Kritiken Theater
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2005-01-25: Schauspiel
"Stiller" wird bloß rezitiert
Schauspiel Frankfurt tut sich ziemlich schwer
 
ape. Frankfurt.  Mit der jüngsten Premiere am Schauspiel Frankfurt setzt sich ein Trend fort, der für die hiesige Region 2002 am Theater Bonn begonnen hatte: die Adaption großer Romane für die Bühne. In Bonn wurde seinerzeit Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" zum viereinhalbstündigen Spielabend, in Frankfurt kochte jetzt Regisseur Burkhard C. Kosminksi die 480 Seiten von Max Frischs "Stiller" (1954) auf ein zweistündiges Konversationsstück ein. Die Jahre dazwischen brachten Musils "Verwirrungen des Zöglings Törless" in Wiesbaden und Thomas Manns "Zauberberg" in Mainz.
 
Im Vergleich schneidet Frankfurt schlecht ab. Denn in der dortigen Inszenierung wird "Stiller" nicht wirklich Szene, er bleibt Text - bloß in wechselnder Stellung, Haltung und Betonung von fünf Mimen rezitiert. Das zwar gekonnt, doch sich nie zu jener Dimension verdichtend, die das Theater ureigentlich vom Buch unterscheidet. Ob ich mit geschlossenen Augen den Gedanken von Max Frisch lausche oder ob ich dabei dem spärlichen Geschehen zuschaue, bleibt sich gleich.

"Ich bin nicht Stiller" schreit Titeldarsteller Andreas Grothgar anfangs von der Seite ins Publikum - um hernach auf der Bühne das Ringen um eine neue Identität gegen umgekehrte Bemühungen von Staatsanwalt, Verteidiger und Ehefrau zu behaupten. Mehr als eine Behauptung wird aus dem "Spiel" um den existenzphilosophischen Text nicht. Und lebendiger machen es die Ebenenwechsel zwischen Verhörszenen, Rückblenden und Fantasien auch nicht - das Geschehen zieht sich doch nur von einem Hörbuch-Kapitel zum nächsten.

Florian Etti hat einer dreieckig ins Parkett stechenden Vorderbühne eine protzige Großkonstruktion in den Rücken gestellt, die labyrinthisch verschränkte Räume von suburbaner Tristesse öffnet. Dort versuchen im Verbund mit Stiller Leslie Malton als dessen allweil kränkelnde Gattin Julika und Andrea Bürgin als seine Geliebte Sibylle zum Tragen zu bringen, was von Frischs Roman hier noch geblieben ist: wortreicher Disput über Komponenten unglücklichen Ehe- und Liebeslebens. Felix von Manteuffel führt als gelassener Quasi-Erzähler durch den Abend. Sven Prietz" sprühende Darstellung des jungen Verteidigers läuft in solch kopflastigem Umfeld zwangsläufig ins Leere.
Ergaben die Roman-A-daptionen in Bonn, Wiesbaden und Mainz recht interessante Stücke und zugleich ungeahnte Rezeptionsrückkopplungen auf die Vorlagen, so gilt nach Ansehen des Frankfurter "Stiller": Wir bleiben lieber ganz beim Roman.
 
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