Kritiken Theater
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2005-05-30: Theater
Drei Mädels in der großen Stadt
Passable Unterhaltung ohne das gewisse Etwas
 
ape. Koblenz. Zur letzten Schauspielpremiere vor der Sommerpause bot das Stadttheater Koblenz 30 Akteure in einem opulenten und eifrig bewegten Bühnenbild auf. Die Anstrengung galt dem Stück "Hannah und ihre Schwestern" nach einem Film des New Yorker Stadtneurotikers Woody Allen.
 
Draußen ein strahlender, schon hitzig auftrumpfender Frühsommerabend. Drinnen im Koblenzer Stadttheater brütende Schwüle. Schweiß im Nacken; dennoch recht passabel unterhalten bei Spleens und Neurosen der New Yorker Spielart amerikanischer Upper Middleclass. Gegeben wurde "Hannah und ihre Schwestern" von Woody Allen, dem notorisch stadtneurotischen Dramatiker, Witzereißer, Schauspieler, Filmemacher und talentierten Klarinettenspieler.

Woraus sich für Regisseur Gregory Fuller die Anforderung ergab, ein von Nervosität, melancholischer Komik und satirischer Tragik durchwirktes Gesellschaftsspiel auf die Beine zu stellen. Das hätte hart an der Grenze zum Boulevard zu agieren, ohne diese je zu überschreiten. Zeigte die Premiere am Wochenende eine derartige Inszenierung? Ja. Aber ...

Auf der Bühne eine Masse Leute, gut 30. New York City ohne Gedränge geht nicht. Und Bewegung gehört dazu, Hektik auch. Weshalb der technische Notdienst kurz vor der Premiere die streikende Drehbühne handgreiflich zur Arbeitsaufnahme trieb.

Sie dreht sich wieder - diesmal unermüdlich durchs urbane Dicht-an-dicht von Salons, Schlafzimmern, Studios, Bars ... Dazu stiftet der Schnürboden in munterem Wechsel Transparente von Wolkenkratzern, Manhattan-Schluchten, pittoresken Straßenecken. Bisweilen gibt"s in Siegried E. Mayers Bühnenbild auch einfach ein Stück leicht bewölkten Blauhimmel. Der kontrastiert prima zum lockfarbenen Feuerrot, mit dem die von Annegret Ritzel entworfenen Kostüme die drei ansehnlichen Titelheldinnen aus einem schieren Heer hübscher New Yorkerinnen heraushebt. Die Männer kommen allesamt schlechter weg: Ihnen bleibt äußerlich wie in Hirn nebst Herz kaum etwas, das sie nicht zum großmäuligen Weichei oder weinerlichen Hypochonder, zum Deppen eben, stempelt.

Im Zentrum des Geschehens also drei Schwestern, mindestens so unterschiedlich und Aufbruchs-sehnsüchtig wie die klassischen von Tschechow. Drumherum ein Geflecht aus Gatten, Freunden, Geliebten der Marke Ex, Adhoc oder in Spe. Elliot (Werner Trizschler) betrügt Gattin Hannah (Ariane Payer) mit ihrer jüngsten Schwester Lee (Madeleine Niesche) - beide jammern sich vor Gewissensbissen bald um die Lust. Holly, die mittlere Schwester, ist am Ende mit Hannas Ex-Mann Mickey verheiratet. Damit das klappt, muss er (Markus Angenvorth) erst tausend eingebildete Todeskrankheiten verdauen und das Leben lieben lernen. Muss sie (Judith Richter) die Koksnase sauber kriegen und ein Drehbuch schreiben.

Dieses Drehbuch handelt wovon? Von den tausenderlei Geschichten über Liebeslust oder Lebens- und Karrierefrust, die wir auf der Bühne gerade zu sehen bekommen - erfährt man kurz vor Ende. Was macht man mit Drehbüchern? Wegschmeißen oder verfilmen. Überraschung! Koblenz entschied sich für Letzteres - mithin stellt die Theaterszenerie ein Film-Set dar. Womit aufgeklärt wäre, dass das den ganzen Abend durch die Kulissen geisternde Kamerateam keine verirrte Truppe des Lokal-TV war, sondern ein besonderer Clou des Regiekonzepts.

Kritikers Resümée, frei gesprochen: Das macht alles irgendwie Sinn, ist im Groben auch irgendwie Woody-Allen-typisch. Das Ensemble agiert ordentlich, und langweilig wird dem Zuseher auch nicht. Aber zum Knüller fehlt "Hannah und ihren Schwestern" im Stadttheater Koblenz manche Portion Leichtigkeit, Esprit, organische Raffinesse des Spiels. Kräftigen Beifall vom Publikum gab"s dennoch.
 
was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken