? Ein Missverständnis. Er steht hinter dem, was er tut; wollte in diesem Fall ausdrücken, dass er nicht Zensor ist darüber, welche Art Kultur in Burgen und Schlössern betrieben wird.

Bringt die "Belebung" Reibereien mit dem Denkmalschutz? Metz erinnert sich an eine erste "harte" Nutzung in Trier unter seiner Obhut: Ein Konzert der Rock-Gruppe "Toto" im römischen Amphitheater. "Vorweg sprachen wir mit der Denkmalfachbehörde, was technisch geht und was nicht. Dann ließen wir einen guten professionellen Veranstalter ran - es funktionierte." Das Modell erwies sich als übertragbar. Man muss es ordentlich machen, dann geraten Denkmalpflege und Kulturnutzung auch nicht aneinander, meint Metz.

Es passt ihm gar nicht, dass die "Begegnung" auf seine Person abzielt. Er hatte seine ganze Mannschaft mitbringen wollen, darunter Büronachbarin Brigitte Schmutzler, die seit vielen Jahren als Wissenschaftlerin und Ausstellungsmacherin zu den Säulen der Festungsmannschaft zählt. Denn, so Metz: "Was wir hier machen, ist Gemeinschaftsarbeit; was wir erreichen, ist Resultat der Anstrengungen vieler Köpfe und Hände." Er sei ein Teamarbeiter, bestätigt einer der zahlreichen Mitarbeiter, die er beim Rundgang vorstellt. Dieser Weg führt durch Büros und Werkstätten, Mauern und Gräben, macht Station in der Archäologischen Dauerausstellung, endet an einer beängstigend tiefen Grabungsstätte. Dort haben Archäologen unter der heutigen Festung Generationen früherer Gemäuer freigelegt und jüngst bewiesen, dass es hier schon 1000 vor Christus eine Befestigungsanlage gab.

"Das alles sind wir, das ist die Geschichte der hiesigen Region und ihrer Menschen" - Metz meint die Exponate in den Museumsbereichen ebenso wie den Festungsbau selbst. Es ist ihm ernst, wenn er von Museumskultur und Denkmalschutz als Instrumenten kollektiven Gedächtnisses und geschicht-

licher Selbstvergewisserung spricht. Demnächst will er in besagtem Loch mit dem Fahrstuhl an 3000 Jahren Koblenzer Festungsgeschichte vorbeigleiten, will zwischen heute und vorrömischer Zeit gemütlich Kaffee trinken können. Da kommt hinter dem Kulturerbe-Enthusiasten der rührige Marketing-Mensch zum Vorschein. Was einen alten Disput erneut zum Ausbruch bringt:

Für Ausstellungen wie Lego, Haribo oder 2006 Nintendo ist das Landesmuseum als Einrichtung der staatlichen Kulturpflege nicht der rechte Ort, meinen Kritiker. Metz widerspricht, ein Technikmuseum wie dieses komme an Produkten und Firmen nicht vorbei. "Oder können Sie sich eine Thonet-Ausstellung ohne Thonet-Produkte und ohne Blick auf die Firma Thonet vorstellen?" Folglich: Wenn ein Technikmuseum Brücken zum Heute schlagen will, geht es ohne marktaktive Firmen nicht. Weiter: Weniger das Museum macht Werbung für eine Firma oder Marke, Firma und Marke werben für das Museum. Schließlich: Die riesige Publikumsresonanz auf Lego- und Haribo-Schau brachte Besucherzuwächse auch für die übrigen Ausstellungsbereiche.
Thomas Metz in voller Fahrt: "Die Verweildauer auf der Festung hat sich während dieser Ausstellungen signifikant erhöht. Das alles stärkt die Wahrnehmung der Festung als  Ausstellungs-Einrichtung, bringt Leute ins Museum, die sonst nie ins Museum gehen." Er sieht die Populärausstellungen auch als unterhaltsame Vehikel zur Kulturerziehung. Der Redlichkeit des Ansinnens gebührt Achtung, auch wenn man als Kulturkritiker in der Sache anderer Auffassung bleibt.

Neues Thema: Bundesgartenschau 2011. Festungsumgebung und -vorgelände sind einer der Kernbereiche; die Festung selbst aber gehört als Landeseinrichtung von Rechts wegen nicht dazu. So zumindest die derzeitige Lesart - weshalb es aus dem Buga-Topf wohl auch kein Geld für Festungaufgaben gibt. Oder? "Stimmt wohl, aber man kann die Buga ja nicht an den Festungsmauern abschneiden", meint Metz. Andererseits: So einfach ohne Entgelt die Bereiche ineinander übergehen lassen, das kann er sich auch nicht vorstellen. "Die Dinge sind im Fluss, wir werden eine vernünftige Lösung finden", sagt er. Da besteht noch allerhand Klärungsbedarf, höre ich. Metz hofft auf zusätzliche Landesförderung, um die ohnehin fällige historisch-gartenbauliche Erforschung und Präsentation der Festung in Angriff zu nehmen. Gedanken über eine Muster-Rekonstruktion des Festungs-Bewuchses quer durch die Geschichte gibt es: Vom Mauergras über den Kräutergarten bis zum Hühnerpferch - die Wehranlage war ja stets auch Lebensraum.

Zwei Welterbegebiete?

Buga - Lust oder Frust für die Festungsmannschaft? "Lust, eindeutig", unterstreicht spontan Brigitte Schmutzler. Metz hat sie kurz dazugebeten, weil am Ende der "Begegnung" eine knifflige Frage zur Debatte steht: Kann die Festung Ehrenbreitstein als Bestandteil zweier Welterbegebiete betrachtet werden? Nördliches Tor zum Unesco-Erbe Oberes Mittelrheintal ist sie bekanntlich. Metz hatte nun die Idee, man könne sie womöglich auch als Teil des neuen Limes-Welterbes ansehen. Immerhin gäbe es römische Funde im Festungsbereich und liege das Kastell Niederberg gleich nebenan.

Die Archäologen haben ob dieser Idee die Stirnen gerunzelt: Allenfalls hätten mal ein paar Limes-Soldaten auf dem Ehrenbreitstein trainiert. Auch Frau Schmutzler wirkt skeptisch. Offenbar herrscht da noch einiger Forschungsbedarf, bevor Thomas Metz - vielleicht - der Festung die renommeeträchtige Funktion eines Bindegliedes zwischen zwei Welterben zuschreiben kann. Die Begehrlichkeit danach steht ihm ins Gesicht geschrieben: Es wäre ja auch zu schön, könnte man 2006 zum 50. Geburtstag des Landesmuseums (genauer: von dessen Sammlung) verkünden, dass ...
 
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