Kritiken Theater
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2005-09-26: Theater
Das Missvergnügen über läppische Effekthascherei
Kleists "Käthchen von Heilbronn" und Shakespeares "Sturm"
 
ape. Wiesbaden. Was um alles in der Welt treiben die älteren Herren da am Wiesbadener Staatstheater? Intendant Manfred Beilharz (67) inszenierte zum Saisonstart des Schauspiels Kleists "Käthchen von Heilbronn", Andras Friscay (63) den "Sturm" von Shakespeare. Zwei Premierenabende hintereinander - beide zum Davonlaufen.
 
Dass Friscay den Shakespeare kräftig bürsten und mit Rock-Pop-Gel auftoupieren würde, war zu erwarten. Doch läppischer Effekthascherei wegen trieb er dem "Sturm" gleich vollends den Shakespeare-Geist aus. Den Prospero spielt eine Frau, die Töchterchen Miranda indes unverdrossen "Papa" ruft. Den wilden Caliban spielt eine Zwergenfrau, die Nymphen tanzen im MTV-Stil, die Nebenchargen ergehen sich in RTL-Stuss und die Notablen spielen Dschungelcamp.

Immerhin geistert Ariel noch federleicht durch die Lüfte. Irgendwie erinnert das ans eigentliche Stück, eine Komödie, der es auch im Original an Fantastik, Märchenhaftig- und Deftigkeit nicht mangelt. Aber darin sollte, wie immer bei Shakespeare, Hintergründigkeit lauern und Poesie wirken. Bei Friscay lauert gar nichts. Komik wird als rüde Kalauerei, Poesie als schmalzige Musical-Duselei missverstanden. Die hintersinnigste der Botschaften lautet: That"s Showbusiness.

Wir wissen, Shakespeares Theater war seinerzeit stets auch ein Unterhaltungs-Medium. Woraus sich jedoch nicht ableiten lässt, Shakespeare könne, dürfe, müsse auf Niveau und Ästhetik heutiger Unterhaltungsmedien gestutzt werden. Dem Publikum gefiel die Musical-Comedy-Fantasy-Show. Schauspiel war das indes keines mehr, Shakespeare gleich gar nicht.

Etwas näher am Theater ist Beilharz mit dem "Käthchen". Zwar konventionell, aber ernst die einführende Gerichtsszene. Sie skizziert das Problem, wonach ein Mädchen sich derart in einen Ritter vergafft hat, dass sie ihm nun auf Schritt und Tritt folgt. Die Liebe ist anfangs einseitig, wird nach allerhand politischen und mystischen Verwicklungen wechselseitig. Doch was das Käthchen vordem aus freiem Entschluss gab, brüsk weist es am Ende die besitzergreifende Gatten-Forderung des Grafen vom Strahl von sich.

Da hat die Regie den Schluss klug interpretiert. Und was Anna-Maria Kuricova und Sebastian Münster an Beziehungsproblematik zwischen Käthchen und Strahl ausspielen, ist sehenswert. Das war"s dann allerdings. Alles Übrige: pittoresk. Die Mannen klappern im blechernen Rüstzeug umeinander, rufen "holla" und "he da", schreiten im Wabernebel zur Schlacht und staunen über leibhaftige Erzengel.

Es brennt das Schloss - rote Papierflammen rascheln im Gebläse. Es stürzt der Bach zu Tale - blaues Tuch fältelt sich über die Bühne. Was soll uns das sagen? Museales Augenzwinkern über das "Ritterspiel", wie Kleist 1810 untertitelte? Mag sein, passt jedoch nicht zur Ernsthaftigkeit, mit der Kuricova und Münster die Kernfrage angehen. Schlimmer: Der pittoreske Tinnef stört, verbilligt deren Bemühen um Ernsthaftigkeit.

Vergessen wir diesen Doppelauftakt schnell als doppelten Ausrutscher. Zu arg wäre, würde sich das Theater fortan selbst nicht mehr ernst nehmen.
 
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