Thema Kultur
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2005-08-01:
Suche nach dem kleinen "Rheingold"
Rheinische Philharmonie realisiert die von Karsten Huschke wiederentdeckte "Coburger Fassung"  der Wagner-Oper
 
ape. Grabendienst. Das Wort klingt etwas rustikal, meint jedoch, auf die Orchesterarbeit bezogen, eine anspruchsvolle, eine hohe Kunst: Im Dienste eines Gesamtwerkes die Balance zu halten zwischen musikalischer Komposition und szenischem Bühnengeschehen. Und das zumeist unter erschwerten Bedingungen für die Musiker – nämlich im beengten Orchestergraben des Theaters. Dort verbringt das SRP seit vielen Jahren eine Menge Zeit, denn es ist zwar ein Sinfonieorchester des Landes, zugleich aber auch als permanentes Opernorchesters für das Stadttheater Koblenz engagiert. So stellt das SRP und seine Vielseitigkeit eine zentrale, mehr noch: eine unverzichtbare Säule für das Musiktheater in der Rhein-Mosel-Stadt dar.
 
In der laufenden Saison 05/06 formt das SRP die klingende Basis für nicht weniger als sieben Musiktheaterproduktionen, darunter Mozarts „Entführung aus dem Serail“, Verdis „La Traviata“, „Die Fledermaus“ von Strauß und zwei Ballette. Unter den sieben auch „Das Rheingold“, inszeniert von Hans Hollmann, das SRP dirigiert von Anton Marik. Von wem aber stammt die Musik? Dumme Frage. Den Vorabend zum Bühnenfestspiel „Der Ring des Nibelungen“ hat natürlich Richard Wagner komponiert und die Uraufführung war 1869 in München. Stimmt, selbstredend, Und stimmt dennoch ein ganz kleines bisschen auch nicht. Denn die Rheinische Philharmonie spielt in Koblenz die so genannte Coburger Fassung der „Rheingold“-Musik – die damit weltweit erstmals seit 1964 wieder erklingt; eine kleine Sensation. Mit dieser Coburger Fassung hat es eine besondere Bewandtnis: Sie wurde von einem Unbekannten, vermutlich einem Kapellmeister des Coburger Theaters, noch zu Lebzeiten Wagners bearbeitet, sprich: für einen gegenüber dem Original deutlich schlankeren Orchesterapparat im Bereich Blech, Holz und Harfe umarrangiert.

Dieser Verschlankung verdankt das Coburger „Rheingold“ die aktuelle Bühnenpräsenz in Koblenz. Der Weg bis auf die Notenständer des SRP war allerdings ein Abenteuer ganz eigener Art. Erlebt hat es der 35-jährige Karsten Huschke, erster Kapellmeister des hiesigen Theaters und seit Jahren häufig auch Gastdirigent bei den Konzerten des SRP. Wie kommt der nun an eine „Rheingold“-Fassung, die rund 40 Jahre in der Versenkung und aus dem Bewusstsein der Musikwelt nahezu verschwunden war? Huschke erzählt von den Erfordernissen des Theaterspielplans, die ihn auf die Fährte setzten. Eine chorlose Oper wurde gesucht. Erst habe man an eine Operette gedacht, dann kam die Rede aufs „Rheingold“: Kein Chor, gerade zweieinhalb Stunden lang und zugleich eine richtige Hausnummer. Als schier unüberwindliches Problem aber zeichnete sich sogleich ab, dass die Wagnersche Originalbesetzung mehr Musiker erfordert, als die Rheinische aufbringen kann. Und selbst wenn, ein solcher Klangapparat würde die Platzverhältnisse im hiesigen Theater völlig sprengen.

In Huschkes Hinterkopf rumorte eine vage Erinnerung, die sich beim Stöbern im Lexikon verfestigte: Es gibt eine „Rheingold“-Fassung mit deutlich bescheidenerer Besetzung, angeblich von Wagner selbst für die kleine Kulisse des Theaters Coburg geschrieben. Wer hat das Ding, wo sind die Noten? Auf Wagners Spuren landet man stets beim Musikverlag Schott in Mainz. „Ja, haben wir“, erfährt Huschke dort. Bei näherer Prüfung ergibt sich allerdings, man redet von verschiedenen Fassungen. Was Schott hat, ist nicht das, was Huschke sucht. „Es muss noch eine andere Version geben!“ Die Verlagsleute in Mainz sind ratlos. Also auf nach Coburg! Der dortige Bibliothekar eröffnet dem Nachforscher aus Koblenz frohe Kunde: „Wir haben den ganzen Ring für kleines Orchester.“ Die erste Eintragung im Coburger Archivbuch stammt von 1896.

Huschke strahlt, als er die Noten sieht. Statt in Auflösung befindliche Handschriften liegen alte, aber saubere Drucke vor ihm, die man so, wie sie sind, dem Orchester auf die Pulte stellen könnte. Anbei findet sich eine betagte Doktorarbeit aus der hervorgeht, dass diese Fassung zwar nicht von Richard Wagner selbst eingerichtet, aber im Vorhinein von ihm autorisiert  worden ist. Sei´s wie es sei, Huschke hatte sein „Rheingold“ gefunden, und man konnte mit  den von Coburg überlassenen Stimmkopien beim SRP in Koblenz an die Arbeit gehen. So einfach? Nicht ganz natürlich. Denn bis dahin waren Rechtsfragen zu klären. Die Coburger Drucke wiesen als Verlag eindeutig Schott aus. In Mainz war man darob nicht wenig erstaunt: Eine in den Verlagsbüchern nicht verzeichnete „Ring“-Fassung, ja da hol uns doch … 

Man wolle der Sache nachgehen, hieß es. Dann nur noch Schweigen. Huschke, allmählich nervös werdend, erkundigt sich in Mainz, wie es nun weiter gehe: „Dürfen wir, oder dürfen wir nicht?“ Schott entscheidet kulant, Koblenz möge sich mit Coburg einig werden über eventuelle Kosten. Später findet der Verlag doch noch einen Vertrag mit Coburg aus dem Jahr 1904. Was zur Folge hat, dass Koblenz wieder mit Schott im Geschäft ist. Die Mainzer bleiben kulant, die Coburger Fassung des „Rheingold“ darf gegen bescheidene Börse im Theater Koblenz,. musiziert von der Rheinischen Philharmonie, Wiederauferstehung feiern.
 
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