Kritiken Theater
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2005-09-12: Theater
Liebesglück in Bunkerlandschaft
Stadttheater Koblenz startet die Saison mit Purcells Semi-Oper "König Arthur" - Barockes Spektakel mit einigem Tiefsinn
 
ape. Koblenz. Das Stadttheater Koblenz eröffnete seine neue Spielzeit mit einer Rarität: Henry Purcells Semi-Oper "König Arthur" von 1691 in originalem Klang, besetzt mit Barockorchester. Dazu verstärkter Chor, Sängersolisten, Schauspiel-ensemble und Ballettcompagnie. Barocke Opulenz allenthalben, bis hin zu großzügiger Raumnutzung und überbordender Kostümerie. Ein großer Abend, ein vollsinnliches Spektakulum - hinter dessen glänzender Oberfläche indes Widerständigkeit und Gedankentiefe lauern.
 
In der Literatur würde man eine solche Geschichte heute dem Genre "Fantasy" zuordnen, stoffliche Verwandtschaft in den "Avalon"-Romanen von Marion Zimmer-Bradley finden. Der britannische King Arthur ficht mit Unterstützung des guten Magiers Merlin (Michael Burt) wider König Oswalds Sachsen nebst bösem Magier Gillamar (Werner Tritzschler). Kühner Recken Zwist motiviert allerlei Geister, Götter, Mythengestalten zu sonderbarem Mittun zwischen hohen Lüften, Zauberwäldern und Erdendreck.

Das in Koblenz dreistündige Abenteuer aus Sprechtheater, Oper und Tanz ist verwickelt - und auf den ersten Blick ein ziemlicher Schmarren. Was im Musiktheater ja weiter nicht auffällt. Doch lässt man sich erstmal auf die Kategorie "Märchen mit allegorischem Charakter" ein, macht der von Annegret Ritzel ganz im Ritzel-Stil inszenierte Abend sowohl als ästhetisches Erlebnis wie als intellektuelles Suchspiel nach ernsten Verweisen rechte Freude.

Siegfried E. Mayers Bühne ist per se ein solcher Verweis: Bunker- und Trümmerlandschaft moderner Zeit; dem Begriffsstutzigen helfen Video-Szenen aus Weltkriegszeiten. Krieg war bei Christen-Arthur versus Heiden-Oswald (Markus Angenvorth, Frank Büssing), Krieg ist bis heute - zur Schande des Menschengeschlechts. John Drydens Text, Purcells Musik und Ritzels Szenerie "feiern" ihn an der Oberfläche, konterkarieren ihn zugleich durch Übertreibungen oder raffinierte Subversivität.

Arthurs Mannen schwingen die Schwerter, in Oswalds Lager werden finstere Kriegsrituale zelebriert: Brustschwell-Deklamatorik hier, krude Thingstätten-Symbolik da - schön herausgeputzte Irre sind"s allesamt. Die feine Kolonialbagage nicht ausgenommen, die in Koblenz nach einem Zeitsprung im Schlussakt Ihrer Majestät Empire hochleben lässt.

Den Kämpfern erweicht das Liebessehnen hin zur blinden Emmeldine das geharnischte Herz. Eine wunderschön lebenskluge kleine Geschichte in der großen Geschichte ist die Sehendwerdung dieser in doppeltem Sinne Unschuldigen (sensibel gespielt von Madeleine Niesche). Sie wird der Welt-Wirklichkeit gewahr, ebenso mit der janusköpfigen Kehrseite der Liebe konfrontiert, dem Begehren. Die Inszenierung spielt auch sonst - die Intentionen des Werkes unterstreichend - reichlich mit Reizen und Abgründen der Libido, ohne jedoch den Skandal zu suchen.

Ein sattes Vergnügen für Auge und Hirn, bietet dieser "König Arthur" auch fürs Ohr Gutes wie Interessantes in Menge. Zauberhaft der klare, mädchenhafte Barocksopran von Maria Skiba in mehreren Rollen. Dazu schön passend der unverschnörkelte, knödelfreie Tenor von Christian Sturm. Von frivoler Keckheit Jacquelin Krohnes Cupido-Partie, von gurrender Verführungswärme Monica Mascus" Venus. Präzise, voll tönend, impulsstark, reich an differenzierten Farben und Anmutungen, was Jörn Hinnerk Andresen mit dem Chor und vor allem der auf alte Musik kaprizierten Barockbesetzung der Cappella Confluentes erarbeitet hat. Stürmischer Premierenbeifall. Verdient.
 
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