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2005-06-23: Ballett

Ballettkunst junger Choreografen Sieben Koblenzer Tänzer schneidern Kollegen Tanznummern auf den Leib - Ergebnisse am Samstag im Stadttheater zu sehen

ape. Koblenz. Es ist eine bewährte Praxis beim Ballett, dass auch Tänzer sich gelegentlich im Choreografie-Fach versuchen. Was dem einen nur kreatives Spiel ist, kann dem anderen erste Übung für eine Zukunft nach der kurzen aktiven Tanzzeit sein. Sieben Tänzer der Kob-lenzer Compagnie haben jetzt acht kleine Ballettstücke erarbeitet, die an diesem Samstag auf der großen Bühne des Stadttheaters unter dem Titel "Junge Choreografen" dem Publikum vorgestellt werden.

Noch Trainingskluft oder schon Kostüm? Drei Girls und zwei Boys beleben zum Beginn der Generalprobe von "Junge Choreografen" die Bühne in Turnhose und T-Shirt. Das soll so sein. Denn was Michelle Branson ihren Kollegen zugedacht hat, ist ein sechsminütiges "Kommen und Gehen" - lässig, beiläufig, alltäglich und doch aufgeladen, wie jugendliche Begegnungen eben zu sein pflegen. Man rennt, springt, schlendert, spielt kokett mit den Reizen von Haltungen und Bewegungen, von winzigen Anmachen oder Eifersüchteleien. Geht"s so etwa beim Ballett-Training zu? Eine federleichte Tanznummer, die im Profanen die Fülle des Lebens sichtbar macht. Eben noch Choreografin, muss Branson nachher auch aufs Parkett: Melanie Bürkle hat ihr ein kniffliges Solo im freien Stil auf den Leib geschrieben. "Gefühlschaos" heißt es und wirbelt die Tänzerin hin und her zwischen den Polen Zweifel und Gelöstheit. Ein ähnlicher Kontrast, allerdings übertragen auf ein Beziehungsgeflecht zwischen zwei Paaren, findet sich in einer weiteren Arbeit Bürkles wieder: "Looking for you" entfaltet sich vor einem Flügel, auf dem Debussy gespielt wird, als neoklassisch konzentriertes, jedoch überraschend unmanieriertes Kammerballett. Dies ist die längste und auch reifste Choreografie, die Yumiko Hasegawa, Etsuko Onishi, Michael Jeske und Nat Yelton zu erstaunlicher Tiefe führt. Gleiches Niveau aller Entwürfe kann nicht erwartet werden. Aron Lengyel hat für sich und Hasegawa einen Pas de deux kreiert, der beide als starke Tänzer zeigt, aber doch sehr absichtsvoll auf romantisch macht. Jeske zeigt bei den Kollegen bemerkenswerte Tanzleistungen, seiner eigenen Choreografie mit dem Titel "!Love You = V!RUS?" wünschte man etwas mehr Verdichtung des Tanzgeschehens. Ähnliches gilt für Bertil Nestors Stück "Miserlou", das verfremdend mit dem untergründig-sinnlichen Gestus des Tango arbeitet. Bei Jeske macht die Ausdrucksästhetik von Yolanda Bretones Borra die Choreografie dann doch noch zum Hingucker. Bei Nestor schafft dies die fordernde, treibende, selbstbewusste Raffinesse von Irina Golovatskaia. Eine bezaubernde Arbeit ist Vitali Avdeevs "Rachmaninow" zum 2. Satz des 2. Klavierkonzerts des Russen. Avdeev selbst betätigt sich dabei als formidabel tragendes, hebendes Scharnier für Golovatskaia und Charisse Kim Sing, die in fließenden Weißkleidern demonstrieren, welche Hingabe und Tiefe mit Spitzentanz verbunden sein kann. Der Abend schließt mit einer eher düsteren Choreografie, die Charisse Kim Sing zu Musik von Philipp Glass, Pink Floyd und U2 vor allem für Yolanda Bretones Borra als ausdruckstänzerische Tragödie entworfen hat. "Junge Choreografen" ist in ihrer Vielgestaltigkeit nicht nur als Talentprobe eine überaus sehenswerte Produktion. Die Choreografien erreichen teils bemerkenswertes Niveau. Wo es Schwächen gibt, schaffen tänzerische Stärken Ausgleich. Für regelmäßige Beobachter der Koblenzer Compagnie ein zusätzlicher Reiz: Kollegen haben Kollegen vielfach anders eingesetzt, als das normalerweise der Fall ist. Mit dem Ergebnis, das auch tänzerisch manch ungeahnte Fähigkeit ans Licht kommt.

 

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